Objektverbrauch bei der Steuerbegünstigung für selbstbewohnte Baudenkmäler

Die in § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG enthaltene Beschränkung der Inanspruchnahme von Abzugsbeträgen nur „bei einem Objekt“ bedeutet, dass der Steuerpflichtige von der Steuervergünstigung auf seine Lebenszeit bezogen nur für ein selbstbewohntes Baudenkmal Gebrauch machen kann. Insoweit tritt durch die Inanspruchnahme einer Steuervergünstigung nach § 10f Abs. 1 EStG ein Objektverbrauch ein. Die Vorschrift verhindert die Inanspruchnahme der Vergünstigung für mehr als ein Objekt nicht nur in demselben Veranlagungszeitraum nebeneinander, sondern auch in mehreren Veranlagungszeiträumen nacheinander.

Objektverbrauch bei der Steuerbegünstigung für selbstbewohnte Baudenkmäler

Nach § 10f Abs. 1 Satz 1 EStG kann der Steuerpflichtige Aufwendungen an einem eigenen Gebäude im Kalenderjahr des Abschlusses der Baumaßnahme und in den neun folgenden Kalenderjahren jeweils bis zu 9 Prozent wie Sonderausgaben abziehen, wenn die Voraussetzungen des § 7h EStG oder des § 7i EStG vorliegen. Dies gilt nur, soweit er das Gebäude in dem jeweiligen Kalenderjahr zu eigenen Wohnzwecken nutzt und die Aufwendungen nicht in die Bemessungsgrundlage nach § 10e EStG oder dem Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) einbezogen hat (Satz 2).

Gemäß § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG kann der Steuerpflichtige die Abzugsbeträge nur bei einem Gebäude in Anspruch nehmen. Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, können die Abzugsbeträge nach den Abs. 1 und 2 bei insgesamt zwei Gebäuden abziehen (Satz 2). Sind mehrere Steuerpflichtige Eigentümer eines Gebäudes, so ist Abs. 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Anteil des Steuerpflichtigen an einem solchen Gebäude dem Gebäude gleichsteht (§ 10f Abs. 4 Satz 1 EStG).

Maßgebend für die Interpretation eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers. Der Feststellung des Inhalts der Norm dienen die Auslegung anhand des Wortlauts der Norm (grammatikalische Auslegung), anhand des Zwecks (teleologische Auslegung), aus dem Zusammenhang (systematische Auslegung) sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung). Dieser verschiedenen Auslegungsmethoden darf sich das Gericht gleichzeitig und nebeneinander bedienen[1].

Der Bundesfinanzhof versteht die Regelungen in § 10f EStG -unter Berücksichtigung der oben genannten Grundsätze- dahingehend, dass der Steuerpflichtige von der Steuervergünstigung im Verlauf seines Lebens nur für ein einziges Gebäude beziehungsweise einen gleichstehenden Miteigentumsanteil Gebrauch machen kann.

ies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, nach dem der Steuerpflichtige die Abzugsbeträge nur bei „einem“ Gebäude in Anspruch nehmen kann (vgl. § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG).

Dabei handelt es sich nicht um einen unbestimmten Artikel, sondern um ein Zahlwort[2]. Dies folgt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs eindeutig aus einem Vergleich mit der entsprechenden Regelung für Ehegatten im Folgesatz (vgl. § 10f Abs. 3 Satz 2 EStG), die -bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG- Abzugsbeträge bei insgesamt „zwei“ Gebäuden abziehen können. Dem Wort „einem“ wird mithin das Zahlwort „zwei“ entgegengesetzt. Dieser Befund wird zudem dadurch bestätigt, dass sich die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung des § 10f Abs. 3 EStG an diejenige des § 7b Abs. 6 EStG a.F. anlehnt, für die anerkannt ist, dass sie einen Objektverbrauch regelte[3].

Dafür, dass die in § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG enthaltene Beschränkung der Förderung auf ein einziges Objekt lediglich -wie der Eigentümer meint- die Inanspruchnahme der Vergünstigung für mehr als ein Objekt in demselben Veranlagungszeitraum nebeneinander[4] und nicht auch in mehreren Veranlagungszeiträumen nacheinander (und damit für die Lebenszeit des Steuerpflichtigen) unterbinden will, finden sich in der Vorschrift keine Anhaltspunkte.

