Bei der Lieferung von Strom, den der Vermieter von Wohnraum über eine Photovoltaikanlage selbst erzeugt und an seine Mieter gegen Entgelt abgibt, handelt es sich nicht um eine unselbständige Nebenleistung der umsatzsteuerfreien (langfristigen) Vermietung von Wohnraum, sondern um eine selbständige umsatzsteuerpflichtige Leistung, die zum Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen berechtigt, da kraft Gesetzes für den Mieter die Möglichkeit besteht, den Stromanbieter frei zu wählen, und die Stromlieferung getrennt und nach individuellem Verbrauch abgerechnet wird[1].
In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall vermietet der klagende Eigentümer ein Mehrfamilienhaus und ein Doppelhaus. Die Vermietung erfolgt umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG. Der Vermieter hat auf beiden Objekten im Dezember 2018 jeweils eine Photovoltaikanlage einschließlich eines Batteriespeichers (Photovoltaikanlage) installieren lassen. Die Kosten beliefen sich auf insgesamt … € zuzüglich … € Umsatzsteuer. Für beide Photovoltaikanlagen wurden jeweils zwei Messungen verbaut. Die erste Messung erfasst die Gesamtproduktion des Stroms. Der erzeugte Strom, der direkt über den Batteriespeicher an die Mieter fließt, läuft über eine entsprechende Messung. Der überschüssige Strom wird an die N-GmbH geliefert. Der gegebenenfalls von den Mietern zusätzlich benötigte Strom (Reststrom) wird im Namen und im Auftrag des Vermieters über die E-GmbH beziehungsweise G-AG bezogen und mit einem Gewinnaufschlag an die Mieter abgegeben. er Vermieter rechnet mit den Mietern, die für den Strom einen monatlichen Abschlag zu entrichten haben, jährlich über einen Gemeinschaftszähler im jeweiligen Haus und entsprechende Unterzähler nach der jeweiligen Verbrauchsmenge ab. Er hat mit den Mietern -zeitlich und inhaltlich unabhängig von den jeweiligen Mietverträgen- eine „Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag über Stromversorgung“ (Zusatzvereinbarung) geschlossen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 der Zusatzvereinbarung kann der Stromlieferungsvertrag mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende gekündigt werden. Außerdem ist in § 2 Abs. 2 Satz 2 der Zusatzvereinbarung geregelt, dass der Mieter für den Fall, dass er nach der Kündigung anderweitig den Strom beziehe, die Kosten der Umbaumaßnahmen der Zähleranlage zu tragen habe. Nach einem vom Vermieter im Klageverfahren vorgelegten Angebot eines Versorgungstechnikers belaufen sich diese Umrüstungskosten auf … €. In den Mietverträgen ist im Übrigen bestimmt, dass bauliche Veränderungen am Mietobjekt der Zustimmung des Vermieters bedürfen. Der Arbeitspreis je Kilowattstunde ist marktüblich.
In seiner Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat Dezember 2018 machte der Vermieter, der die Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG) berechnete Vorsteuer geltend. Darin war auch Vorsteuer aus der Anschaffung der Photovoltaikanlagen enthalten. Das Finanzamt ließ diese Vorsteuer nicht zum Abzug zu und nahm an, bei der Stromlieferung des Vermieters an die Mieter handele es sich jeweils um eine unselbständige Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Wohnraumvermietung. Den hiergegen eingelegten Einspruch des Vermieters wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Der daraufhin erhobenen Klage gab das Niedersächsische Finanzgericht statt[2]. Der Vermieter habe die Lieferungen des Stroms an seine Mieter über individuelle Zähler nach Verbrauch abgerechnet. Dafür spreche auch, dass der Vermieter mit seinen Mietern individuelle Zusatzvereinbarungen über die Stromlieferung abgeschlossen habe, in denen auch vom Mietvertrag abweichende Kündigungsmöglichkeiten des Stromlieferungsvertrags vorgesehen seien.
