Einheitsbewertung eines Supermarkts

Bei der Ermittlung des Gebäudenormalherstellungswerts eines Flachdachgebäudes im Altbundesgebiet ist das von den Außenwänden des Gebäudes gänzlich umschlossene Raumvolumen voll anzurechnen. Befinden sich unterhalb des Dachs Versorgungsleitungen, die mittels einer abgehängten Decke der Sicht entzogen sind, steht dies der Vollanrechnung nicht entgegen.

Einheitsbewertung eines Supermarkts

Die Vorschriften über die Einheitsbewertung dürfen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10.04.2018[1] weiter angewandt werden[2].

Für die Bewertung (hier: des Erbbaurechts) ist nach § 92 BewG i.V.m. § 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG das Sachwertverfahren nach §§ 83 ff. BewG anzuwenden. Für die Ermittlung des Gebäudewerts nach § 85 BewG ist zunächst ein Wert auf der Grundlage von durchschnittlichen Herstellungskosten nach den Baupreisverhältnissen des Jahres 1958 zu errechnen (§ 85 Satz 1 BewG), der sodann nach den Baupreisverhältnissen im Hauptfeststellungszeitpunkt (01.01.1964) auf den Gebäudenormalherstellungswert umzurechnen ist (§ 85 Satz 2 BewG). Weitere Vorgaben zur Ermittlung des Gebäudewerts enthält das BewG nicht.

Die Bundesregierung hat am 19.09.1966 mit Zustimmung des Bundesrates auf der Grundlage des Art. 108 Abs. 6 des Grundgesetzes in der damaligen Fassung die BewRGr erlassen, welche das Bewertungsrecht betreffende Zweifels- und Auslegungsfragen von allgemeiner Bedeutung behandeln und primär der einheitlichen Anwendung des Bewertungsrechts durch die Finanzbehörden dienen. Der Senat ist zwar an diese Richtlinien nicht gebunden, hat jedoch die dadurch bewirkte Selbstbindung der Verwaltung zu beachten, soweit sie sich, wie hier, in dem Bereich der der Verwaltung vom Gesetz eingeräumten Entscheidungsfreiheit, also im Bereich des Ermessens, der Billigkeit und der Typisierung oder der Pauschalierung bewegt[3].

Nach Abschn. 37 Abs. 1 Satz 1 BewRGr ist der umbaute Raum nach DIN 277 (November 1950x) zu berechnen. Nach Abschn. 37 Abs. 1 Satz 2 BewRGr werden u.a. ausgebaute Dachgeschosse mit dem vollen Rauminhalt angesetzt, während nach Abschn. 37 Abs. 1 Satz 3 BewRGr nicht ausgebaute Dachräume mit einem Drittel ihres Rauminhalts berücksichtigt werden. Letzteres gilt nach Abschn. 37 Abs. 1 Satz 4 BewRGr auch dann, wenn die Decke über dem obersten Vollgeschoss nicht begehbar ist (z.B. unterhalb des Dachs aufgehängte Staubdecke). Abschn. 37 Abs. 1 Sätze 1 und 5 BewRGr verweisen zudem auf die Anlage 12 zu den BewRGr.

Anlage 12 zu den BewRGr schreibt die Berechnung des umbauten Raums nach DIN 277 (1950) vor. Sie enthält Zeichnungen, die u.a. durch unterschiedliche Schraffuren den voll anzurechnenden umbauten Raum sowie den mit einem Drittel anzurechnenden Raum ausweisen. Neben die Zeichnungen sind Berechnungsanweisungen in Textform gestellt. Ein Rangverhältnis zwischen Beschreibungen und Zeichnungen ist dem nicht zu entnehmen.

Nach Tz. 1.1 ist voll anzurechnen der umbaute Raum eines Gebäudes, der umschlossen wird seitlich nach Tz. 1.11 von den Außenflächen der Umfassungen, unten nach näherer Maßgabe der Tz. 1.12 und oben nach näherer Maßgabe der Tz. 1.13. Die Umschließung nach oben wird gebildet bei nichtausgebautem Dachgeschoss von den Oberflächen der Fußböden über den obersten Vollgeschossen (Tz. 1.131), bei ausgebautem Dachgeschoss von den Außenflächen der umschließenden Wände und Decken (Tz. 1.132), bei Dachdecken, die gleichzeitig die Decke des obersten Vollgeschosses bilden, von den Oberflächen der Tragdecke oder Balkenlage (Tz. 1.133) und bei Gebäuden oder Bauteilen ohne Geschossdecken von den Außenflächen des Dachs (Tz. 1.134).