Vor diesem Hintergrund ist von einer umfassenden Beschränkung des Abzugs auf nur ein Objekt auszugehen, so dass es nicht möglich ist, in einem späteren Veranlagungszeitraum Beträge für ein anderes Gebäude abzuziehen[5]. Insoweit tritt durch die Inanspruchnahme einer Steuervergünstigung nach § 10f Abs. 1 EStG ein Objektverbrauch ein.

Soweit dagegen angeführt wird, eine derart weitgehende Beschränkung bedürfe einer entsprechend klaren gesetzlichen Regelung, wie diese beispielsweise in § 16 Abs. 4 Satz 2 EStG („nur einmal“) oder in § 34 Abs. 3 Satz 4 EStG („nur einmal im Leben“) zu finden sei, ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber frei ist, gesetzliche Regelungen auch bei vergleichbarer Zielsetzung unterschiedlich zu formulieren.

Das hier gewonnene Verständnis einer Förderbeschränkung auf ein einziges Gebäude kann sich aufgrund einer „einfachen“ Auslegung des Gesetzes ergeben, wenn dieser Norminhalt aus einer Betrachtung nach den anerkannten Auslegungsmethoden -hier bereits aufgrund der Wortlautbetrachtung- hervorgeht. Die Annahme, es fehle an der erforderlichen Normierung in § 10f Abs. 3 EStG selbst, beruht auf einer Fehlvorstellung über die oben beschriebene Freiheit des Gesetzgebers bei der Formulierung gesetzlicher Regelungen.

Eine systematische Auslegung des § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG bestätigt die Wortlautinterpretation.

Verstünde man das „einem“ in § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG als unbestimmten Artikel, käme der Bestimmung gegenüber der Regelung in § 10f Abs. 1 Satz 1 EStG keinerlei Bedeutung zu. Sie würde nichts regeln und wäre damit redundant.

Des Weiteren weist das Finanzgericht Berlin-Brandenburg[6] zu Recht darauf hin, dass § 10f EStG eine steuerliche Abzugsmöglichkeit für privat veranlasste Aufwendungen enthält, die ohne diese Regelung steuerlich außer Acht zu lassen wären. Demgegenüber beinhalteten die in §§ 7h und 7i EStG geregelten Begünstigungen eine steuerlich günstigere Verteilung des ohnehin als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähigen Aufwands.

Dieser Vergleich mit den in § 10f Abs. 1 Satz 1 EStG in Bezug genommenen Voraussetzungen des § 7h oder des § 7i EStG macht deutlich, dass keine Veranlassung besteht, die Steuervergünstigung des § 10f Abs. 1 EStG als möglichst weitgehend zu begreifen, da der begünstigte Aufwand nicht bereits aus allgemeinen systematischen Erwägungen steuerlich beachtlich, vielmehr im Ausgangspunkt -weil privat veranlasst- unbeachtlich ist.

Vor diesem Hintergrund stimmt der Bundesfinanzhof der Auffassung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg [6] zu, dass die Regelung des § 10f EStG eine steuerliche Abzugsmöglichkeit „dem Grunde nach“ beinhaltet und § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG den Umfang der Förderung auf „ein“ einziges (nicht austauschbares) Objekt beschränkt.

Für die Förderbeschränkung auf ein einziges Objekt spricht auch der systematische Vergleich mit § 10e EStG.

In § 10f Abs. 4 Satz 3 EStG hat der Gesetzgeber bei den Regelungen in Bezug auf einen Miteigentumsanteil des Steuerpflichtigen, der insoweit einem Gebäude gleichsteht, die Vorschriften in § 10e Abs. 5 Satz 2 und 3 EStG für sinngemäß anwendbar erklärt. Letztere enthalten unter anderem eigens die den -im Rahmen des § 10e EStG unstreitig geltenden- Objektverbrauch durchbrechende Regelungen für Ehegatten, die Miteigentümer eines Objekts sind und die Voraussetzungen des § 26 EStG erfüllen. Die Anordnung der sinngemäßen Anwendung dieser Normen in § 10f Abs. 4 EStG ergäbe jedoch keinen Sinn, wenn sich aus § 10f Abs. 3 EStG gar kein Objektverbrauch ableiten ließe[7].