Die hiergegen gerichtete Revision des Finanzamtes hat der Bundesfinanzhof als unbegründet zurückgewiesen; das Niedersächsische Finanzgericht habe zu Recht dahin erkannt, dass die Lieferung von Mieterstrom an Wohnungsmieter eine selbständige Hauptleistung neben der steuerfreien Vermietungsleistung sie, sodass die Umsatzsteuer aus der Anschaffung der Photovoltaikanlagen als Vorsteuer abziehbar sei. Die Vorentscheidung erweise sich danach als zutreffend:
Das Finanzgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Lieferungen von Mieterstrom um selbständige Hauptleistungen handelt, die -mangels Vorliegens unselbständiger Nebenleistungen- nicht das Schicksal der umsatzsteuerfreien Vermietungsleistung teilen.
Nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der Bundesfinanzhof angeschlossen hat, ist bei einem Umsatz, der verschiedene Einzelleistungen und Handlungen umfasst, eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, um zu bestimmen, ob dieser Umsatz für Zwecke der Mehrwertsteuer zwei oder mehr getrennte Leistungen oder eine einheitliche Leistung umfasst[3].
Jeder Umsatz ist zwar im Hinblick auf die Mehrwertsteuer in der Regel als eigenständige und selbständige Leistung zu betrachten; ein Umsatz, der eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darstellt, darf aber im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn mehrere Einzelleistungen oder Handlungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre[4]. Das ist namentlich dann der Fall, wenn ein Teil oder mehrere Teile als Hauptleistung anzusehen sind, während andere Teile als eine oder mehrere Nebenleistungen einzustufen sind, die steuerlich ebenso zu behandeln sind wie die Hauptleistung. Insbesondere ist eine Leistung als Nebenleistung einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kunden keinen eigenen Zweck darstellt, sondern das Mittel, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen[5]. Zur Klärung der Frage, ob die erbrachten Leistungen mehrere voneinander unabhängige Leistungen oder eine einheitliche Leistung darstellen, sind die charakteristischen Merkmale des betreffenden Umsatzes zu ermitteln[6].
In diesem Zusammenhang sind hinsichtlich der Vermietung von Immobilien zwei Fallgruppen zu unterscheiden[7].
Für den Fall, dass der Mieter über die Möglichkeit verfügt, die Lieferanten und/oder die Nutzungsmodalitäten der in Rede stehenden Gegenstände oder Dienstleistungen auszuwählen, können die Leistungen, die sich auf diese Gegenstände oder Dienstleistungen beziehen, grundsätzlich als von der Vermietung getrennt angesehen werden. Insbesondere wenn der Mieter über seinen Verbrauch von Leistungen, die in Abhängigkeit des Verbrauchs abgerechnet werden können, entscheiden kann, können die Leistungen, die sich auf diese Gegenstände oder Dienstleistungen beziehen, grundsätzlich als von der Vermietung getrennt angesehen werden. Bei Dienstleistungen wie der Reinigung der Gemeinschaftsräume eines im Miteigentum stehenden Gebäudes sind diese als von der Vermietung getrennt anzusehen, wenn sie von jedem Mieter einzeln oder von den Mietern gemeinsam organisiert werden können und wenn die an den Mieter versandten Rechnungen die Lieferung dieser Gegenstände und Dienstleistungen getrennt von der Miete ausweisen[8].
Für den Fall, dass die Vermietung eines Gebäudes in wirtschaftlicher Hinsicht offensichtlich mit den begleitenden Leistungen objektiv eine Gesamtheit bildet, kann demgegenüber davon ausgegangen werden, dass Letztere mit der Vermietung eine einheitliche Leistung bilden. Das kann unter anderem bei der Vermietung von Immobilien für kurze Zeiträume, insbesondere für die Ferienzeit oder aus beruflichen Gründen, die mit diesen Leistungen angeboten wird, ohne dass diese davon getrennt werden können, der Fall sein[9].
