Schuldzinsen fürs Gesellschafterdarlehn

Schuldzinsen einer Personengesellschaft für ein Darlehen ihres Gesellschafters fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4a EStG.

Schuldzinsen fürs Gesellschafterdarlehn

Die einer Personengesellschaft entstandenen Schuldzinsen für ein Darlehen des Gesellschafters sind im Rahmen der Hinzurechnung gemäß § 4 Abs. 4a EStG nicht zu berücksichtigen, soweit sie zugleich als Sondervergütung behandelt worden sind. Dies gilt auch dann, wenn der Gesellschafter, der der Personengesellschaft ein Darlehen gewährt, an dieser nicht unmittelbar, sondern mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt ist. Die Sondervergütungen, die ein mittelbar über eine Obergesellschaft beteiligter Gesellschafter von der Untergesellschaft erhält, werden bei der Gewinnermittlung der Untergesellschaft erfasst.

Schuldzinsen sind nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen (§ 4 Abs. 4a Satz 2 EStG). Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden nach Satz 4 der Vorschrift (Satz 3 nach der Änderung durch das Steueränderungsgesetz 2001 vom 20.12 2001, BGBl I 2001, 3794) typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben, ermittelt.

Die als Zinsaufwand im Konzern gebuchten Beträge stellen Schuldzinsen dar. Schuldzinsen sind alle laufenden und einmaligen Gegenleistungen in Geld oder Geldeswert für die zeitlich begrenzte Überlassung von Fremdkapital, sowie alle Aufwendungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung des Vorgangs als Vergütung für die Überlassung von Kapital angesehen werden können[1]. I))m vorliegenden Fall sind die am Tagesende auf dem Kontokorrentkonto der Tochtergesellschaft bei der – C-Bank bestehenden Guthaben zur Muttergesellschaft umgebucht und Schuldsalden von der Muttergesellschaft ausgeglichen worden. Für die Übernahme der Schuldsalden sind der Tochtergesellschaft fremdübliche Zinsen in Rechnung gestellt worden. Im Ergebnis hat die Muttergesellschaft der Tochtergesellschaft daher im Umfang der jeweils übernommenen Schuldsalden ein verzinsliches Darlehen eingeräumt. Die von der Tochtergesellschaft für die Kapitalüberlassung getätigten Aufwendungen sind deshalb Schuldzinsen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG.

Die von einer Personengesellschaft getätigten Schuldzinsen für ein Darlehen des Gesellschafters an die Gesellschaft sind im Rahmen der Hinzurechnung gemäß § 4 Abs. 4a EStG nicht zu berücksichtigen.

Nach Sinn und Zweck des § 4 Abs. 4a EStG ist der Betriebsausgabenabzug betrieblich veranlasster Schuldzinsen teilweise rückgängig zu machen, soweit der betriebliche Zinsaufwand durch Überentnahmen und damit durch außerbetriebliche Vorgänge veranlasst ist. Die Beschränkung des Abzugs betrieblich veranlasster Schuldzinsen setzt deshalb denknotwendig voraus, dass die Schuldzinsen tatsächlich auch gewinnwirksam (aufwandswirksam) bei der steuerlichen Gewinnermittlung berücksichtigt worden sind. Die an die Muttergesellschaft gezahlten Schuldzinsen haben sich im Streitfall aber nicht erfolgswirksam bei der Gewinnermittlung der Tochtergesellschaft ausgewirkt.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist. In die Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft sind gemäß § 4 Abs. 1 EStG auch die (positiven und negativen) Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens sowie die Sonderbetriebseinnahmen, insbesondere die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG), und die Sonderbetriebsausgaben einzubeziehen[2].

An die Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG ist auch im Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4a EStG anzuknüpfen. Entsprechend hat der BFH entschieden, dass bei der Bestimmung der Überentnahme gemäß § 4 Abs. 4a EStG bei einem von einer Personengesellschaft betriebenen Unternehmen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) neben Veränderungen der Ergänzungsbilanzen auch die im Sonderbetriebsvermögen erzielten Gewinne (Sonderbetriebseinnahmen abzüglich Sonderbetriebsausgaben, z.B. wegen Schuldzinsen) sowie die diesen Vermögensbereich betreffenden Einlagen und Entnahmen zu berücksichtigen sind[3].

Ausgehend von diesen Grundsätzen sind Schuldzinsen bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages gemäß § 4 Abs. 4a EStG nicht zu berücksichtigen, soweit die Gewinnauswirkung im Gesamthandsvermögen (Gesellschaftsbilanz) durch die Hinzurechnung der Schuldzinsen als Sondervergütung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG wieder neutralisiert worden ist[4].

