Beendigung einer Organschaft bei angeordneter Zwangsverwaltung

Die wirtschaftliche Eingliederung aufgrund der Vermietung eines Grundstücks, das die räumliche und funktionale Grundlage der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft bildet, entfällt, wenn für das Grundstück Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung angeordnet wird.

Beendigung einer Organschaft bei angeordneter Zwangsverwaltung

Die für eine Organschaft erforderliche organisatorische Eingliederung setzt voraus, dass die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Organgesellschaft durch den Organträger in der laufenden Geschäftsführung der Organgesellschaft wirklich wahrgenommen wird. Es kommt darauf an, dass der Organträger die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrscht oder aber zumindest nach den zwischen Organträger und Organgesellschaft bestehenden Beziehungen sichergestellt ist, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter nicht möglich ist[1]. Deshalb steht z.B. regelmäßig die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters der Annahme der organisatorischen Eingliederung nicht entgegen, wenn der Organträger weiterhin als Geschäftsführer der von der Insolvenz bedrohten Organgesellschaft tätig und die Verwaltungsbefugnis und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Organgesellschaft noch nicht auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergegangen ist[2].

Durch die Anordnung der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung des vom Organträger an die Organgesellschaft vermieteten Grundstücks ist die organisatorische Eingliederung im Streitfall nicht entfallen. Denn der Kläger war auch nach Anordnung der Zwangsverwaltung aufgrund seiner Stellung als einziger Geschäftsführer der T-GmbH weiterhin in der Lage, die Art und Weise der Geschäftsführung der T-GmbH zu beherrschen oder aber zumindest eine von seinem Willen abweichende Willensbildung bei der T-GmbH zu verhindern. Dass der Kläger als Eigentümer des Grundstücks aufgrund der Zwangsverwaltung die Möglichkeit verloren hat, Entscheidungen hinsichtlich des an die Organgesellschaft vermieteten Grundbesitzes zu treffen, ist daher für die organisatorische Eingliederung der T-GmbH unbeachtlich.

Im Streitfall fehlt es nach Ansicht des Bundesfinanzhofs aber an der wirtschaftlichen Eingliederung der T-GmbH in das Unternehmen des Klägers:

Treten zwei Eingliederungsmerkmale –wie im Streitfall die finanzielle und die organisatorische Eingliederung– deutlich hervor, so steht es der Annahme einer Organschaft nicht entgegen, wenn das dritte Eingliederungsmerkmal weniger stark ausgeprägt ist[3].

Für die wirtschaftliche Eingliederung genügt es, dass zwischen der Organgesellschaft und dem Unternehmen des Organträgers ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung vorhanden ist. Die Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft müssen lediglich aufeinander abgestimmt sein und sich dabei fördern und ergänzen[4]. Hierfür reicht das Bestehen von mehr als nur unerheblichen Beziehungen zwischen Organträger und Organgesellschaft aus; insbesondere braucht die Organgesellschaft nicht wirtschaftlich vom Organträger abhängig zu sein[5]. In Betracht kommt dabei neben Lieferungen von Waren auch das Erbringen sonstiger Leistungen[6]. So genügt z.B. die Vermietung eines Betriebsgrundstücks, wenn dieses für die Organgesellschaft von nicht nur geringer Bedeutung ist, weil es die räumliche und funktionale Grundlage der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft bildet[7].

Diese Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Eingliederung lagen im Streitfall bis zur Anordnung der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung mit Beschlüssen vom 13. Januar 1998 zunächst vor. Der BFH kann offenlassen, ob –wie das erstinstanzlich mit dem Rechtsstreit befasste Finanzgericht Baden-Württemberg meint– bereits die Anordnung der Zwangsverwaltung über das der Organgesellschaft überlassene Grundstück das Ende der Organschaft bewirkt hat. Denn aufgrund der gleichzeitigen Anordnung der Zwangsversteigerung stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest, dass das Grundstück in Zukunft nicht mehr dauerhaft für Zwecke der Organgesellschaft zur Verfügung stehen und deren Tätigkeit nicht mehr fördern konnte. Das genügt.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 29. Januar 2009 – V R 67/07

  1. BFH-Urteile vom 5. Dezember 2007 V R 26/06, BFHE 219, 463, BStBl II 2008, 451, und vom 3. April 2008 V R 76/05, BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905[]
  2. BFH-Beschluss vom 13. Juni 2007 V B 47/06, BFH/NV 2007, 1936, m.w.N.[]
  3. BFH-Urteile vom 29. Oktober 2008 XI R 74/07, BStBl II 2009, 256; vom 1. April 2004 V R 24/03, BFHE 204, 520, BStBl II 2004, 905; vom 3. April 2003 V R 63/01, BFHE 202, 79, BStBl II 2004, 434; vom 17. Januar 2002 V R 37/00, BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373; in BFHE 197, 319, BStBl II 2002, 167; vom 16. August 2001 V R 34/01, BFH/NV 2002, 223[]
  4. vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25. Juni 1998 V R 76/97, BFH/NV 1998, 1534; in BFHE 202, 79, BStBl II 2004, 434[]
  5. BFH-Urteil in BFHE 202, 79, BStBl II 2004, 434, m.w.N[]
  6. vgl. BFH-Urteil in BFHE 202, 79, BStBl II 2004, 434, m.w.N.[]
  7. BFH-Urteile in BFHE 202, 79, BStBl II 2004, 434; in BFH/NV 2002, 223; BFH-Beschluss vom 25. April 2002 V B 128/01, BFH/NV 2002, 1058, m.w.N.[]