Ausgehend davon hat der Bundesfinanzhof angenommen, dass die den Mietnebenkosten zugrunde liegenden Leistungen wie die Zurverfügungstellung von Wasser, Elektrizität oder Wärme, über deren Verbrauch der Mieter entscheiden kann und die durch die Anbringung von individuellen Zählern kontrolliert und in Abhängigkeit des Verbrauchs abgerechnet werden, grundsätzlich als von der Vermietung getrennt anzusehen sind[10].
Ob die betreffende Leistung unter den Umständen des konkreten Falles eine einheitliche Leistung darstellt, haben im Rahmen der mit Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union errichteten Zusammenarbeit die nationalen Gerichte festzustellen, die dazu alle endgültigen Tatsachenbeurteilungen vorzunehmen haben[11].
Gemessen daran hat das Finanzgericht, das von den vorgenannten Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, zu Recht angenommen, dass hinsichtlich der streitgegenständlichen Lieferungen von Mieterstrom, die der Vermieter an seine Mieter ausgeführt hat, selbständige umsatzsteuerpflichtige Leistungen vorliegen.
Das Finanzgericht hat festgestellt, dass -was zwischen den Beteiligten unstreitig ist- der Vermieter die Verbrauchsmenge des Stroms mit seinen Mietern über individuelle (Unter-)Zähler abgerechnet hat. Es hat dies als ein „gewichtiges Indiz“ dafür gewertet, dass -was zutreffend ist- vorliegend mit der Vermietung und der Stromlieferung getrennte Leistungen anzunehmen sind. Das Finanzgericht hat ferner berücksichtigt, dass der Vermieter mit seinen Mietern individuelle (Zusatz-)Vereinbarungen über die Stromlieferungen abgeschlossen hat, in denen auch vom Mietvertrag abweichende Kündigungsmöglichkeiten des Stromlieferungsvertrags vorgesehen waren. Die abweichenden Kündigungsmöglichkeiten hat das Finanzgericht ebenso zutreffend dahingehend gewertet, dass dies gleichfalls für getrennte Leistungen spricht. Das Finanzgericht hat in seine Würdigung, ob hinsichtlich der streitgegenständlichen Stromlieferungen unselbständige Nebenleistungen zur umsatzsteuerfreien Wohnraumvermietung vorliegen, weiter einbezogen, dass die Mieter bei einem Wechsel des Stromanbieters nach der mit dem Vermieter geschlossenen Zusatzvereinbarung erforderliche Umbaukosten zu tragen hatten. Es ist davon ausgegangen, dass die freie Wahl des Stromanbieters durch diese Vereinbarung nicht ausgeschlossen ist. Die generelle Möglichkeit der Mieter, den Stromlieferungsvertrag mit dem Vermieter zu kündigen und zu einem anderen Anbieter zu wechseln, ist nach Ansicht des Finanzgerichtes durch die in diesem Fall vom wechselnden Mieter zu tragenden Umbaukosten, die das Finanzgericht von den Beteiligten unwidersprochen mit etwa … € bis … € angenommen hat, zwar erschwert, jedoch nicht unmöglich. Das Finanzgericht hat es bei seiner Würdigung auch für denkbar gehalten, dass angesichts des Wettbewerbs derartige Umbaukosten ganz oder teilweise von einem neuen Stromlieferanten übernommen werden könnten.
Diese tatsächliche Würdigung des Finanzgerichtes ist möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze; sie bindet daher den Bundesfinanzhof (§ 118 Abs. 2 FGO). Auch die bedeutsamen Begleitumstände, insbesondere die Interessenlage der Beteiligten, hat das Finanzgericht erforscht und berücksichtigt[12]. Daher kann im Revisionsverfahren auch überprüft werden, ob das Finanzgericht die Rechtsgrundsätze zur Bestimmung von Haupt- und Nebenleistung beachtet hat[13].
