Die Durchschnittsmiete im Rahmen der doppelten Haushaltsführung

Der im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten zu berücksichtigende sog. Durchschnittsmietzins einer 60 qm-Wohnung am Beschäftigungsort kann nach dem im fraglichen Zeitraum gültigen Mietspiegel bemessen werden.

Die Durchschnittsmiete im Rahmen der doppelten Haushaltsführung

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer -wie im Streitfall- außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt.

Als Unterkunftskosten am Beschäftigungsort sind grundsätzlich die tatsächlich angefallenen Aufwendungen als Erwerbsaufwand anzusetzen. Dies gilt auch im Fall des Wohnens in einer eigenen Wohnung. Zu den Kosten der Unterkunft zählen u.a. der Mietzins -im Fall der eigenen Wohnzwecken dienenden eigenen Wohnung Absetzung für Abnutzung und Finanzierungskosten- sowie die mit dem Vorhalten und der Nutzung der Unterkunft einhergehenden Aufwendungen für Heizung, Strom, Reinigung und damit sämtliche kalten und warmen Betriebskosten.

Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft sind jedoch nur insoweit als Werbungskosten zu berücksichtigen, als sie nicht überhöht sind. Denn § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG begrenzt den Abzug von Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, auf das Notwendige und damit auf das nach objektiven Maßstäben zur Zweckverfolgung Erforderliche.

Der Bundesfinanzhof hält in ständiger Rechtsprechung Unterkunftskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung für notwendig, soweit sie sich für eine Wohnung mit einer Wohnfläche bis zu 60 qm bei einem ortsüblichen Mietzins für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung (Durchschnittsmietzins) ergeben. Diese Rechtsprechung zur Rechtslage bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2013[1] gilt für angemietete wie für im Eigentum des Steuerpflichtigen stehende Wohnungen gleichermaßen[2].

Der (fiktive) Durchschnittsmietzins bezieht sich -wie die örtliche Vergleichsmiete gemäß § 558 des Bürgerlichen Gesetzbuchs -BGB-[3]– auf die Grundmiete i.S. des § 535 BGB, d.h. die Netto-Kaltmiete ohne jegliche Betriebs- und Nebenkosten[4] und damit auf den Teil der Miete, durch den allein die Raumnutzung entgolten wird. Dies ist zum einen dem Umstand geschuldet, dass sich beim Abschluss von Mietverträgen die Vereinbarung von Nettokaltmieten durchgesetzt hat[5]. Zum anderen lässt sich nach Auffassung des Bundesfinanzhofs anhand der Kaltmiete ein von individuellen Besonderheiten unabhängiges und damit belastbares Vergleichsmaß gewinnen. Dementsprechend soll und wird auch fast ausschließlich in Mietspiegeln (§§ 558c, 558d BGB) eine Nettokaltmiete (Grundmiete) ausgewiesen[6].

Der ortsübliche Durchschnittsmietzins ist -sofern vorhanden- nach dem im fraglichen Zeitraum gültigen Mietspiegel gemäß § 558c, 558d BGB für das gesamte Gebiet der Stadt oder der Gemeinde (Beschäftigungsort), in der sich die betreffende Wohnung befindet, zu bemessen[7]. Die in einem Mietspiegel bezeichneten Entgelte geben die ortsübliche Vergleichsmiete wieder und können deshalb der Tatsacheninstanz als Ermittlungshilfe dienen. Denn der Mietspiegel wird vom umfassenden Sachverstand der an der Mietspiegelerstellung beteiligten Experten[8] getragen. Ihm liegt regelmäßig eine umfassende Datenmenge zugrunde, die den Verhältnissen auf dem Wohnungsmarkt am Beschäftigungsort hinreichend Rechnung trägt. Dem steht der Umstand, dass bei der Erstellung eines Mietspiegels (nur) Wohnungen berücksichtigt werden, bei denen die Mieten in den letzten vier Jahren neu vereinbart (Neuvertragsmieten) oder, von Veränderungen der Betriebskosten nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden sind (geänderte Bestandsmieten), nicht entgegen. Denn der Durchschnittsmietzins beschränkt den Werbungskostenabzug im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG auf den notwendigen Mehraufwand und sucht nicht die im Veranlagungszeitraum durchschnittliche Marktmiete aus Neuverträgen[9] abzubilden. Darin ggf. begründete Ungenauigkeiten sind dem steuerlichen Massenverfahren geschuldet und aus Vereinfachungsgründen gerechtfertigt. Denn der örtliche Mietspiegel gehört zu den Informationsquellen, die eine leichte und schnelle Ermittlung der ortsüblichen Miete ermöglichen[10]. Ein Sachverständigengutachten über die Höhe des Durchschnittsmietzinses kann in einem solchen Fall lediglich dann erforderlich sein, wenn und soweit einer der Beteiligten die Aussagekraft eines amtlichen Mietspiegels zu erschüttern vermag.