Die vom Bundesfinanzhof vertretene Auffassung wird zudem durch die historische Auslegung gestützt.

Die Regelung des § 10f EStG wurde durch das Wohnungsbauförderungsgesetz vom 22.12.1989[8] eingeführt.

Mit § 10f Abs. 1 EStG sollte die bisherige (begrenzte) Abzugsmöglichkeit für Aufwendungen an eigengenutzten Baudenkmalen und Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen nach § 52 Abs. 21 Satz 6 i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. x EStG und § 82g der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) sowie § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. y EStG und § 82i EStDV an die neu eingefügten §§ 7h und 7i EStG angepasst und als Dauerregelung ausgestaltet werden[9].

Durch § 10f Abs. 3 EStG wurde die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung auf ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Objekt „beschränkt“[9]. Zudem enthält die Gesetzesbegründung den Hinweis, die Beschränkung auf ein Objekt lehne sich „an die Regelung des § 10e EStG an“[9]. In § 10e Abs. 4 Satz 1 EStG war bestimmt, dass der Steuerpflichtige die Abzugsbeträge „nur für eine Wohnung oder für einen Ausbau oder eine Erweiterung abziehen“ könne, was nach allgemeiner Ansicht einen Objektverbrauch regeln sollte[7].

Die teleologische Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis.

Steuerbegünstigungsvorschriften sind nicht unter dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Förderung auszulegen. Zwar sind diese Regelungen nicht buchstäblich eng auszulegen; entscheidend ist, dass aus dem Gesetz heraus belegt werden kann, dass der Gesetzgeber den zur Entscheidung anstehenden Lebenssachverhalt begünstigen wollte. Der die Steuerbegünstigung prägende Begünstigungszweck ist Maßstab der teleologischen Auslegung[10].

Zweck des Gesetzes ist es, die Erhaltung und die Modernisierung kulturhistorisch wertvoller Gebäude zu fördern[11]. Der Gesetzgeber trug der Erkenntnis Rechnung, dass die ordnungsgemäße Erhaltung von Baudenkmalen, „die regelmäßig besonders aufwendig ist, bestehenden Wohnraum sichert, zur Entspannung der Wohnungssituation beiträgt und ein Anreiz ist, privates Kapital für Gebäudesanierungen und Bestandserhaltung zu mobilisieren“[12]. Danach begünstigt § 10f EStG denkmalpflegerische Bemühungen und fördert die Wohnraumverbesserung, Bestanderhaltung und Gebäudesanierung[13].

Daneben trägt die Regelung -so die weitere Gesetzesbegründung- „den besonderen Belastungen sowohl von Eigentümern zu eigenen Wohnzwecken genutzter Baudenkmale durch die öffentlich-rechtlichen Bindungen nach dem Denkmalschutzrecht der Länder als auch von Eigentümern zu eigenen Wohnzwecken genutzter Gebäude in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen durch kommunale Satzungen Rechnung“[14].

Auch unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks vermag der Bundesfinanzhof nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber den zur Entscheidung anstehenden Lebenssachverhalt nach § 10f Abs. 1 EStG begünstigen wollte.

Zwar ist der Ansicht zuzustimmen, dass die oben genannten gesetzgeberischen Ziele der Förderung von Baumaßnahmen an einem (eigenen) Gebäude, welches die Voraussetzungen des § 7h oder des § 7i EStG erfüllt und von dem Steuerpflichtigen zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, im Falle eines Zweitobjekts -hier dem hälftigen Miteigentumsanteil an einer zweiten Wohnung- ebenfalls erfüllt würden. Der Begünstigungszweck stünde der Förderung auch eines Zweitobjekts insofern nicht entgegen, diese würde vielmehr von ihm erfasst. Dieses Verständnis ließe indes die Regelung des § 10f Abs. 3 EStG außer Betracht, nach welcher -wie oben dargelegt- der vom Gesetzgeber vorgesehene Förderumfang von vornherein auf ein einziges (nicht austauschbares) Gebäude beschränkt worden ist.

Die hier getroffene Auslegung des § 10f Abs. 3 EStG ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs auch verfassungskonform.

Ausgangspunkt der verfassungskonformen Auslegung ist das Gesetz und die von ihm verwandte Begrifflichkeit. Nur dann, wenn eine Norm unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Zweck und Gesetzeszusammenhang mehrere Deutungen zulässt, von denen nur eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, ist eine verfassungskonforme Auslegung geboten und auch erlaubt[15].