Insbesondere ergibt sich die vom Finanzgericht aus den vertraglichen Vereinbarungen abgeleitete Freiheit des Mieters, seinen Stromlieferanten frei zu wählen, auch aus gesetzlichen Vorschriften. § 42a Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) bestimmt ausdrücklich ein Kopplungsverbot von Miet- und Energieversorgungsvertrag. Nach § 42a Abs. 2 Satz 1 EnWG darf ein Vertrag über die Belieferung von Letztverbrauchern mit Mieterstrom (Mieterstromvertrag) nicht Bestandteil eines Vertrags über die Miete von Wohnräumen sein. Bei einem Verstoß gegen dieses Verbot ist der Mieterstromvertrag nichtig (§ 42a Abs. 2 Satz 2 EnWG). Nach § 42a Abs. 3 Satz 3 EnWG in der im Streitjahr geltenden Fassung ist eine Bestimmung, durch die das Kündigungsrecht während der Dauer des Mietverhältnisses ausgeschlossen oder beschränkt wird, unwirksam. Damit soll jegliche Einwirkung auf die Entscheidungsfreiheit des Mieters ausgeschlossen werden. Der Abschluss eines Mietvertrags soll nicht vom Abschluss eines Mieterstromvertrags abhängen. Die Vertragsfreiheit des Mieters in Bezug auf die Belieferung mit Strom ist umfassend sicherzustellen[14].
Die Würdigung des Finanzgerichtes entspricht außerdem dem Grundsatz der Neutralität. Die Erfassung der Lieferung von Mieterstrom durch den Vermieter als selbständige Hauptleistung dient der Gleichheit der Besteuerung des Endverbrauchs; denn der Lieferer von Mieterstrom tritt in Wettbewerb mit anderen Stromanbietern, die Strom nur umsatzsteuerpflichtig als Hauptleistung anbieten können[15].
Die Einwendungen des Finanzamtes führen zu keiner anderen Beurteilung.
Soweit das Finanzamt seine eigene Wertung des Sachverhalts an die Stelle der Würdigung des Finanzgerichtes setzt, kann sein Einwand, die Stromlieferungen teilten als unselbständige Nebenleistung das Schicksal der umsatzsteuerfreien Vermietungsleistung, weil für die Mieter angesichts des erforderlichen baulichen Eingriffs und den hiermit verbundenen Kosten die Wahl eines anderen Stromanbieters keine realistische Option gewesen sei, wegen der Bindungswirkung des § 118 Abs. 2 FGO der Revision nicht zum Erfolg verhelfen[16].
Die Finanzverwaltung ist zwar in Abschn.04.12.01. Abs. 5 Satz 3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses der Ansicht, dass -was sich das Finanzamt inhaltlich zu eigen macht- als Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Wohnraumvermietung in der Regel unter anderem die Lieferung von Strom durch den Vermieter anzusehen sei. Daran sind allerdings weder das Finanzgericht noch der Bundesfinanzhof gebunden, da es sich insoweit um eine norminterpretierende Verwaltungsanweisung handelt[17].
Aus dem vom Finanzamt in Bezug genommenen Urteil des Bundesfianzhofs vom 15.01.2009[18] folgt für die Entscheidung im Streitfall im Übrigen nichts anderes. Der BFH hat dort zwar entschieden, dass sich die umsatzsteuerfreie langfristige Vermietung von Campingflächen auch auf die Lieferung von Strom erstreckt. Dieser Entscheidung lag jedoch ein anderer Sachverhalt zugrunde. Im Streitfall haben die Mieter die Möglichkeit, den Stromanbieter frei zu wählen, sodass sie nicht auf die Stromlieferung durch ihren Vermieter angewiesen sind. Der Bundesfinanzhof kann deshalb offenlassen, ob diese Rechtsprechung nicht bereits durch das BFH-Urteil vom 11.11.2015 [19] aufgegeben wurde.