Die beigefügten Zeichnungen zeigen Querschnitte mit verschiedenen Dachformen, die ausnahmslos geneigte Dächer aufweisen. Der Rauminhalt, der sich unterhalb des jeweils tiefsten Schnittpunkts zwischen (geneigtem) Dach und Gebäudewand befindet, ist durchgehend voll anzurechnen. Das gilt auch dort, wo er durch eine Dachkonstruktion durchzogen ist (Zeichnung 4 zu Tz. 1.134). Der darüber befindliche Rauminhalt ist in den Fällen insoweit anzurechnen, als das Dachgeschoss ausgebaut wurde (markiert durch zusätzliche Zwischendecken oder Seitenwände, Zeichnungen 1, 3, 4 zu Tz. 1.132). Fehlen Zwischendecken, ist der Raum bis zur Dachhaut ungeachtet der Dachform voll anzurechnen (Zeichnung zu Tz. 1.133, Zeichnungen 2, 4, 5 zu Tz. 1.134). Dasselbe gilt, wenn unterhalb minimal geneigter Dächer eine horizontale Abtrennung im Ansatzpunkt der Dachneigung eingezogen ist (Zeichnungen 1, 3 zu Tz. 1.134).

Nach Tz. 1.2 ist mit einem Drittel anzurechnen der umbaute Raum des nicht ausgebauten Dachraums, der umschlossen wird von den Flächen nach Abschn. 1.131 oder 1.132 und den Außenflächen des Dachs. Da die Flächen nach Abschn. 1.131 und 1.132 diejenigen Flächen sind, die die Umschließung des voll anzurechnenden Raums nach oben bilden, handelt es sich insoweit um dessen Gegenstück. Die Raumvolumina nach Tz. 1.1 und Tz. 1.2 bilden zusammen den gesamten Rauminhalt des Gebäudes.

Die (einzige) Zeichnung hierzu zeigt ein Gebäude mit einem mäßig geneigten Pultdach, bei dem auf Höhe des Schnittpunkts zwischen Außenwand und geneigter Dachfläche eine Zwischendecke eingezogen ist und die den darüber befindlichen Raum als mit einem Drittel anzurechnen markiert.

Weder Text noch Zeichnungen äußern sich dazu, ob die jeweiligen Zwischendecken in statischer Hinsicht begehbar sind oder sein müssen. Die Decken unter den Dächern minimaler Neigung (Zeichnungen 1, 3 zu Tz. 1.134) sind nicht begehbar, weil der dadurch abgetrennte Raum entsprechend nur minimal ist.

Der Raum oberhalb einer nicht begehbaren Decke ist kein Dachgeschoss, auch wenn er in den Dachraum hineinragt. Soweit sich im Umkehrschluss aus Abschn. 37 Abs. 1 Satz 2 BewRGr sowie aus Text und Zeichnung zu Tz. 1.131 der Anlage 12 zu den BewRGr entnehmen lässt, dass das nichtausgebaute Dachgeschoss der Drittelregelung unterliegt, ist aus diesem Grunde daraus für den Raum oberhalb einer abgehängten und nicht begehbaren Decke nichts herzuleiten.

Der Raum oberhalb einer nicht begehbaren Decke kann kein selbständiges Geschoss und damit auch kein Dachgeschoss sein. Das entspricht dem allgemeinen Verständnis von „Geschossflächen“ und zeigt sich auch an der Formulierung in Tz. 1.131, die für das nichtausgebaute Dachgeschoss einen Fußboden voraussetzt. Ein „Fußboden“ muss betreten werden können. Auch nach heutigem Bauordnungsrecht sind Hohlräume zwischen der obersten Decke und der Bedachung/Dachhaut, in denen Aufenthaltsräume nicht möglich sind, keine Geschosse (ausdrücklich geregelt, im Wesentlichen gleichlautend, in § 2 Abs. 5 Satz 2 der Landesbauordnung –LBO– für Baden-Württemberg vom 05.03.2010, in § 2 Abs. 5 Satz 2 der Hessischen Bauordnung vom 28.05.2018, in § 2 Abs. 7 Satz 2 der LBO für das Land Schleswig-Holstein vom 22.01.2009; ferner mit dem Zusatz, dass Aufenthaltsräume wegen der erforderlichen lichten Höhe nicht möglich sind, in § 2 Abs. 7 Satz 4 der Niedersächsischen Bauordnung vom 03.04.2012).