Eine überzeugende Begründung dafür, weshalb nur die Auslegung des § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG im Sinne einer ausschließlich den einzelnen Veranlagungszeitraum betreffenden Einschränkung der Steuervergünstigung auf ein Förderobjekt zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führen würde, hat der Eigentümer nicht gegeben. Sie ist auch nicht ersichtlich.

Hiergegen wird zunächst vorgebracht, eine Beschränkung des § 10f EStG nur auf das Erstobjekt ohne Übertragbarkeit der nicht voll in Anspruch genommenen Teile des Begünstigungszeitraums auf ein Folgeobjekt (wie bei § 10e Abs. 4 Satz 4 EStG) sei nach rechtsstaatlichen Grundsätzen unverhältnismäßig, und meint, den Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aus einem Vergleich des § 10f EStG mit § 10e EStG ableiten zu können. Die Förderung gemäß § 10e EStG sei vom Betrag und zeitlichen Umfang her begrenzt, so dass die Folgeobjektregelung nur die nicht verbrauchten Begünstigungsjahre habe erfassen müssen. Demgegenüber sei die Förderung gemäß § 10f EStG weder betragsmäßig noch hinsichtlich der Anzahl der förderfähigen Erhaltungs- beziehungsweise Baumaßnahmen begrenzt. Aus Gründen, unter anderem der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit, sei die Folgeobjektregelung des § 10e EStG auch im Rahmen des § 10f EStG zumindest für ein Zweitobjekt des Steuerpflichtigen „unbegrenzt“ anzuwenden. 

Die insoweit förderfähigen Aufwendungen sind privat veranlasst und wären daher an sich steuerlich nicht abzugsfähig (vgl. § 12 Nr. 1 EStG). Bei der Subventionsvorschrift des § 10f EStG gilt daher das Nettoprinzip nicht[16]. Liegt aber die Gewährung der Steuervergünstigung dem Grunde nach im gesetzgeberischen Ermessen, so gilt dies -argumentum a maiore ad minus- auch für deren Höhe beziehungsweise Umfang. In Anbetracht dessen ist nicht erkennbar, weshalb die gesetzliche Ausgestaltung, nach welcher die Geltendmachung eines jährlichen Abzugsbetrags mit dem Wegfall der Fördervoraussetzungen für das Objekt endet und nicht in Anspruch genommene Teile des Begünstigungszeitraums nicht auf ein Folgeobjekt übertragen werden können, unverhältnismäßig beziehungsweise unangemessen sein könnte. Insbesondere ist die Regelung auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes jedenfalls insoweit unbedenklich, als die Rechtslage -wie im vorliegenden Fall- eine entsprechende Einschränkung der Steuervergünstigung bereits im Zeitpunkt ihrer Inanspruchnahme vorsah.

Eine Gegenansicht sieht weiterhin die auch im Schrifttum vertretene Ansicht als überholt an, für eine weitergehende Begünstigung durch § 10f EStG habe keine Veranlassung bestanden, da die Beschränkung der Lebenswirklichkeit Rechnung tragen dürfte, dass ein Steuerpflichtiger in der Regel nur ein einziges zu eigenen Wohnzwecken genutztes Gebäude zu Eigentum erwerbe[17]. Diese Ansichgt meint, die Lebensverhältnisse hätten sich nach über 30 Jahren seit Einführung der Fördervorschrift aufgrund der notwendigen Flexibilität im Beruf und von Veränderungen im privaten Bereich geändert und führten damit zwangsläufig zur Nutzung weiterer selbstbewohnter Eigenheime. Verfassungsrechtliche Bedenken werden hierdurch aber nicht aufgezeigt. Zunächst bestreitet der Eigentümer nicht, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Einführung des § 10f EStG ein sachlicher Grund für die Beschränkung der Förderung bestanden hat. Dass der angenommene Regelfall eines lediglich einmaligen Erwerbs von Wohneigentum nicht mehr der Lebenswirklichkeit des Streitjahres 2015 entsprochen hätte, wird ebenfalls weder substantiiert dargetan noch ist dies sonst ersichtlich. Daher erübrigen sich Überlegungen dazu, welchen Grenzen der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines steuerlichen Fördertatbestandes unterliegt und ob beziehungsweise inwieweit er bei einer grundlegenden Änderung der Verhältnisse zur Anpassung eines Begünstigungstatbestandes angehalten sein könnte.