Der Hinweis des Finanzamtes auf die Ausführungen der Generalanwältin Kokott in Rz 41 bis 42 ihrer Schlussanträge vom 22.10.2020 in der Rechtssache Frenetikexito vom 04.03.2021 – C-581/19, EU:C:2020:855 greift schon deshalb nicht durch, weil auch die Generalanwältin dort ausführt, dass untypische Mietnebenleistungen nur im Ausnahmefall den Charakter einer unselbständigen Nebenleistung aufweisen dürften. Dies ist bei der Lieferung von Strom an Wohnungsmieter der Fall, da aufgrund des Kopplungsverbots des § 42a EnWG die Belieferung von Letztverbrauchern mit Mieterstrom nicht Bestandteil des Wohnraummietvertrags sein darf.
Da der Vermieter steuerpflichtige Lieferungen von Mieterstrom ausgeführt hat, steht ihm der begehrte Vorsteuerabzug zu.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer als Vorsteuer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen abziehen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt wurden. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Dies beruht unionsrechtlich auf Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem. Danach ist der Steuerpflichtige, der „Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet“, zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Dazu muss ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, bestehen. Das Abzugsrecht ist nur gegeben, wenn die Ausgaben zu den Kostenelementen der besteuerten, zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätze gehören[20]. Das Vorhandensein eines solchen Zusammenhangs ist in Anbetracht des objektiven Inhalts des betreffenden Umsatzes zu beurteilen[21], wozu auch der ausschließliche Entstehungsgrund des Eingangsumsatzes gehört, da dieser ein Kriterium für die Bestimmung des objektiven Inhalts ist[22].
Ein Recht auf Vorsteuerabzug wird zugunsten des Steuerpflichtigen auch bei Fehlen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen dann angenommen, wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen gehören und als solche Kostenelemente der von ihm gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen sind. Derartige Kosten hängen nämlich direkt und unmittelbar mit der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen zusammen[23].
Hängen die Eingangsleistungen hingegen mit steuerfreien Umsätzen oder mit nicht vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer erfassten Umsätzen zusammen, kommt es nicht zum Vorsteuerabzug[24].
Bei der den Streitfall betreffenden Lieferung von Mieterstrom, den der -wie hier der Vermieter- Vermieter teilweise selbst erzeugt oder bei Bedarf als Reststrom von einem Energieversorger gegen Entgelt selbst bezieht, um ihn an seine Mieter gegen Entgelt weiterzuliefern, stehen die Kosten des Vermieters für die Anschaffung einer Photovoltaikanlage nicht im direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der umsatzsteuerfreien Wohnraumvermietung, sondern mit den umsatzsteuerpflichtigen Stromlieferungen.
Das Finanzgericht hat zwar nicht ausgeführt, inwieweit die Kosten der Photovoltaikanlage Kostenelemente der besteuerten Ausgangsumsätze des Vermieters sind. Da der Vermieter jedoch marktübliche Stromentgelte erhebt, die den Kostendeckel des § 42a Abs. 4 EnWG beachten, und dadurch unter anderem zumindest die Kosten seiner Photovoltaikanlagen deckt[25], liegt diese Voraussetzung vor.
Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, nach der die Kosten des Vermieters für eine neue Heizungsanlage jedenfalls dann im direkten und unmittelbaren Zusammenhang zur umsatzsteuerfreien Vermietung stehen, wenn es sich dabei nicht um Betriebskosten handelt, die der Mieter gesondert zu tragen hat[26], ist auf den die Stromlieferung betreffenden Streitfall nicht zu übertragen. Der Vermieter von Wohnraum schuldet zum vertragsgemäßen Gebrauch zwar die Versorgung mit Wärme und warmem Wasser, jedoch nicht die Lieferung von Strom. Aufgrund des Kopplungsverbots des § 42a Abs. 2 EnWG darf eine solche Verpflichtung sogar kein Vertragsbestandteil des Mietvertrags sein.
