Die für den Fall einer Darlehensgewährung an einen Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person bezüglich der Veranlassung der Darlehensvergabe durch das Gesellschaftsverhältnis von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind im Hinblick auf die wirtschaftliche Vergleichbarkeit eines Darlehens mit einer (Kredit-)Bürgschaft auf die Beurteilung einer Bürgschaftsgewährung sinngemäß übertragbar.

Folglich entscheidet sich in dem Fall einer Bürgschaftsübernahme für einen von einem Dritten an einen Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person gewährten Kredit die Frage nach der Veranlassung der Bürgschaftsübernahme durch das Gesellschaftsverhältnis nach den geschäftlichen Bedingungen der Bürgschaftsübernahme, insbesondere nach der Vergütung, den vereinbarten Sicherheiten und dem Inanspruchnahmerisiko.
Unter einer vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 FinanzgerichttG (für die Gewerbesteuer i. V. m. § 7 Satz 1 GewStG), ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz -EStG- i. V. m. § 8 Abs. 1 FinanzgerichttG auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht[1]. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist anzunehmen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte[2]. Diese Voraussetzungen sind bei einer Bürgschaftsübernahme auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, nicht auf den Zeitpunkt der später liegenden Leistung zu prüfen[3].
Steht die Absicht, einem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuzuwenden, im Vordergrund, so verdrängt diese Veranlassung die möglicherweise daneben bestehende eigenbetriebliche Absicht der Kapitalgesellschaft. Es ist nicht ausreichend, eine eigenbetriebliche Mitveranlassung festzustellen. Aufgrund einer Gewichtung und Abwägung der die Aufwendungen auslösenden Momente ist festzustellen, welches auslösende Moment das letztlich maßgebende war[4].
Eine vGA kann auch dann in Betracht kommen, wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Gesellschafter, sondern an eine ihm nahe stehende Person bewirkt wird. Entscheidend ist in diesem Fall, ob die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahe steht, nicht gewährt hätte[5]. Da das „Nahestehen“ lediglich ein Indiz für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist, reicht zur Begründung des „Nahestehens“ jede Beziehung zwischen einem Gesellschafter und dem Dritten aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an den Dritten beeinflusst. Derartige Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein[6]. Als nahe stehende Personen kommen auch Kapitalgesellschaften in Betracht, an denen ein oder mehrere Gesellschafter der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft beteiligt sind, wobei eine beherrschende Stellung weder in der vorteilsgewährenden noch in der vorteilsempfangenden Kapitalgesellschaft erforderlich ist[7].
Die Rechtsprechung hat – soweit ersichtlich – noch nicht konkretisiert, wann bei einer Bürgschaftsgewährung von einer Veranlassung aus dem Gesellschaftsverhältnis auszugehen ist bzw. welche Umstände als Indizien für eine solche Veranlassung sprechen. Für den Bereich der Darlehen ist entschieden, dass sich in dem Fall einer Darlehensgewährung an einen Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person die Frage nach der Veranlassung der Darlehensvergabe durch das Gesellschaftsverhältnis nach den geschäftlichen Bedingungen der Darlehensvergabe, insbesondere nach der Verzinsung, den vereinbarten Sicherheiten und dem Rückzahlungsrisiko richtet[8]. Insbesondere das Fehlen jedweder Besicherung ist danach als Indiz dafür zu werten, dass die Darlehensvergabe durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war[9].
Diese zur Darlehensgewährung entwickelten Grundsätze sind im Hinblick auf die wirtschaftliche Vergleichbarkeit eines Darlehens mit einer (Kredit-)Bürgschaft auf die Beurteilung einer Bürgschaftsgewährung sinngemäß übertragbar. Folglich entscheidet sich in dem Fall einer Bürgschaftsübernahme für einen von einem Dritten an einen Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person gewährten Kredit die Frage nach der Veranlassung der Bürgschaftsübernahme durch das Gesellschaftsverhältnis nach den geschäftlichen Bedingungen der Bürgschaftsübernahme, insbesondere nach der Vergütung, den vereinbarten Sicherheiten und dem Inanspruchnahmerisiko.
Die objektive Feststellungslast dafür, dass die Voraussetzungen einer vGA vorliegen, obliegt grundsätzlich dem Finanzamt[10]. Das betrifft sowohl das Vorliegen einer Vermögensminderung (oder verhinderten Vermögensmehrung) als auch die Frage nach der Veranlassung dieser Vermögensminderung (oder verhinderten Vermögensmehrung) durch das Gesellschaftsverhältnis. Spricht der festgestellte Sachverhalt dafür, dass diese Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, kann es allerdings Sache des Steuerpflichtigen sein, den dadurch gesetzten Anschein zu widerlegen. Es gelten die allgemeinen Grundsätze zur Beweisrisikoverteilung[11].
Im Streitfall liegen danach im Ergebnis die Voraussetzungen einer vGA vor. Die durch die Inanspruchnahme aus der Bürgschaftsverpflichtung eingetretene Vermögensminderung findet ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis. Die Übernahme der – zeitlich unbeschränkten – Bürgschaftsverpflichtung ohne die Gestellung einer ausreichenden Besicherung lässt sich nur auf Grund der familiären Verbundenheit der Gesellschafter der GmbH und der F-GmbH erklären.