Eine anderweitige Auslegung ist auch zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) nicht geboten. Insoweit wird vertreten, die vom Bundesfinanzhof vertretene Auslegung des § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG im Sinne eines Objektverbrauchs führe zu einer unzulässigen -gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßenden- Differenzierung zwischen Eigentümern von „normalen“ Eigenheimen (§ 10e EStG) und Eigentümern von Baudenkmälern (§ 10f EStG). Da die Förderziele der beiden Begünstigungsnormen insoweit vergleichbar seien, als sie übereinstimmend für selbstgenutzte Objekte gälten, müssten im Hinblick auf die Möglichkeit einer Fortführung der steuerlichen Begünstigung für ein Folgeobjekt unterschiedliche Rechtsfolgen vermieden werden. Bereits hinsichtlich der begehrten Rechtsfolge ist dieses Argument aber icht schlüssig: Einerseits wird gefordert, aus „Gründen der Verhältnismäßigkeit, Unangemessenheit und Ungleichheit“ die Folgeobjektregelung des § 10e EStG auch für den § 10f EStG zumindest für ein Zweitobjekt des Steuerpflichtigen betraglich und von der Anzahl der Maßnahmen (Bau-/Erhaltungsmaßnahmen) her „unbegrenzt“ anzuwenden, andererseits soll gleichzeitig aus denselben Gründen lediglich der „nicht verbrauchten Zeitraum“ der zuletzt beim Erstobjekt verwendeten Maßnahme für die Maßnahme beim Folgeobjekt übertragen und nutzen.

Desweiteren wird argumentiert, dem Denkmaleigentümer müsse aufgrund einer fehlenden Folgeobjektregelung der Steuerabzug für die bescheinigten baudenkmalbezogenen Maßnahmen an den zweiten Denkmal ohne Einschränkungen entsprechend der Basisregelung des § 10e EStG gewährt werden. Allerdings bedingt diese Forderung einer einschränkungslosen Gewährung der Steuervergünstigung nach § 10f EStG für ein Folgeobjekt letztlich eine Besserstellung im Vergleich zu der Folgeobjektregelung in § 10e EStG und würde daher unter Zugrundelegung der Rechtsansicht, aus Gründen der Gleichbehandlung sei der Eintritt unterschiedlicher Rechtsfolgen zu vermeiden, selbst eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung begründen.

Ein Gleichheitsverstoß, der eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gebieten könnte, kommt nach Auffassung des Bundesfinanzhofs im Streitfall von vornherein nicht in Betracht.

So wie der Gleichbehandlungsgrundsatz -in Ansehung einer einzelnen Rechtsnorm- grundsätzlich keinen Anspruch auf eine zukünftig gleichbleibende Rechtslage begründet[18] und es in diesem Sinne keine Gleichheit in der Zeit gibt[19], scheidet eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung aus, wenn sich -wie hier- die zeitlichen Anwendungsbereiche der als gleichheitswidrig angesehenen Normen nicht überschneiden.

Bei einer isolierten Betrachtung allein des hier streitgegenständlichen Jahres 2015 liegt keine Überschneidung der Anwendungsbereiche von § 10e EStG und § 10f EStG vor. Die Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG war nämlich bereits im Jahr 1996 durch das Eigenheimzulagengesetz abgelöst worden[20]; das Eigenheimzulagengesetz seinerseits ist durch das Gesetz zur Abschaffung der Eigenheimzulage vom 22.12.2005[21] mit Wirkung zum 31.12.2005 außer Kraft getreten. Im Jahr 2015 gab es damit keine entsprechende steuerliche Begünstigung eines „normalen“ Eigenheims (mehr), sondern allein die Förderung baudenkmalgeschützter Eigenheime nach § 10f EStG. Selbst wenn bei dem Normenvergleich an den frühestmöglichen Zeitpunkt der Förderung anzuknüpfen sein sollte, wäre vorliegend das Jahr 2006 zu betrachten, da in jenem Jahr erstmals der Fördertatbestand des § 10f EStG durch Erhaltungsmaßnahmen an dem Erstobjekt verwirklicht worden war. Zu diesem Zeitpunkt galt aber die Folgeobjektregelung in § 10e EStG beziehungsweise in der entsprechenden Nachfolgervorschrift (§ 7 Satz 1 EigZulG), deretwegen der Eigentümer eine Ungleichbehandlung rügt, nicht mehr.