Diese Beurteilung steht nicht im Widerspruch zu Abschn. 37 Abs. 1 Satz 4 BewRGr. Daraus ergibt sich nicht, dass sich über einer nicht begehbaren Decke ein Dachgeschoss befände. Über Dachgeschosse ist dieser Richtlinie schon deswegen keine Aussage zu entnehmen, weil sie an Abschn. 37 Abs. 1 Satz 3 BewRGr und damit an das Vorliegen nicht ausgebauter „Dachräume“ anknüpft. Die Begriffe „Dachgeschoss“ i.S. des Abschn. 37 Abs. 1 Satz 2 BewRGr und „Dachraum“ i.S. des Abschn. 37 Abs. 1 Satz 3 BewRGr sind aber nicht identisch. So hatte etwa § 2 Abs. 4 der LBO für Baden-Württemberg i.d.F. vom 20.06.1972 Dachgeschosse als Geschosse definiert, die ganz im Dachraum liegen oder in den Dachraum hineinragen, während der Dachraum am Schnitt von Außenwand und Dachhaut beginnt. Diese Vorschrift ist nicht mehr in Kraft, illustriert aber gerade wegen der zeitlichen Nähe zu den BewRGr deren begriffliche Grundlage. Auch heute setzt das Bauordnungsrecht nicht den Dachraum mit einem Dachgeschoss gleich. Das zeigt etwa § 2 Abs. 6 der Hamburgischen Bauordnung vom 14.12.2005, der im Rahmen der Definition des Vollgeschosses u.a. „Geschosse im Dachraum“ anspricht, mithin den Dachraum als eigenständigen und von dem Geschossbegriff unabhängigen Raumbegriff voraussetzt.

Ein Flachdach verfügt über nahezu keinen Dachraum. Ein auf allen Seiten von den Außenflächen der Umfassungen des Gebäudes umschlossener Raum, der sich baulich nicht von den Außenwänden des Gebäudekörpers abhebt, ist nicht „Dachraum“ und demnach auch kein der Drittelregelung unterliegender „nicht ausgebauter Dachraum“ i.S. des Abschn. 37 Abs. 1 Satz 3 BewRGr i.V.m. Tz. 1.2 der Anlage 12 zu den BewRGr. Er ist ungeachtet der Existenz abgehängter Zwischendecken nach Tz. 1.1 voll anzurechnen. Der Bundesfinanzhof teilt insoweit die Auffassung des Finanzgerichts Hamburg[4] sowie des Finanzgerichts Köln[5]. Das Begriffsverständnis von „Dachraum“ ergibt sich aus den Zusammenhängen des Regelwerks. Die von den Beteiligten aufgeworfene Frage der Analogiefähigkeit der in Anlage 12 zu Abschn. 37 BewRGr enthaltenen Zeichnungen stellt sich daher nicht.

Die bewertungsrechtliche Behandlung eines Raums als Dachraum setzt voraus, dass zwischen dem Dachraum und dem voll anzurechnenden Raum eine bauliche Abgrenzung vorhanden ist. Die untere Umschließung des Dachraums muss nicht begehbar sein, wie sich aus Abschn. 37 Abs. 1 Satz 4 BewRGr ergibt[6]. Sie muss aber vorhanden sein. Alle Zeichnungen der Anlage 12 zu Abschn. 37 BewRGr folgen dieser Grundvorstellung. Eine allein imaginäre Abtrennung genügt nicht.

Die untere Umschließung des Dachraums muss sich mindestens auf Höhe des tiefsten Schnittpunkts zwischen Gebäudewand und Dach, den tiefsten Traufpunkt, befinden. Rauminhalt, dessen seitliche Umschließung rundum durch Gebäudeaußenwände gebildet wird, ist kein Dachraum i.S. des Abschn. 37 Abs. 1 Satz 3 BewRGr und wird damit auch nicht von Abschn. 37 Abs. 1 Satz 4 BewRGr erfasst. Es ist nicht möglich, durch eine beliebige Verlagerung der entsprechenden Decke nach unten den der Drittelregelung zu unterwerfenden Dachraum beliebig zu vergrößern.

