Krankenhauscafeteria – 7% oder 19%?

Die Bereitstellung von Mobiliar ist bei der Prüfung des anzuwendenden Steuersatzes nicht als Dienstleistungselement zu berücksichtigen, wenn es nicht ausschließlich dazu bestimmt ist, den Verzehr von Lebensmitteln zu erleichtern, sondern möblierte Bereiche zugleich z.B. auch als Warteraum und Treffpunkt dienen.

Krankenhauscafeteria – 7% oder 19%?

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall betrieb ein Unternehmer m Streitjahr 2011 in zwei Krankenhäusern jeweils eine Cafeteria. Er hatte von den Krankenhausbetreibern jeweils Lagerräume, Räume zur Installation von Küchen und Flächen zur Aufstellung von Verkaufstheken gemietet. Im Krankenhaus B waren eine Küche, ein Kiosk und ein Lager angemietet. Das Angebot des Cafeteriabetreibers bestand aus warmen und kalten Speisen sowie Getränken, Hygieneartikeln und Presseerzeugnissen. Das Speisenangebot umfasste erworbene Fertiggerichte (Tiefkühlkost), selbst (in einer Großküche) gekochte Suppen, (tiefgekühlt) erworbene und selbstgebackene Kuchen, Eis, Heiß- und Kaltgetränke, abgepackte Snacks, Schokolade und sonstige Süßwaren. Die Fertiggerichte wurden vorportioniert und tiefgekühlt gelagert. Eis wurde, soweit in Großpackungen geliefert, beim Verkauf portioniert. Ausgegeben wurden die Waren sowohl auf Einweggeschirr als auch auf Porzellangeschirr. Der Verkauf erfolgte über die Theke, der Bestand an Speisen entsprach der prognostizierten Nachfrage. Der Cafeteriabetreiber beschäftigte zwölf Arbeitnehmer, allerdings keinen davon als Kellner. Unter den Mitarbeitern befand sich auch kein gelernter Koch oder ein ähnlich qualifizierter Mitarbeiter. Teilweise wurden Speisen durch das Thekenpersonal am Tisch serviert, dies beschränkte sich aber auf gehbehinderte Kunden. Die Kunden räumten ihr benutztes Geschirr in der Regel selbst ab. Mitarbeiter des Cafeteriabetreibers reinigten hin und wieder bei Bedarf die Oberflächen der Tische und Stühle. Täglich wurden durchschnittlich 320 Essen und Kleingerichte und 220 Getränke abgegeben sowie ca.200 Stück Geschirr gereinigt.

Die Tische und Stühle befanden sich außerhalb der vom Cafeteriabetreiber angemieteten Verkaufsflächen. Bei diesen Flächen handelte es sich in B um den Eingangsbereich des Krankenhauses ohne Abtrennung durch Trennwände, in C waren Tische und Stühle über die Eingangshalle zugänglich. Die Tische und Stühle wurden in beiden Betrieben nicht nur, aber auch von den Kunden des Cafeteriabetreibers genutzt. Die Tische und Stühle waren dabei auch außerhalb der Öffnungszeiten der Betriebe des Cafeteriabetreibers zugänglich und standen Patienten und Besuchern zu jeder Zeit als Treffpunkt und Aufenthaltsraum zur Verfügung.

Der Cafeteriabetreiber ging zunächst davon aus, dass seine Umsätze insgesamt dem Regelsteuersatz unterlägen. Er war dann aber der Auffassung, dass seine Leistungen teilweise ermäßigt zu besteuern seien. Daher beantragte er, die Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr zu ändern, und schätzte dabei die Aufteilung der Umsätze mangels anderer Aufzeichnungen nach dem Verhältnis der zu 7 % und zu 19 % bezogenen Waren. Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung folgte das Finanzamt dem nicht.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage blieb beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg ohne Erfolg[1]. Nach Ansicht des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg ist der Regelsteuersatz insgesamt anzuwenden, da die für eine Dienstleistung sprechenden Elemente überwiegen. Unter Berücksichtigung von Art. 6 MwStVO[2] und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL)[3] sei die Bereitstellung der Tische und Stühle dem Cafeteriabetreiber zuzurechnen, da deren Lage in unmittelbarer Nähe zu den Verkaufseinrichtungen des Cafeteriabetreibers und die Platzierung von Eiskarten auf den Tischen nach der maßgeblichen Sicht des objektiven Durchschnittsverbrauchers den Eindruck erweckt habe, die Möbel würden vom Cafeteriabetreiber bereitgestellt. In den Speisekarten sei auch zum Ausdruck gebracht worden, dass ein Verzehr der Artikel des Kiosk-Sortiments an den Tischen und Stühlen nicht geduldet werde. Dies impliziere für den unbefangenen Leser, dass die Tische ausschließlich zum Verzehr der Speisen und Getränke, welche der Cafeteriabetreiber für den „Vor Ort“-Verzehr bereithalte, bestimmt gewesen seien. Ob dies den vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Cafeteriabetreiber und den Krankenhäusern entsprochen habe, sei nicht entscheidend. Zudem liege eine Duldung durch die Geschäftsführung der Krankenhäuser nahe. Für eine Dienstleistung spreche überdies die Bereitstellung von Mehrweggeschirr mit Reinigung. Auch die gelegentliche Reinigung der Tische und Stühle und die Hilfeleistungen für gehbehinderte Kunden (Servieren und Abräumen) stellten Dienstleistungselemente dar. Außerdem trage auch die Darstellung des klägerischen Betriebes als „Café mit Ausblick“, „Cafeteria“ bzw. „Gastronomische Einrichtung“ dazu bei, dass der Durchschnittsverbraucher von einem gastronomischen Betrieb mit Tischen und Stühlen, welche für den Verzehr von Speisen an Ort und Stelle bestimmt waren, ausgehen konnte.

