Auszahlung von Kindergeld an den Sozialhilfeträger

Die Auszahlung von Kindergeld an einen Abzweigungsberechtigten führt -anders als die Zahlung an den originär Kindergeldberechtigten- nur dann zum Erlöschen des Kindergeldanspruchs, wenn der Abzweigungsbescheid bestandskräftig geworden ist.

Auszahlung von Kindergeld an den Sozialhilfeträger

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs scheidet eine Abzweigung des Kindergeldes an den Sozialhilfeträger oder an das Kind aus, wenn das Kindergeld zuvor bereits an den originär kindergeldberechtigten Elternteil tatsächlich ausgezahlt wurde. Der Kindergeldanspruch wird durch die Auszahlung erfüllt und erlischt damit[1].

Dabei kommt der Auszahlung von Kindergeld an einen Dritten (Sozialhilfeträger) nicht dieselbe Wirkung zu wie einer Auszahlung an den originär Kindergeldberechtigten. Denn die Erfüllungszuständigkeit für erhaltenes Kindergeld ändert sich von der Person des Kindergeldberechtigten auf einen Dritten erst dann und soweit, wie ein bestandskräftiger Abzweigungsbescheid der Familienkasse ergangen ist, bei dem es sich für den Empfänger um einen begünstigenden und für den bisher Kindergeldberechtigten um einen belastenden Verwaltungsakt mit Doppelwirkung handelt[2].

Wird dieser Verwaltungsakt der Familienkasse fristgerecht durch Einspruch des Kindergeldberechtigten angefochten, kann er im Einspruchsverfahren wieder aufgehoben oder eingeschränkt werden. Dadurch wird die vormalige Erfüllungszuständigkeit des Kindergeldberechtigten wieder hergestellt.

Demgemäß hat der Bundesfinanzhof bereits entschieden, dass im Hinblick auf die Sonderregelung des § 112 SGB X, wonach zu Unrecht erstattete Beträge zurückzuerstatten sind, eine entsprechende Anwendung der Grundsätze bei Zahlung von Kindergeld an den originär Kindergeldberechtigten bei einer angefochtenen Abzweigungsentscheidung nicht in Betracht kommt[3]. Der Sozialhilfeträger hat nach erfolgreicher Anfechtung des Abzweigungsbescheides das zu Unrecht erhaltene Kindergeld an die Familienkasse gemäß § 112 SGB X zu erstatten, sodass diese das Kindergeld dem Berechtigten nachzahlen kann.

Die Rechtsauffassung des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt[4], wonach der Kindergeldberechtigte zunächst eine Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die Abzweigungsentscheidung vor dem Finanzgericht erheben muss, um anschließend einen Schadensersatzanspruch im Wege der Amtshaftungsklage vor dem Zivilgericht nach § 839 BGB durchzusetzen und damit die Zivilgerichtsbarkeit mit Fragen der Kindergeldberechtigung zu befassen, wäre zudem schwerlich mit den Grundsätzen der Prozessökonomie zu vereinbaren.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. Dezember 2015 – V R 18/15

  1. BFH, Urteile in BFHE 231, 520, BStBl II 2013, 583; vom 27.10.2011 – III R 16/09, BFH/NV 2012, 720; BFH, Beschluss vom 02.12 2013 – III S 33/13 (PKH), BFH/NV 2014, 574[]
  2. BFH, Urteil vom 24.08.2001 – VI R 83/99, BFHE 196, 278, BStBl II 2002, 47; Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 74 Rz 14[]
  3. BFH, Urteil vom 19.09.2013 – V R 25/12, BFH/NV 2014, 322[]
  4. FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.02.2015 – 4 K 180/13[]