Abzinsung einer Darlehensforderung

Als nicht abnutzbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens war die Darlehensforderung der Klägerin gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG i.V. mit § 8 Abs. 1 KStG, § 7 Satz 1 GewStG grundsätzlich mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Bei originär in der Person des Steuerpflichtigen durch Vertrag oder Gesetz entstehenden Forderungen gilt der Nennwert als Anschaffungskosten. Dies gilt auch bei fehlender oder niedriger Verzinsung[1].

Abzinsung einer Darlehensforderung

Die Darlehensforderung konnte auch nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG i.V. mit § 8 Abs. 1 KStG, § 7 Satz 1 GewStG mit einem niedrigeren Teilwert angesetzt werden. Voraussetzung für eine Bewertung mit dem niedrigeren Teilwert (sog. Teilwertabschreibung) ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG, dass der Teilwert des entsprechenden Wirtschaftsguts unter dem nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG anzusetzenden Wert liegt und dass dies auf einer voraussichtlich dauernden Wertminderung beruht. Im Streitfall fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung. Der Teilwert der Darlehensforderung lag zu den streitigen Stichtagen nicht unter ihrem als Anschaffungskosten anzusetzenden Nennwert. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 i.V.m. Nr. 1 Satz 3 EStG ist der Teilwert der Betrag, den ein (gedachter) Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Im Streitfall hätte ein gedachter Erwerber des ganzen Betriebs die Darlehensforderung trotz ihrer Unverzinslichkeit mit dem Nennwert vergütet.

Grundsätzlich ist der Teilwert einer unverzinslichen oder niedrig verzinslichen Forderung zu einem vor ihrer Fälligkeit liegenden Zeitpunkt niedriger als ihr Nennwert, da ein gedachter Erwerber für eine solche Forderung weniger bezahlen würde als für eine verzinsliche Forderung[2]. Bezahlen würde er im Grundsatz den durch Abzinsung auf die Laufzeit der Forderung zu ermittelnden Barwert. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Die Rechtsprechung hat für verschiedene Fallgruppen angenommen, dass die Unverzinslichkeit einer Forderung nicht zu einer Minderung ihres Teilwerts führt. So rechtfertigt die (nominale) Unverzinslichkeit einer Forderung jedenfalls dann nicht die Annahme eines niedrigeren Teilwerts, wenn diese dadurch ausgeglichen wird, dass die Forderung mit besonderen Vorteilen ausgestattet ist, welche nach dem Inhalt des Vertrages oder nach den Vorstellungen beider Vertragsteile eine Gegenleistung für die Gewährung des Darlehens darstellen. Eine solche konkrete anderweitige Gegenleistung tritt in diesem Fall an die Stelle der Zinszahlung[3].

Im hier vom Finanzgericht Düsseldorf entschiedenen Streitfall beruht die Unverzinslichkeit des Mieterdarlehens der Klägerin darauf, dass „SGmbH“ als Darlehensnehmerin im Gegenzug entsprechend geminderte Mietforderungen zustanden. Diese in § 4 Nr. 3 a und b)) des Leasingvertrags vom 09.09.2002 getroffene Vereinbarung ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wurde vom Prozessbevollmächtigen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung noch einmal ausdrücklich bestätigt. Demnach standen der nominalen Unverzinslichkeit des Mieterdarlehens anderweitige Gegenleistungen gegenüber, aufgrund derer ein (gedachter) Erwerber des Betriebs der Klägerin das Mieterdarlehen nicht mit einem abgezinsten Barwert, sondern mit dem Nennwert vergütet hätte.

Entgegen der Auffassung der Klägerin war auch die Berücksichtigung „fiktiv“ höherer Mietzahlungen als Aufwand anstelle der geltend gemachten Abzinszungsbeträge unzulässig. Der Besteuerung ist nämlich der verwirklichte, nicht hingegen ein gedachter (fiktiver) Sachverhalt zugrunde zu legen ((vgl. BFH, Beschluss v. 08.12.1997, – GrS 12/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193; BFH, Urteil v. 16.04.2002 – IX R 65/98, BFH/NV 2002, 1154 (tats. Verwendung von Darlehensmitteln); BFH, Beschluss v. 13.06.2002 – IX B 215/01, BFH/NV 2002, 1159 (tats. Verwendung von Darlehensmitteln). Insoweit ist unstreitig, dass die Klägerin keine höheren Mietzahlungen als die schon bislang berücksichtigten aufgewandt hat.

Das Finanzgericht Düsseldorf verkennt nicht, dass die Vertragsparteien durch eine Verzinslichkeit des Darlehens gegen entsprechend höhere Mietzahlungen ein wirtschaftlich vergleichbares Ergebnis hätten erreichen können. Einen Grundsatz dergestalt, dass alle wirtschaftlich vergleichbaren Sachverhalte eine gleiche steuerliche Belastung zur Folge haben, gibt es jedoch nicht. Vielmehr steht es den Beteiligten – innerhalb der Grenzen des § 42 AO – frei, ihre Rechtsbeziehungen zu gestalten, mit den sich daraus ergebenden – ggf. unterschiedlichen/meist aus Sicht der Steuerpflichtigen günstigeren – steuerlichen Folgen (Grundsatz der Privatautonomie). Die Tatsache, dass die Vertragsparteien – aus steuerlicher Sicht für die Klägerin – günstigere Vereinbarungen hätten treffen können, rechtfertigt jedenfalls keine andere Beurteilung.

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 7. Dezember 2011 – 15 K 4582/09 G

  1. BFH, Urteil v. 30.11.1988 – I R 114/84, BFHE 155, 337, BStBl II 1990, 117 und Finanzgericht Münster, Urteil v. 11.04.2011 9 K 209/08, StE 2011, 421 m. w. N.[]
  2. vgl. BFH, Urteil vom 24.10.2006 – I R 2/06, BFHE 215, 230, BStBl II 2007, 469[]
  3. verdeckte Verzinsung, vgl. BFH, Urteile v. 09.07.1981 – IV R 35/78, BFHE 133, 543, BStBl II 1981, 543 und v. 24.10.2006 – I R 2/06, BFHE 215, 230, BStBl II 2007, 469; Finanzgericht Münster, Urteil v. 11.04.2011 9 K 209/08, StE 2011, 421; Kulosa in Schmidt, EStG, 30. Auflage (2011), § 6 Rn. 291 ff., 298 Ehmcke in Blümich, EStG, § 6 Rn. 880 ff., 890[]