Es entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch, unter Dachraum solchen Raum zu verstehen, dessen seitliche Umschließung durch das Dach gebildet wird. Andernfalls wäre jedes oberste Geschoss, ggf. auch ein Vollgeschoss, in einem Flachdachgebäude in vollem Umfange „Dachraum“, was unabhängig von dem Ausbaugrad dem üblichen Verständnis widerspräche. Vielmehr entspricht es diesem Begriffsbild, dass nach § 2 Abs. 4 Satz 2 der LBO für Baden-Württemberg i.d.F. vom 20.06.1972 der Dachraum am Schnitt von Außenwand und Dachhaut beginnt.

Auch die BewRGr gehen nicht davon aus, dass ein Dachraum bereits dadurch gebildet wird, dass unterhalb des Dachs an beliebiger Stelle eine (abgehängte) Decke eingezogen wird. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus Abschn. 37 Abs. 1 Sätze 3 und 4 BewRGr. Nach Satz 3 ist ein nicht ausgebauter Dachraum tatbestandliche Voraussetzung für die Anwendung der Drittelregelung. Satz 4 äußert sich lediglich explizit zu nicht begehbaren Decken. Die maßgebende Voraussetzung des Satzes 3, das Vorliegen nicht ausgebauten Dachraums, gilt aber auch für Satz 4. Satz 4 bringt nicht zum Ausdruck, dass eine nicht begehbare Decke ausreichte, einen Dachraum zu schaffen.

Sämtliche Zeichnungen zeigen, dass ein Raum nicht allein deshalb der Drittelregelung unterliegt, weil er nach oben durch das Dach abgeschlossen wird. Diejenigen Zeichnungen, die die Anwendung der Drittelregelung illustrieren, weisen ausnahmslos eine untere Umschließung auf, die entweder an dem genannten Schnittpunkt oder –im Falle des Dachausbaus– höher liegt, niemals niedriger. Ist auch nur der untere Teil des betreffenden umbauten Raums nach allen Seiten von Außenwänden des Gebäudes eingeschlossen, ist nach den Zeichnungen zu Tz. 1.133 und Tz. 1.134 (Zeichnungen 2, 4, 5) ungeachtet der Dachform das gesamte Raumvolumen unterhalb des Dachs vollen Umfangs anzurechnen. Der Text und die Zeichnungen 1, 3 zu Tz. 1.134 wirken sich höchstens zu Lasten der Klägerin aus, da sie trotz Zwischendecken die Vollanrechnung des umbauten Raums bis zum Dach vorsehen.

Soweit die Klägerin beanstandet, dass die Zeichnungen aus architektonischer und/oder bautechnischer Perspektive sehr grob sind, lassen sie doch deutlich erkennen, dass der Traufpunkt bewertungsrechtlich maßgebender Gesichtspunkt ist. Nicht maßgebend sind sonstige bautechnische und statische Aspekte wie etwa die Frage, welche Elemente der Gebäudeaußenwand in welcher Weise tragende Funktion haben. Es widerspräche dem typisierenden und auch vereinfachenden Ansatz der BewRGr, auf Umstände abzustellen, die nicht nach außen leicht und einfach erkennbar sind, sondern erst einer technischen Begutachtung bedürften. Der Traufpunkt stellt eine zweckmäßige Typisierung dar. Die Traufhöhe bildet eine der wesentlichen Bestimmungsgrößen für das Bauplanungsrecht (vgl. Tz. 2.8. der Anlage zur Planzeichenverordnung 1990, BGBl I 1991, 58 [Anlagenband], betreffend die Höhe baulicher Anlagen) und bietet sich insoweit auch als Maßgröße für die bewertungsrechtliche Kubatur an.

Im Falle des Flachdachs fällt die Ebene durch den Traufpunkt nahezu mit dem Dach zusammen. Das Volumen des denkbaren Dachraums ist nahezu Null. Soweit, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, auch ein Flachdach aus bautechnischen Gründen stets eine geringe Neigung aufweisen muss, könnte allenfalls das entsprechend kleine Raumvolumen der Drittelregelung unterfallen, wenn im Traufpunkt eine ggf. auch leichte Decke vorhanden wäre.