Diese Rechtsprechung gilt gleichermaßen, wenn der Gesellschafter nicht unmittelbar, sondern mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften an einer Personengesellschaft beteiligt ist.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG steht der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaft anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind. Diese Regelung ist nach ständiger Rechtsprechung im Wege einer teleologischen Reduktion des Wortlauts des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG dahin zu verstehen, dass der mittelbare Gesellschafter einem unmittelbaren Gesellschafter nur in Bezug auf Tätigkeits- und Nutzungsvergütungen sowie Sonderbetriebsvermögen gleichgestellt wird[5].

Ausgehend von diesen Grundsätzen waren die von der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft gezahlten Schuldzinsen nicht in die Berechnung des Hinzurechnungsbetrages gemäß § 4 Abs. 4a EStG einzubeziehen.

Nach den Feststellungen des Finanzgericht war die Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft über mehrere zwischengeschaltete Personengesellschaften mittelbar zu 100 % beteiligt. Die Muttergesellschaft war daher hinsichtlich der ausgereichten Darlehen wie ein unmittelbar an der Tochtergesellschaft beteiligter Gesellschafter anzusehen. Die Darlehen waren deshalb Sonderbetriebsvermögen der Muttergesellschaft bei der Tochtergesellschaft. Ebenso stellten die für die Hingabe der Darlehen erhaltenen Schuldzinsen Sondervergütungen der Muttergesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 EStG dar.

Die Darlehenszinsen waren auch bei der Gewinnermittlung der Tochtergesellschaft gewinnwirksam zu berücksichtigen. Das Feststellungsverfahren bei doppelstöckigen bzw. mehrstöckigen Personengesellschaften ist zwei- bzw. mehrstufig. Es sind für jede Personengesellschaft (Ober– und Untergesellschaft(en) ) gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellungen durchzuführen. Über Sonderbetriebsvermögen eines unmittelbar beteiligten Gesellschafters ist im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung bei der Gesellschaft zu entscheiden, bei der dieses Sonderbetriebsvermögen besteht. Gleiches gilt für den mittelbar über eine Obergesellschaft beteiligten Gesellschafter, soweit er hinsichtlich der Sondervergütungen, die er von der Untergesellschaft erhalten hat, einem unmittelbar an der Untergesellschaft beteiligten Gesellschafter gleichgestellt wird. Diese Sondervergütungen werden auf Grund der Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG nicht erst bei der Gewinnermittlung der Obergesellschaft(en), sondern bereits bei der Gewinnermittlung der Untergesellschaft erfasst[6].

Bei zutreffender Erfassung der an die Muttergesellschaft gezahlten Schuldzinsen in den hier streitgegenständlichen Gewinnfeststellungsbescheiden der Tochtergesellschaft hätten die Schuldzinsen zwar den Steuerbilanzgewinn der Tochtergesellschaft gemindert, die Gewinnminderung wäre aber durch die Hinzurechnung der Zinseinnahmen als Sondervergütung der Muttergesellschaft gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 EStG wieder neutralisiert worden.

Die an die Muttergesellschaft geleisteten Schuldzinsen sind nicht deshalb in die Ermittlung der Schuldzinsen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG einzubeziehen, weil sie – im vorliegenden Streitfall – fehlerhaft nicht als Sondervergütungen der Muttergesellschaft bei der Tochtergesellschaft erfasst worden sind. Für die Einbeziehung bzw. Nichteinbeziehung der Schuldzinsen in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4a EStG kommt es ausschließlich darauf an, ob diese bei zutreffender steuerlicher Würdigung als Sondervergütungen der Muttergesellschaft im Rahmen der Gewinnermittlung der Tochtergesellschaft zu berücksichtigen gewesen wären.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 12. Februar 2014 – IV R 22/10

  1. BFH, Urteile vom 06.07.1973 – VI R 379/70, BFHE 110, 336, BStBl II 1973, 868; und vom 22.09.2005 – IX R 44/03, BFH/NV 2006, 279[]
  2. vgl. BFH, Beschluss vom 03.05.1993 – GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C.III. 6.a bb der Gründe[]
  3. BFH, Urteil vom 29.03.2007 – IV R 72/02, BFHE 217, 514, BStBl II 2008, 420[]
  4. ebenso BMF, Schreiben vom 07.05.2008 – IV B 2-S 2144/07/0001, 2008/0201374, BStBl I 2008, 588, unter VI 2.01. Gewinnermittlung der Personengesellschaft[]
  5. BFH, Urteile vom 06.09.2000 – IV R 69/99, BFHE 193, 151, BStBl II 2001, 731; und vom 22.01.2009 – IV R 90/05, BFHE 224, 364[]
  6. FG Düsseldorf, Urteil vom 04.07.2012 – 9 K 3955/09 F, DStRE 2013, 647; Ley, Kölner Steuerdialog 2010, Nr. 10, 17148, 17154; Rätke in Hermann/Heuer/Raupach, § 15 EStG Rz 631, m.w.N.; Reiß in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 15 Rz 348[]