Der Bundesfinanzhof sah dies nun anders und hob das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg wieder auf; das Finanzgericht habe, so der Bundesfinanzhof, dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen an Stelle von steuersatzbegünstigten Lieferungen zu Unrecht mit der Berücksichtigung von Verzehrvorrichtungen begründet und dadurch § 3 Abs. 1, Abs. 9 UStG verletzt.

Lieferungen eines Unternehmers sind gemäß § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Sonstige Leistungen sind nach § 3 Abs. 9 UStG Leistungen, die keine Lieferungen sind.

Unionsrechtlich beruhen diese Vorschriften auf Art. 14 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 1 MwStSystRL. Als Lieferung von Gegenständen gilt danach die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, als Dienstleistung gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist.

Zudem ist Art. 6 MwStVO zu berücksichtigen. Nach Absatz 1 gilt die Abgabe zubereiteter oder nicht zubereiteter Speisen und/oder von Getränken, zusammen mit ausreichenden unterstützenden Dienstleistungen, die deren sofortigen Verzehr ermöglichen, als Restaurant- und Verpflegungsdienstleistung. Die Abgabe von Speisen und/oder Getränken ist dabei nur eine Komponente der gesamten Leistung, bei der der Dienstleistungsanteil überwiegt. Restaurantdienstleistungen sind die Erbringung solcher Dienstleistungen in den Räumlichkeiten des Dienstleistungserbringers und Verpflegungsdienstleistungen sind die Erbringung solcher Dienstleistungen an einem anderen Ort als den Räumlichkeiten des Dienstleistungserbringers. Nach Absatz 2 gilt die Abgabe von zubereiteten oder nicht zubereiteten Speisen und/oder Getränken mit oder ohne Beförderung, jedoch ohne andere unterstützende Dienstleistungen, nicht als Restaurant- oder Verpflegungsdienstleistung. Art. 65 MwStVO ordnet die Anwendung dieser Regelungen ab 1.07.2011 an.

Die Abgabe von Nahrungsmitteln, Speisen und Getränken ist sowohl im Rahmen einer Lieferung als auch als sonstige Leistung möglich.

Bei der Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung ist nach der Rechtsprechung von EuGH und BFH auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Maßgebend ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen der Umsatz erfolgt. Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist die qualitative und nicht nur die quantitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung zu bestimmen[4].

Soweit für den Verzehr Mobiliar wie Sitz- und Tischeinrichtungen zur Verfügung steht, ist zu berücksichtigen, dass das bloße Vorhandensein von Mobiliar, das nicht ausschließlich dazu bestimmt ist, den Verzehr von Lebensmitteln möglicherweise zu erleichtern, nicht als Dienstleistungselement angesehen werden kann, das geeignet wäre, dem Umsatz insgesamt die Eigenschaft einer Dienstleistung zu verleihen. Es sind nur die Verzehrvorrichtungen zu berücksichtigen, die vom Leistenden ausschließlich dazu bestimmt wurden, den Verzehr von Lebensmitteln möglicherweise zu erleichtern[5].

Somit kann die Bereitstellung von Mobiliar entgegen früherer BFH-Rechtsprechung nicht als Dienstleistungselement berücksichtigt werden, wenn es nicht ausschließlich dazu bestimmt ist, den Verzehr von Lebensmitteln zu erleichtern, sondern möblierte Bereiche zugleich z.B. auch als Warteraum und Treffpunkt für Kinobesucher dienen[6].

Hieran hat sich durch Art. 6 MwStVO nichts geändert. Soweit es danach für die Annahme einer Dienstleistung (sonstigen Leistung) auf ausreichende unterstützende Dienstleistungen ankommt, die zu einem überwiegenden Dienstleistungsanteil führen, entspricht dies der qualitativen Betrachtungsweise der bisherigen Rechtsprechung. Das Erfordernis des Überwiegens führt dazu, dass vergleichsweise geringfügige Dienstleistungsanteile die Annahme sonstiger Leistungen nicht rechtfertigen. Somit ist es unerheblich, ob Art. 6 MwStVO auch für eine Steuerentstehung bereits vor seinem Inkrafttreten von Bedeutung sein kann.