Beim Strombezug ist vielmehr der Mieter regelmäßig Kunde eines vom ihm selbst ausgesuchten Stromversorgers, der mit ihm ohne Beteiligung des Vermieters Vertragsverhältnisse unterhält[27]. Die Eingangsleistungen aus der Anschaffung von Photovoltaikanlagen hängen daher -anders als die Kosten für eine neue Heizungsanlage- nicht mit umsatzsteuerfreien Vermietungsumsätzen zusammen, sodass der Vorsteuerabzug deshalb nicht ausgeschlossen ist. Die Kosten dieser Eingangsleistungen finden nicht Eingang in den Preis der die umsatzsteuerfreie Wohnraumvermietung betreffenden Ausgangsumsätze, die der Vermieter im Rahmen seiner umsatzsteuerfreien Vermietungstätigkeit ausführt.
Der Einwand des Finanzamtes, dass die Steuerpflicht der Lieferung von Mieterstrom die Erstellung von Nebenkostenabrechnungen verkompliziere, trifft daher nicht zu. In den Nebenkostenabrechnungen ist der vom Mieter in seiner Wohnung verbrauchte Strom üblicherweise nicht enthalten. Und bei der Lieferung von Mieterstrom sehen unter anderem die §§ 36 ff. EnWG ohnehin Rechnungserteilungspflichten des Lieferers von Mieterstrom vor, die über den Inhalt von Nebenkostenabrechnungen weit hinausgehen.
Soweit der Vermieter durch den Einkauf und die Weiterlieferung des Reststroms zum Wiederverkäufer von Elektrizität im Sinne der § 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b, Abs. 5 Satz 4, § 3g UStG geworden ist und die Wiederverkäufereigenschaft im Sinne des § 3g UStG erfüllt, hatte dies im Streitzeitraum Dezember 2018 keine Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Umsatzsteuervorauszahlung.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. Juli 2024 – XI R 8/21
- Abgrenzung zum BFH, Urteil vom 07.12.2023 – V R 15/21, BStBl II 2024, 503, zum Vorsteuerabzug für die Lieferung einer Heizungsanlage[↩]
- Nds. FG, Urteil vom 25.02.2021 – 11 K 201/19, EFG 2021, 883[↩]
- vgl. z.B. EuGH, Urteile Q-GmbH vom 25.03.2021 – C-907/19, EU:C:2021:237, Rz 19, m.w.N.; Finanzamt – X () und machines fixés à demeure vom 04.05.2023 – C-516/21, EU:C:2023:372, Rz 28; zum Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung allgemein, vgl. z.B. EuGH, Urteile CPP vom 25.02.1999 – C-349/96, EU:C:1999:93, Rz 30; Mapfre asistencia und Mapfre warranty vom 16.07.2015 – C-584/13, EU:C:2015:488, Rz 54; Finanzamt – X () und machines fixés à demeure vom 04.05.2023 – C-516/21, EU:C:2023:372, Rz 29 ff.; BFH, Urteile vom 24.04.2013 – XI R 7/11, BFHE 241, 459, BStBl II 2013, 648, Rz 61; vom 27.02.2014 – V R 14/13, BFHE 245, 272, BStBl II 2014, 869, Rz 20; vom 26.01.2022 – XI R 19/19 (XI R 12/17), BFHE 275, 440, BStBl II 2022, 582, Rz 46 ff.; vom 16.03.2023 – V R 17/21, BFH/NV 2023, 965, Rz 18 ff.; BFH, Beschluss vom 10.01.2024 – XI R 11/23 (XI R 34/20), BFH/NV 2024, 1021, Rz 24[↩]