Im hier entschiedenen Streitfall war für den Bundesfinanzhof die Ermittlung des ortsüblichen Durchschnittsmietzinses durch das Finanzgericht Berlin-Brandenburg[11] revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Finanzgericht hat sich an dem für die Streitjahre maßgeblichen Mietspiegel von – X orientiert, der einen repräsentativen Querschnitt der üblichen Entgelte abbildet. Hinsichtlich der Nebenkosten hat das Finanzgericht ausgeführt, dass die Arbeitnehmer keine höheren Aufwendungen nachgewiesen haben. Da es sich insoweit um steuermindernde Tatsachen handelt, für die die Arbeitnehmer die objektive Beweislast tragen[12], hat das Finanzgericht zu Recht lediglich die bereits vom Finanzamt angesetzten Beträge berücksichtigt.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12. Juli 2017 – VI R 42/15

  1. z.B. BFH, Urteile vom 08.10.2014 – VI R 16/14, BFHE 247, 406, BStBl II 2015, 511; vom 14.11.2013 – VI R 10/13, BFH/NV 2014, 507; vom 28.03.2012 – VI R 25/11, BFHE 237, 429, BStBl II 2012, 831; vom 05.03.2009 – VI R 23/07, BFHE 224, 420, BStBl II 2009, 1016, und – VI R 58/06, BFHE 224, 413, BStBl II 2009, 2012, sowie vom 09.08.2007 – VI R 10/06, BFHE 218, 380, BStBl II 2007, 820[]
  2. BFH, Urteil vom 16.03.2010 – VIII R 48/07, BFH/NV 2010, 1433, und in BFHE 218, 380, BStBl II 2007, 820[]
  3. MünchKommBGB/Artz, 7. Aufl., § 558 Rz 9[]
  4. vgl. Palandt/Weidenkaff, Bürgerliches Gesetzbuch, 76. Aufl., § 535 Rz 70 ff.[]
  5. Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 12. Aufl., Nach §§ 558c, 558d BGB Rz 40[]
  6. Schmidt-Futterer/Börstinghaus, a.a.O., Nach § 558c, 558d BGB Rz 40; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, a.a.O., § 558a BGB Rz 55; MünchKommBGB/Artz, a.a.O., § 558 Rz 9[]
  7. Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 9 Rz 493; FG Köln, Urteil vom 06.11.2014 13 K 1665/12, Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 544[]
  8. z.B. Vertreter der Gemeinde, Interessenvertreter der Mieter und Vermieter sowie Vertreter der unternehmerischen Wohnungswirtschaft, Maklerorganisationen und Mietrichter, vgl. Schmidt/Futterer/Börstinghaus, a.a.O., Nach §§ 558c, 558d BGB Rz 20 f.[]
  9. vgl. Schmidt-Futterer/Börstinghaus, a.a.O., § 558 BGB Rz 42[]
  10. vgl. BFH, Urteil vom 17.08.2005 – IX R 10/05, BFHE 211, 151, BStBl II 2006, 71, zur Annahme eines geldwerten Vorteils durch verbilligte Wohnraumüberlassung[]
  11. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.09.2014 – 5 K 5362/12[]
  12. vgl. z.B. BFH, Urteil vom 18.08.2016 – VI R 52/15, BFH/NV 2017, 151[]