Grundsatzrevision – und die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde

Wird die Beschwerde mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet, hat der Beschwerdeführer zur Erfüllung der Darlegungsanforderungen eine hinreichend bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll.

Grundsatzrevision – und die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde

Hierzu ist schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen darzulegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist[1].

Insbesondere sind Ausführungen dazu erforderlich, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist[2].

Allein der Vortrag, dass zu einer bestimmten Rechtsfrage noch keine Entscheidung des BFH vorliegt, rechtfertigt noch nicht die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung[3].

Diesen Darlegungsanforderungen genügte die Beschwerde im hier entschiedenen Fall nicht. Die -weitgehend im Stile einer Revisionsbegründung- abgefasste Beschwerdebegründung enthält bereits keine abstrakte Rechtsfrage, sondern Ausführungen dazu, warum das finanzgerichtliche Urteil falsch sei. Die Klägerin hält im Kern die Rechtsauffassung des Finanzgericht für falsch und stellt die materielle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung in Frage. Dies vermag die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht zu rechtfertigen[4].

Offensichtlich grundsätzliche Bedeutung

Die hier entschiedene Rechtssache hat auch nicht offensichtlich eine grundsätzliche Bedeutung.

Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs von Darlegungen zur grundsätzlichen Bedeutung abgesehen werden, wenn die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache offenkundig ist[5]. Offenkundigkeit wird angenommen, wenn eine Rechtsfrage seit längerer Zeit in der Literatur kontrovers diskutiert; vom BFH noch nicht geklärt und für eine Vielzahl von Steuerpflichtigen von Bedeutung ist[6]. Aber auch bei offenkundiger grundsätzlicher Bedeutung ist zu fordern, dass der Beschwerdeführer die Rechtsfrage bezeichnet, die der Klärung bedarf[7].

Hieran fehlt es jedoch im Streitfall. Die Klägerin hat bereits keine abstrakte Rechtsfrage aufgeworfen. Außerdem wird eine solche abstrakte Rechtsfrage in der Literatur nicht kontrovers diskutiert.

Zulassung zur Rechtsfortbildung

Da das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) ein Unterfall des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung ist, kommt die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts aus denselben Gründen nicht in Frage[8].

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29. April 2020 – XI B 113/19

  1. vgl. BFH, Beschluss vom 26.09.2017 – XI B 65/17, BFH/NV 2018, 240, Rz 12 f., m.w.N.[]
  2. vgl. BFH, Beschluss vom 01.03.2016 – XI B 51/15, BFH/NV 2016, 957, Rz 8, m.w.N.[]
  3. vgl. BFH, Beschluss vom 12.06.2019 – XI B 71/18, BFH/NV 2019, 1329, Rz 6, m.w.N.[]
  4. vgl. allgemein BFH, Beschlüsse vom 12.10.2018 – XI B 65/18, BFH/NV 2019, 129, Rz 16; vom 13.03.2019 – XI B 97/18, BFH/NV 2019, 711, Rz 9, s. auch unten unter II. 3.b[]
  5. vgl. BFH, Beschluss vom 09.05.1988 – IV B 35/87, BFHE 153, 378, BStBl II 1988, 725, Rz 11; vom 19.10.1993 – VII B 154/93, BFH/NV 1994, 835, Rz 9; vom 14.06.1996 – X B 197/95, BFH/NV 1996, 840, Rz 2; vom 02.11.2004 – X B 59/04, BFH/NV 2005, 209, Rz 19; vom 29.08.2007 – IV B 51/06 Rz 1; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 116 Rz 27[]
  6. vgl. BFH, Beschlüsse vom 17.06.1997 – VIII B 72/96, BFH/NV 1997, 882, Rz 5; vom 15.05.2007 – IX B 166/06 Rz 7; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 116 FGO Rz 174[]
  7. vgl. BFH, Beschlüsse vom 30.11.1994 – IX B 94/94 Rz 2; vom 01.03.2007 – VI B 92/06, BFH/NV 2007, 1172, Rz 3[]
  8. vgl. allgemein BFH, Beschlüsse vom 11.12.2014 – XI B 49/14, BFH/NV 2015, 363, Rz 12; vom 24.07.2017 – XI B 37/17, BFH/NV 2017, 1635, Rz 16[]