Eine ergänzende oder abweichende Auslegung ist nicht deshalb geboten, weil bei Erlass der BewRGr und noch mehr der DIN 277 (1950) Flachdächer noch vergleichsweise wenig verbreitet gewesen sein mögen. Die Zeichnungen 1, 3 zu Tz. 1.134 kommen dem Flachdach bereits sehr nahe. Sie zeigen, dass auch nach der Konzeption des Richtliniengebers bei Flachdächern ein Dachraum fehlt, jedenfalls nicht durch eine unterhalb des Traufpunkts aufgehängte Decke gebildet werden kann. Es existiert ungeachtet der konkreten Dachform keinerlei Zeichnung, nach der ein zu allen Seiten durch die Außenwand des Gebäudes gebildeter Raum der Drittelregelung unterfiele und die einen Anknüpfungspunkt für eine ergänzende oder erweiternde Auslegung im Sinne der Klägerin bieten könnte.

Der zur Falsifizierung dieses Ergebnisses herangezogene Vergleich mit einem Pultdach trapezförmigen Querschnitts geht fehl. Das Trapez weist in seiner Standardform zwei nicht parallele Schenkel auf. Ein derartiges Dach verfügt einerseits über einen Flachdachbereich, andererseits über zwei Schrägen und unterscheidet sich so von einem ausschließlichen Flachdach. Wie die Kubatur innerhalb dieser Schrägen zu bewerten wäre, ist im Streitfall nicht zu entscheiden.

Aus dem BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 1244 ergibt sich nichts anderes. Der Bundesfinanzhof hatte in jenem Urteil über den Raum zwischen einer abgehängten Decke und einem geneigten Dach, nämlich einem Pultdach, zu entscheiden. Weder zu einem Flachdach noch im Übrigen zu einem allseitig von Gebäudeaußenwänden umschlossenen Raumteil hat sich der Bundesfinanzhof geäußert.

Im Übrigen entsprechen die in jenem Urteil aufgestellten Grundsätze dem Vorstehenden. Der BFH hatte u.a. ausgeführt, dass die Nichtbegehbarkeit einer Decke und ihr Zweck, Versorgungsleitungen aufzunehmen, nach Abschn. 37 Abs. 1 Satz 4 BewRGr nicht gegen die Annahme eines Dachraums spricht. Es ist gleichgültig, warum die Decke nicht begehbar ist. Es muss sich nicht um eine Staubdecke im bautechnischen Sinne handeln[7]. Dem Urteil ist jedoch umgekehrt keine Aussage der Art zu entnehmen, dass jegliche nicht begehbare Decke unterhalb des Dachs die untere Umfassung eines Dachraums bilde und so zur Anwendung der Drittelregelung führen müsse. Die ausdrückliche Bezugnahme auf Anlage 12 zu Abschn. 37 BewRGr[8] verdeutlicht vielmehr, dass eine Abweichung von den darin enthaltenen Spezifikationen nicht beabsichtigt ist.

Warum Abschn. 37 Abs. 1 Satz 4 BewRGr bei dieser Betrachtungsweise leerlaufen sollte, ist nicht erkennbar. Eine im tiefsten Schnittpunkt zwischen Gebäudewand und Dach oder noch darüberliegende Decke kann begehbar oder nicht begehbar sein. Die Richtlinie stellt insoweit die nicht begehbaren den begehbaren Decken gleich.

Die tatsächliche Nutzung des zwischen der abgehängten Decke und dem Flachdach gebildeten Raumvolumens ist nicht erheblich. Aus dem BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 1244 ergibt sich auch insoweit nichts anderes.

Die in Abschn. 37 Abs. 1 BewRGr enthaltene Typisierung für die Berechnung des umbauten Raums unterscheidet den ausgebauten von dem nicht ausgebauten Dachraum nach dem auf dem Ausbau beruhenden Grad der Raumnutzbarkeit[9]. Auch nach dieser Maßgabe muss jedoch zunächst ein Dachraum vorliegen. Liegt ein Dachraum vor, kommt es lediglich auf dessen typisierte Nutzbarkeit an, nicht auf die konkrete Nutzung.

