Die längerfristige Tätigkeit auf einer Baustelle – und die regelmäßige Arbeitsstätte

Eine auswärtige (Groß-)Baustelle ist keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, auch wenn sie der Arbeitnehmer fortdauernd und immer wieder aufsucht.

Die längerfristige Tätigkeit auf einer Baustelle – und die regelmäßige Arbeitsstätte

Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen und gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen Aufwands als Werbungskosten zu berücksichtigen. Erwerbsaufwendungen sind grundsätzlich auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Allerdings sind die Aufwendungen dafür nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung nur begrenzt nach Maßgabe einer Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Eine regelmäßige Arbeitsstätte kann nur eine ortsfeste, dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers sein, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder (dauerhaft) aufsucht. Regelmäßig handelt es sich dabei um den Betrieb des Arbeitgebers oder einen Zweigbetrieb, nicht aber um die Tätigkeitsstätte in einer betrieblichen Einrichtung des Kunden des Arbeitgebers[1].

Ist der Arbeitnehmer nicht an einer solchen dauerhaften betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers tätig, liegt regelmäßig eine Auswärtstätigkeit vor mit der Folge, dass die Kosten für beruflich veranlasste Fahrten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG uneingeschränkt zum Abzug zuzulassen sind.

Nach diesen Grundsätzen hatte der längerfrist auf einer Großbaustelle tätige Arbeitnehmer keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG.

Bauausführungen oder Montagen (§ 12 Satz 2 AO) sind keine regelmäßigen Arbeitsstätten i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Es handelt sich dabei um vorübergehende und nicht um dauerhafte Tätigkeitsstätten, auch wenn dort nach § 12 Satz 2 AO eine Betriebsstätte oder Geschäftseinrichtung des Arbeitgebers belegen sein sollte[2]. Dies gilt auch -wie vorliegend- für auswärtige (Groß-)Baustellen. Eine auswärtige Baustelle ist typisiert betrachtet kein dauerhafter, sondern nur ein vorübergehender -bis zur Fertigstellung des Bauvorhabens zeitlich begrenzter- Tätigkeitsort des Arbeitnehmers[3]. Welche infrastrukturellen Gegebenheiten der Arbeitgeber dort vorhält ist deshalb unerheblich. Ohne Bedeutung ist weiter, ob der Arbeitnehmer die Baustelle fortdauernd und immer wieder (dauerhaft) -u.U. für die gesamte Dauer seines (befristeten) Beschäftigungsverhältnisses- aufsucht. Denn eine auswärtige Tätigkeitsstätte -wie eine Baustelle[4]– wird nicht durch bloßen Zeitablauf zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG[5].

Bundesfinanzhof, Urteil vom 20. März 2014 – VI R 74/13

  1. z.B. BFH-Entscheidungen vom 10.07.2008 – VI R 21/07, BFHE 222, 391, BStBl II 2009, 818; vom 09.07.2009 – VI R 21/08, BFHE 225, 449, BStBl II 2009, 822; – VI R 42/08, BFH/NV 2009, 1806; vom 17.06.2010 – VI R 35/08, BFHE 230, 147, BStBl II 2010, 852; vom 19.01.2012 – VI R 23/11, BFHE 236, 351, BStBl II 2012, 472; vom 09.02.2012 – VI R 44/10, BFHE 236, 431, BStBl II 2013, 234; vom 18.09.2012 – VI R 65/11, BFH/NV 2013, 517; vom 17.06.2010 – VI R 20/09, BFHE 230, 533, BStBl II 2012, 32, zum weiträumigen Arbeitsgebiet[]
  2. s. BFH, Urteil vom 11.07.2013 – VI R 62/12, BFH/NV 2014, 147, m.w.N.[]
  3. vgl. Schmidt/Loschelder, EStG, 33. Aufl., § 9 Rz 116[]
  4. BFH, Urteil vom 11.05.2005 – VI R 70/03, BFHE 209, 508, BStBl II 2005, 785[]
  5. vgl. BFH, Urteile vom 08.08.2013 – VI R 72/12, BFHE 242, 358, BStBl II 2014, 68; und vom 24.09.2013 – VI R 51/12, BFH/NV 2014, 220; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Rz 288, 453[]