Umsatzsteuerliche Pauschalregelung für Landwirte – und die Grenzen der Typisierung

§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UStG setzen unter Berücksichtigung von Art. 295 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL voraus, dass es sich um eine Leistung handelt, bei der jedenfalls typisierend davon auszugehen ist, dass ihre Erbringung zu einer (entsprechenden) Mehrwertsteuer-Vorbelastung führt oder zumindest führen kann.

Umsatzsteuerliche Pauschalregelung für Landwirte – und die Grenzen der Typisierung

§ 24 Abs. 1 Satz 1 UStG erfasst „die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze“. Unionsrechtlich ist bei der Auslegung dieser Vorschrift im Streitfall Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL (zuvor Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG) zu berücksichtigen. Danach handelt es sich bei den landwirtschaftlichen Dienstleistungen um solche, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte oder der normalen Ausrüstung seines land, forst- oder fischwirtschaftlichen Betriebs erbracht werden und die normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen.

Damit die Dienstleistung von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte erbracht wird, muss es sich um eine Arbeitskraft handeln, die auch im landwirtschaftlichen Betrieb eingesetzt ist. Dabei kann es sich auch um den Betriebsinhaber handeln. Wird die Arbeitskraft nahezu vollständig außerhalb des landwirtschaftlichen Betriebs eingesetzt, fehlt es hieran, so dass bei richtlinienkonformer Auslegung von § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG auch keine Leistung im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des Leistenden erbracht wird.

Bei der Prüfung, ob eine landwirtschaftliche Dienstleistung vorliegt, ist auch der Normzweck des § 24 Abs. 1 UStG zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung von Art. 295 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL dient die Regelung dazu, dass die Pauschallandwirte einen „pauschalen Ausgleich der Mehrwertsteuer-Vorbelastung erlangen“. Die im Streitfall anzuwendenden Regelungen in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UStG, nach denen davon auszugehen ist, dass die Mehrwertsteuer-Vorbelastung der Steuer auf die Ausgangsleistung des Pauschallandwirts exakt entspricht, ist daher dahingehend auszulegen, dass es sich bei der § 24 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegenden Leistung um eine Leistung handeln muss, bei der jedenfalls typisierend davon auszugehen ist, dass ihre Erbringung zu einer (entsprechenden) Mehrwertsteuer-Vorbelastung führt oder zumindest führen kann. Jede andere Auslegung würde zu einer umsatzsteuerrechtlichen Bereicherung des Pauschallandwirts führen, die mit dem Charakter der Umsatzsteuer als Verbrauchsteuer nach Art. 1 MwStSystRL nicht vereinbar ist.

Danach hat der Bundesfinanzhof in dem hier entschiedenen Streitfall das Urteil des Finanzgerichts aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen. Das Finanzgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger die Leistungen im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs und damit mit Hilfe seines landwirtschaftlichen Betriebs erbracht hat.

Für den Streitfall ist zu berücksichtigen, dass die Finanzverwaltung zu Recht davon ausgeht, dass eine landwirtschaftliche Dienstleistung nicht unter Verwendung von Wirtschaftsgütern erfolgen kann, die ausschließlich zur Erbringung von sonstigen Leistungen an Dritte vorgehalten werden (Abschn. 24.3 Abs. 4 Satz 3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses). Dies gilt für den Einsatz von Arbeitskräften wie für den Einsatz der eigenen Arbeitskraft des Einzelunternehmers.

Daher hat das Finanzgericht zu Unrecht angenommen, dass die eigene Arbeitskraft des Einzelunternehmers (stets) die erforderliche Zugehörigkeit zum landwirtschaftlichen Betrieb aufweist. Dies ist vielmehr für den jeweiligen Einzelfall zu prüfen.

Die Sache ist nicht spruchreif. Im zweiten Rechtsgang wird das Finanzgericht zu prüfen haben, ob im Hinblick auf den Umfang der klägerischen Arbeitstätigkeit für den Vater noch von einer Zuordnung seiner Arbeitskraft zu seinem landwirtschaftlichen Betrieb ausgegangen werden kann. Dies erscheint im Hinblick auf den zeitlichen Umfang der an den Vater erbrachten Leistungen von bis zu 280 Stunden monatlich und die Durchführung der Arbeiten im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers durch Lohnunternehmen fraglich.

Dabei wird das Finanzgericht auch zu berücksichtigen haben, dass die Verwendung der eigenen Arbeitskraft des Einzelunternehmers eine Vorsteuerbelastung auslösen kann, die die Anwendung von § 24 Abs. 1 UStG auch unter Berücksichtigung seines Normzwecks rechtfertigt.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 24. August 2017 – V R 8/17