Danach ist unerheblich, ob ein Raumteil von der Dachkonstruktion durchzogen ist. Dies bestätigt auch die Zeichnung 4 zu Tz. 1.134. Die Dachkonstruktion bildet für sich noch keinen abgrenzbaren Dachraum.

Unerheblich ist erst recht, wo sich die Versorgungsleitungen befinden und ob eine Zwischendecke dazu dient, diese aus dem Sichtfeld zu nehmen. Die Platzierung der Gebäudetechnik ist für die Einstufung eines Raums als Dachraum nicht maßgebend, zumal sie sich in vielen Gebäuden gerade nicht im Dachbereich befindet. Installationen unterhalb des Dachs sind ein Spezifikum bestimmter Gewerbeimmobilien, das im BewG und den BewRGr keinen Niederschlag gefunden hat. Schließlich ist die Vorstellung unzutreffend, die Versorgungsleitungen schränkten die Nutzbarkeit des Raums ein. Sie stellen vielmehr selbst eine Nutzung des Raums dar. Auch eine technische Nutzung ist eine Nutzung.

Dieses Ergebnis ist schließlich auch mit Blick darauf systemgerecht, dass Ausgangsgröße des Sachwertverfahrens nach § 85 Satz 1 BewG die durchschnittlichen Herstellungskosten sind. Zum einen spielen die tatsächlichen Herstellungskosten keine Rolle, so dass ein Kostenvergleich zwischen Flach- und Schrägdächern ins Leere geht. Zum anderen sind die Herstellungskosten des umbauten Raums nicht deshalb niedriger, weil zusätzlich eine abgehängte Decke eingezogen wurde, um technische Installationen zu verbergen. Die Klägerin vergleicht zu Unrecht die Herstellungskosten einer abgehängten Decke mit denen einer begehbaren Geschossdecke.

Inwieweit die Finanzverwaltung in anderen vergleichbaren Fällen die Drittelregelung anerkannt hat, entzieht sich der Kenntnis des Senats und ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auch nicht erheblich. Die Selbstbindung der Verwaltung bezieht sich auf die BewRGr einschließlich ihrer Anlagen, nicht hingegen auf Entscheidungen in Einzelfällen.

Nach diesen Maßstäben hat das im vorliegenden Supermarkt-Fall erstinstanzlich tätige Finanzgericht Hamburg zu Recht entschieden[10], dass der Raum zwischen den abgehängten Decken und dem Dach des Flachdachgebäudes voll anzurechnen ist; der Raum oberhalb der abgehängten Decke ist kein der Drittelregelung zugängliches Dachgeschoss, da die abgehängte Decke mangels Begehbarkeit kein Fußboden eines Geschosses ist. Dieser Raum unterliegt der Drittelregelung auch nicht als Dachraum. Er ist nur Dachraum, soweit sich oberhalb einer durch den Traufpunkt gezogenen Ebene noch Raum befindet, was eine zumindest geringe Neigung des Flachdachs voraussetzt, kann aber selbst in diesem Umfang nicht nach der Drittelregelung bewertet werden, weil die abgehängte Decke nicht durch den Traufpunkt, sondern darunter verläuft. Der Raum unterhalb der Ebene durch den Traufpunkt ist kein Dachraum. Weitere Parameter der Bewertung stehen nicht im Streit.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 14. Oktober 2020 – II R 27/18

  1. BVerfG, Urteil vom 10.04.2018  – 1 BvL 11/14 u.a., BVerfGE 148, 147[]
  2. vgl. BFH-Urteil vom 18.09.2019 – II R 15/16, BFHE 266, 57, Rz 16, m.w.N.[]
  3. vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 1244, Rz 10 f.[]
  4. FG Hamburg, Urteil vom 03.07.2018 – 3 K 236/17[]
  5. FG Köln, Urteil vom 22.06.2016 – 4 K 2198/10, EFG 2016, 1682, dort näher unter Rz 29-33[]
  6. ausdrücklich BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 1244, Rz 12-15[]
  7. BFH, Urteil in BFH/NV 2010, 1244, Rz 14[]
  8. so im BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 1244, Rz 15[]
  9. BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 1244, Rz 12 f.[]
  10. FG Hamburg, Urteil vom 03.07.2018 –  3 K 236/17[]

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