- vgl. z.B. EuGH, Urteile Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie vom 16.04.2015 – C-42/14, EU:C:2015:229, Rz 31; Stadion Amsterdam vom 18.01.2018 – C-463/16, EU:C:2018:22, Rz 22, m.w.N., Q-GmbH vom 25.03.2021 – C-907/19, EU:C:2021:237, Rz 20, m.w.N.; The Escape Center vom 22.09.2022 – C-330/21, EU:C:2022:719, Rz 25, m.w.N.; Finanzamt – X () und machines fixés à demeure vom 04.05.2023 – C-516/21, EU:C:2023:372, Rz 29; BFH, Beschluss vom 10.01.2024 – XI R 11/23 (XI R 34/20), BFH/NV 2024, 1021, Rz 25[↩]
- vgl. z.B. EuGH, Urteile Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie vom 16.04.2015 – C-42/14, EU:C:2015:229, Rz 31; Q-GmbH vom 25.03.2021 – C-907/19, EU:C:2021:237, Rz 21, m.w.N.; Finanzamt – X () und machines fixés à demeure vom 04.05.2023 – C-516/21, EU:C:2023:372, Rz 30; BFH, Beschluss vom 10.01.2024 – XI R 11/23 (XI R 34/20), BFH/NV 2024, 1021, Rz 25[↩]
- vgl. z.B. EuGH, Urteile BGŻ Leasing vom 17.01.2013 – C-224/11, EU:C:2013:15, Rz 32; Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie vom 16.04.2015 – C-42/14, EU:C:2015:229, Rz 32; BFH, Beschluss vom 10.01.2024 – XI R 11/23 (XI R 34/20), BFH/NV 2024, 1021, Rz 25[↩]
- vgl. dazu EuGH, Urteil Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie vom 16.04.2015 – C-42/14, EU:C:2015:229, Rz 38; BFH, Beschluss vom 10.01.2024 – XI R 11/23 (XI R 34/20), BFH/NV 2024, 1021, Rz 26 ff.[↩]
- vgl. EuGH, Urteil Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie vom 16.04.2015 – C-42/14, EU:C:2015:229, Rz 39; BFH, Beschluss vom 10.01.2024 – XI R 11/23 (XI R 34/20), BFH/NV 2024, 1021, Rz 27[↩]
- vgl. EuGH, Urteile Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie vom 16.04.2015 – C-42/14, EU:C:2015:229, Rz 42; BFH, Beschluss vom 10.01.2024 – XI R 11/23 (XI R 34/20), BFH/NV 2024, 1021, Rz 28[↩]
- BFH, Urteil vom 11.11.2015 – V R 37/14, BFHE 251, 517, BStBl II 2017, 1259, Rz 19[↩]
- vgl. EuGH, Urteile Frenetikexito vom 04.03.2021 – C-581/19, EU:C:2021:167, Rz 36; Dyrektor Krajowej lnformacji Skarbowej vom 20.04.2023 – C-282/22, EU:C:2023:312, Rz 31; s.a. EuGH, Urteil Finanzamt – X () und machines fixés à demeure vom 04.05.2023 – C-516/21, EU:C:2023:372, Rz 38; BFH, Beschluss vom 10.01.2024 – XI R 11/23 (XI R 34/20), BFH/NV 2024, 1021, Rz 33[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 10.02.2010 – XI R 49/07, BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109, Rz 33; vom 10.01.2013 – V R 31/10, BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352, Rz 35; vom 13.11.2013 – XI R 24/11, BFHE 243, 471, BStBl II 2017, 1147, Rz 44; vom 10.12.2020 – V R 41/19, BFH/NV 2021, 949, Rz 19; BFH, Beschluss vom 10.01.2024 – XI R 11/23 (XI R 34/20), BFH/NV 2024, 1021, Rz 40[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 05.09.2019 – V R 57/17, BFHE 266, 430, BStBl II 2020, 356, Rz 34 f.; vom 10.12.2020 – V R 41/19, BFH/NV 2021, 949, Rz 19; BFH, Beschluss vom 10.01.2024 – XI R 11/23 (XI R 34/20), BFH/NV 2024, 1021, Rz 40[↩]