Auch ist die Bescheinigung des Landesdenkmalamtes insoweit kein Grundlagenbescheid, durch den -mit Bindungswirkung für das Finanzamt- festgestellt werde, dass die darin aufgeführten Aufwendungen dem Grunde nach gemäß § 10f EStG wie Sonderausgaben abzugsfähig seien. Die Bindungswirkung der Bescheinigung als Grundlagenbescheid beschränkt sich -im Rahmen des § 10f Abs. 1 Satz 1 EStG- auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7h beziehungsweise § 7i EStG[22]. Für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen als Sonderausgaben dem Grunde nach ist dies aber nicht ausreichend. Vielmehr muss auch das weitere -von der Bindungswirkung gerade nicht erfasste- Tatbestandsmerkmal erfüllt sein, dass das Gebäude in dem jeweiligen Kalenderjahr vom Steuerpflichtigen zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird (§ 10f Abs. 1 Satz 2 EStG). Ohnehin enthält die Bescheinigung für die vorliegend in Streit stehende Auslegung des § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG und die Frage, was unter der Förderbeschränkung „nur bei einem Gebäude“ zu verstehen ist, keine Aussage.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 24. Mai 2023 – X R 22/20

  1. vgl. BFH, Urteil vom 05.04.2022 – VII R 52/20, BFH/NV 2022, 1026, Rz 17[]
  2. so auch Dathe/Schilde in Bordewin/Brandt, § 10f EStG Rz 87[]
  3. vgl. dazu BFH, Urteil vom 04.12.1979 – VIII R 23/78, BFHE 129, 357, BStBl II 1980, 199, unter 1.[]
  4. so Lüdemann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10f Rz D 3; BeckOK EStG/Ebner, 14. Ed. [01.10.2022], EStG § 10f Rz 32[]
  5. so auch Schmidt/Kulosa, EStG, 42. Aufl., § 10f Rz 14; Pfirrmann in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 10f Rz 5; Brandis/Heuermann/Schießl, § 10f EStG Rz 53; Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10f EStG Rz 35; Eggers in Korn, § 10f EStG Rz 10; Pfützenreuter, EFG 2021, 629[]
  6. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.05.2020 – 14 K 14248/17[][]
  7. vgl. Pfützenreuter, EFG 2021, 629[][]
  8. BGBl I 1989, 2408[]
  9. BT-Drs. 11/5680, S. 13[][][]
  10. vgl. BFH, Urteil vom 03.06.1997 – IX R 24/96, BFH/NV 1998, 155, unter II.a[]
  11. vgl. BFH, Urteil vom 14.01.2004 – X R 19/02, BFHE 205, 87, BStBl II 2004, 711, unter II. 2.c[]
  12. vgl. BT-Drs. 11/5680, S. 9[]
  13. vgl. Pfirrmann in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 10f Rz 1[]
  14. vgl. BT-Drs. 11/5680, S. 13; BeckOK EStG/Ebner, 14. Ed. [01.10.2022], EStG § 10f Rz 4[]
  15. vgl. BFH, Urteil vom 20.03.2017 – X R 55/14, BFHE 258, 20, BStBl II 2017, 1122, Rz 17[]
  16. vgl. Schmidt/Kulosa, EStG, 42. Aufl., § 10f Rz 3[]
  17. vgl. Hahn, Der Betrieb 1990, 65[]
  18. vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2009 – 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111, BStBl II 2009, 685, Rz 44[]
  19. BFH, Urteil vom 11.08.2021 – I R 38/19, BFH/NV 2022, 334, Rz 26[]
  20. vgl. BFH, Beschluss vom 11.11.2008 – X B 86/08 unter 2.b[]
  21. BGBl I 2005, S. 3680[]
  22. vgl. hierzu BFH, Urteil vom 22.10.2014 – X R 15/13, BFHE 247, 562, BStBl II 2015, 367, Rz 17 ff.[]