Schon nach eigenem Vortrag der GmbH lässt sich die Bürgschaftsübernahme nicht mehr mit betrieblichen Erfordernissen begründen.
Die Existenzsicherung der F-GmbH war für die GmbH in 2004 wirtschaftlich auch nicht derart bedeutend, dass sie deren wirtschaftlichen Zusammenbruch unbedingt vermeiden musste. Anfang 2004 war die Notwendigkeit einer Embargo-Umgehung noch nicht absehbar. Erst ab 2007 wurde die F-GmbH zur Embargo-Umgehung bei Wareneinkäufen der GmbH aus den USA zwischengeschaltet. Laut den Angaben des Geschäftsführers der GmbH waren durch die Fa. L seinerzeit noch weitere Firmen als mögliche Zwischenhändler ins Gespräch gebracht worden, die diese Funktion hätten übernehmen können.
Auch das von der GmbH vorgetragene Argument, sie habe aufgrund der Darlehensgewährung und der vereinbarten nicht unerheblichen Zinsen ein veritables Interesse daran gehabt, dass die F-GmbH am Markt tätig bleibe, vermag nicht zu überzeugen. Vielmehr spricht die Darlehensgewährung gegen die Bürgschaftsübernahme: Die von der GmbH seit 2003 gewährten Darlehen wurden bei Fälligkeit nur teilweise zurückgeführt, vielfach wurden die Verträge verlängert. Ein nicht familiär verbundener Unternehmer wäre beim Bestehen nicht unerheblicher Darlehensforderungen keine unbesicherte Bürgschaftsverpflichtung eingegangen, sondern hätte vielmehr zunächst auf den Ausgleich der bestehenden Forderungen bestanden.
Wenn die GmbH gleichwohl zur Stützung der F-GmbH das Eingehen der Wechselbürgschaftsverpflichtung für notwendig erachtete, hätte es zumindest der umfassenden Absicherung dieser Verpflichtung bedurft. Demgegenüber kann die GmbH nicht einwenden, dass die Nichtgewährung der Bürgschaft der F-GmbH sofort jede weitere Möglichkeit für eine gewinnbringende Geschäftstätigkeit genommen hätte. Gerade dieser Umstand zeigt, dass das Eingehen der Wechselbürgschaftsverpflichtung erheblich risikobehaftet war und den zwischen Fremden üblichen Rahmen verlassen hat. Die Notwendigkeit der Besicherung ihrer Sicherheit musste sich der GmbH aber insbesondere deshalb aufdrängen, weil sie über die wirtschaftliche Situation der F-GmbH unterrichtet war. Zum einen zahlte die F-GmbH die von der GmbH gewährten Darlehen nur teilweise zurück. Darüber hinaus wusste der Vater, dass die F-GmbH ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Bank-1, für die die GmbH gebürgt hatte, nicht zurückgezahlt hatte. Der Vater hat sich gegenüber dem Gericht dahingehend geäußert, dass er den Geschäftsführer der F-GmbH, seinen Sohn B-2, jährlich auf die Verbindlichkeiten gegenüber der Bank-1 angesprochen habe. Ihm sei gesagt worden, dass die Verträge mit der Bank verlängert worden seien.
Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 17. Februar 2015 – 3 K 270/13[12]
- BFH, Urteile vom 23.10.2013 – I R 60/12, BFHE 244, 256, HFR 2014, 421; vom 11.09.2013 – I R 26/12, BFH/NV 2014, 728[↩]
- BFH, Urteile vom 23.10.2013 – I R 60/12, BFHE 244, 256, HFR 2014, 421; vom 26.06.2013 – I R 39/12, BFHE 242, 305, BStBl II 2014, 174[↩]
- BFH, Urteil vom 19.03.1975 – I R 173/73, BFHE 115, 359, BStBl II 1975, 614[↩]
- BGH, Urteil vom 28.11.1991 – I R 13/90, BFHE 166, 251, BStBl II 1992, 359[↩]
- BFH, Urteil vom 10.04.2013 – I R 45/11, BFHE 241, 332, BStBl II 2013, 771[↩]
- BFH, Urteil vom 22.02.2005 – VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 1266[↩]
- BFH, Urteil vom 08.10.2008 – I R 61/07, BFHE 223, 131, BStBl II 2011, 62; FG Düsseldorf, Urteil vom 25.01.2011 6 K 2991/08 K, G, F[↩]
- BFH, Urteil vom 08.10.2008 – I R 61/07, BFHE 223, 131, BStBl II 2011, 62[↩]
- BFH, Urteil vom 18.02.1999 – I R 62/98, BFH/NV 1999, 993[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 24.06.2014 – VIII R 54/10, BFH/NV 2014, 1501[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 22.09.2004 – III R 9/03, BFHE 207, 549, BStBl II 2005, 160; vom 17.10.2001 – I R 103/00, BFHE 197, 68, BStBl II 2004, 171; BFH, Beschluss vom 04.04.2002 – I B 140/01, BFH/NV 2002, 1179[↩]
- nicht rechtskräftig: Nichtzulassungsbeschwerde zum BFH – I B 49/15[↩]