- vgl. dazu Bericht des Deutschen Bundestages, Wissenschaftliche Dienste 5 – 3000 -141/20 vom 21.01.2021 zur Abnahmepflicht von Mieterstrom und der Wahlfreiheit des Energieversorgers[↩]
- vgl. dazu auch Widmann, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 2022, 7[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteil vom 28.09.2022 – XI R 5/22, BFH/NV 2023, 271, Rz 29, m.w.N.[↩]
- vgl. zur fehlenden Bindungswirkung allgemein Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 28.11.2016 – GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz 107; BFH, Urteile vom 20.11.2019 – XI R 52/17, BFHE 267, 49, BStBl II 2020, 264, Rz 31; vom 06.12.2023 – XI R 33/21, BFH/NV 2024, 615, Rz 63; BFH, Beschluss vom 24.05.2023 – XI R 34/21, BFHE 280, 408, Rz 22[↩]
- BFH, Urteil vom 15.01.2009 – V R 91/07, BFHE 224, 172, BStBl II 2009, 615[↩]
- BFH, Urteil vom 11.11.2015 – V R 37/14, BFHE 251, 517, BStBl II 2017, 1259[↩]
- vgl. z.B. EuGH, Urteile Iberdrola Inmobiliaria Real Estate Investments vom 14.09.2017 – C-132/16, EU:C:2017:683, Rz 28; Vos Aannemingen vom 01.10.2020 – C-405/19, EU:C:2020:785, Rz 25; BFH, Urteile vom 07.05.2020 – V R 1/18, BFHE 270, 146, Rz 23; vom 16.12.2020 – XI R 13/19, BFHE 272, 185, BStBl II 2022, 389, Rz 59[↩]
- vgl. EuGH, Urteile Sveda vom 22.10.2015 – C-126/14, EU:C:2015:712, Rz 29; Finanzamt R vom 08.09.2022 – C-98/21, EU:C:2022:645, Rz 49[↩]
- vgl. EuGH, Urteile Becker vom 21.02.2013 – C-104/12, EU:C:2013:99, Rz 29; Baštová vom 10.11.2016 – C-432/15, EU:C:2016:855, Rz 45; C&D Foods Acquisition vom 08.11.2018 – C-502/17, EU:C:2018:888, Rz 37; Finanzamt R vom 08.09.2022 – C-98/21, EU:C:2022:645, Rz 49; BFH, Urteil vom 07.12.2022 – XI R 16/21, BFHE 279, 314, Rz 16[↩]
- vgl. z.B. EuGH, Urteile Portugal Telecom vom 06.09.2012 – C-496/11, EU:C:2012:557, Rz 37; Iberdrola Inmobiliaria Real Estate Investments vom 14.09.2017 – C-132/16, EU:C:2017:683, Rz 29; Vos Aannemingen vom 01.10.2020 – C-405/19, EU:C:2020:785, Rz 26[↩]
- vgl. EuGH, Urteil Finanzamt R vom 08.09.2022 – C-98/21, EU:C:2022:645, Rz 48; ebenso bereits zuvor EuGH, Urteile SKF vom 29.10.2009 – C-29/08, EU:C:2009:665, Rz 59; Iberdrola Inmobiliaria Real Estate Investments vom 14.09.2017 – C-132/16, EU:C:2017:683, Rz 30 und Ryanair vom 17.10.2018 – C-249/17, EU:C:2018:834, Rz 29; BFH, Urteil vom 16.12.2020 – XI R 13/19, BFHE 272, 185, BStBl II 2022, 389, Rz 61[↩]
- vgl. dazu EuGH, Urteile Gmina O. vom 30.03.2023 – C-612/21, EU:C:2023:279, Rz 37; Latvijas Informācijas un komunikācijas tehnoloģijas asociācija vom 04.07.2024 – C-87/23, EU:C:2024:570, Rz 47 ff.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 07.12.2023 – V R 15/21, BStBl II 2024, 503, Rz 16 ff.[↩]
- vgl. dazu auch Widmann, UR 2022, 7[↩]