Das Urteil des Finanzgericht entspricht dem nicht und ist daher aufzuheben.

Der Bundesfinanzhof hat dabei nicht zu entscheiden, ob sich die ausschließliche Bestimmung von Mobiliar zur Erleichterung des Verzehrs von Lebensmitteln nach den objektiven Gegebenheiten oder nach einer objektiven Empfängersicht bestimmt oder ob hieran überhaupt Unterschiede zu sehen sind.

Entscheidend ist im Streitfall vielmehr, dass sich unabhängig hiervon die vom Finanzgericht als Verzehrmobiliar angesehenen Tische und Stühle nach den für den Bundesfinanzhof bindenden tatsächlichen Feststellungen des Finanzgericht (§ 118 Abs. 2 FGO) außerhalb der vom Cafeteriabetreiber angemieteten Verkaufsflächen befanden und es sich bei diesen Flächen in B um den Eingangsbereich des Krankenhauses ohne Abtrennung durch Trennwände und in C um einen Bereich handelte, der über die Eingangshalle zugänglich war. Die Tische und Stühle wurden in beiden Betrieben nicht nur, sondern auch von den Kunden des Cafeteriabetreibers genutzt. Die Tische und Stühle waren auch außerhalb der Öffnungszeiten des Betriebs des Cafeteriabetreibers zugänglich und standen Patienten und Besuchern zu jeder Zeit als Treffpunkt und Aufenthaltsraum zur Verfügung.

Insbesondere aufgrund der Verwendung als Aufenthaltsraum steht damit fest, dass die vom Finanzgericht als Verzehrmobiliar angesehenen Tische und Stühle nicht ausschließlich im Sinne des BFH, Urteils in BFHE 234, 484, BStBl II 2013, 241 dazu bestimmt waren, den Verzehr von Lebensmitteln zu erleichtern. Die möblierten Bereiche dienten vielmehr zugleich z.B. auch als Warteraum und Treffpunkt für Patienten und Krankenhausbesucher.

Zudem reichen -wie in einem Kino- Hinweise auf ein Speisenangebot auf Tischen nicht aus, um die erforderliche Ausschließlichkeit bei deren Nutzung zu begründen. Daher waren auch die im Streitfall auf den Tischen vorhandenen Eiskarten nicht geeignet, eine ausschließliche Verzehrbestimmung dieser Tische zu begründen.

Im Hinblick auf die fehlende Ausschließlichkeit zur Verzehrbestimmung kommt es nicht darauf an, ob die Tische und Stühle überhaupt dem Cafeteriabetreiber als eigene zuzurechnen sein könnten[7].

Die Sache ist nicht spruchreif.

Das Finanzgericht hat im zweiten Rechtsgang eine rechtsfehlerfreie Gesamtwürdigung nachzuholen, die der Bundesfinanzhof nicht durch seine eigene ersetzen kann. Dabei wird das Finanzgericht auch zu berücksichtigen haben, dass die bloße Verwendung von Porzellan-Mehrweggeschirr bei der Abgabe von Standardspeisen allein nicht ausreichen dürfte, um in qualitativer Sicht ein überwiegendes Dienstleistungselement zu begründen. Dem Bundesfinanzhof erscheint es auch nicht möglich, aus der besonderen Betreuung gehbehinderter Kunden Rückschlüsse auf das allgemeine Vorliegen von Dienstleistungen zu ziehen. Gleiches gilt für das gelegentliche Reinigen von Tischen oder Stühlen.

Sollte danach im Streitfall von Lieferungen auszugehen sein, wird das Finanzgericht der Frage einer Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG sowie ggf. die vom Cafeteriabetreiber vorgenommene Schätzung zu überprüfen haben.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 3. August 2017 – V R 61/16

  1. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.10.2016 – 7 K 7284/14, EFG 2017, 162[]
  2. Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15.03.2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem[]
  3. Richtlinie des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG[]
  4. BFH, Urteil vom 30.06.2011 – V R 3/07, BFHE 234, 484, BStBl II 2013, 241, unter II. 2.c aa, und EuGH, Urteil Bog u.a. vom 10.03.2011 – C-497/09, – C-499/09, – C-501/09 und – C-502/09, EU:C:2011:135, BStBl II 2013, 256, Rz 62[]
  5. BFH, Urteil in BFHE 234, 484, BStBl II 2013, 241, unter II. 2.c bb, und EuGH, Urteil Bog u.a., EU:C:2011:135, BStBl II 2013, 256, Rz 73[]
  6. BFH, Urteil in BFHE 234, 484, BStBl II 2013, 241, unter II. 3.b[]
  7. vgl. hierzu BFH, Urteil vom 30.06.2011 – V R 18/10, BFHE 234, 496, BStBl II 2013, 246, unter II. 2.b aa[]