Die Deutsche Telekom AG hatte in den Jahren 2000 und 2002 an die Inhaber ihrer Aktien, die diese bei den Börsengängen gezeichnet und bis dahin gehalten haben, Bonusaktien (Treueaktien) ausgegeben. Diese Zuteilungen von Bonusaktien stellen, wie der Bundesfinanzhof im Jahr 2004 zumindest für die im Jahr 2000 zugeteilten Bonusaktien entschieden hat[1], einkommensteuerpflichtige Einkünfte dar. Um eine möglichst lückenlose Erfassung dieser Bonusaktien-Zuteilung sicherzustellen richtete die Finanzverwaltung Sammelauskunftsersuchen an die Banken, um von dort Listen derjenigen Bankkunden zu erhalten, die eine solche Zuteilung erhalten haben.

Diese Praxis der Finanzverwaltung fand nun jedoch keine Gnade vor dem Bundesfinanzhof, der jetzt ein solches an eine Bank gerichtetes Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung für unzulässig erklärt. Das Ersuchen betraf sowohl die Ausgabe der Bonusaktien (Treueaktien), die den Inhabern der Aktien der Deutschen Telekom AG im Jahr 2000 bei Erfüllung einer bestimmten Haltefrist zugeteilt worden waren, wie auch eine weitere Zuteilung von Treueaktien, die im Jahr 2002 vorgenommen wurde. Um die ordnungsgemäße Versteuerung dieser Einkünfte zu überprüfen, hat die Fahndungsstelle eines Finanzamts, nachdem sie bei einem Kunden eines Kreditinstituts festgestellt hatte, dass dieser Einkünfte aus fünf Treueaktien nicht in seiner Steuererklärung angegeben hatte, an dieses Kreditinstitut ein Sammelauskunftsersuchen gerichtet; sie möchte wissen, welchen Kunden in welcher Zahl Treueaktien zugeteilt worden sind.
Auf die Klage der betreffenden Bank hatte das Sächsische Finanzgericht dieses Ersuchen aufgehoben[2]. Die dagegen von der Finanzverwaltung eingelegte Revision hat der Bundesfinanzhof jetzt als unbegründet zurückgewiesen.
Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung seien, so der BFH in seinen Urteilsgründen, nicht schon dann zulässig, wenn nach der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Steuern nicht selten verkürzt und insbesondere Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht erklärt werden, das Auskunftsersuchen möglicherweise zur Aufdeckung bisher unbekannter Steuerfälle führen könnte. Es bedürfe vielmehr eines hinreichenden Anlasses für die Prognose, dass eine erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht, unbekannte Steuerfälle zu entdecken.
Im Streitfall falle ins Gewicht, dass die Kunden bei der Übersendung der Erträgnisaufstellung von ihrer Bank klar und unmissverständlich auf die (mutmaßliche) Einkommensteuerpflichtigkeit des Aktienbezugs hingewiesen worden seien und überdies wegen Ablaufs der regulären Festsetzungsfrist eine Steuernacherhebung ohnehin nur in Fällen der vorsätzlichen Steuerhinterziehung in Betracht käme. Es gebe aber keinen hinreichenden Anhaltspunkt für die Prognose, dass Einkünfte aus dem Bezug der Treueaktien gerade von Kunden dieser Bank hinterzogen worden seien. Die Handhabung der Bank, die Bonusaktien in der Erträgnisaufstellung nicht zu berücksichtigen und nur in dem Anschreiben auf eine mögliche Einkommensteuerpflicht hinzuweisen, stelle auch keine für eine Steuerhinterziehung besonders anfällige Art der Geschäftsabwicklung dar, die etwa mehr als bei Kapitaleinkünften aus bei Banken gehaltenen Wertpapierdepots sonst dazu herausfordert, solche Einkünfte dem FA zu verschweigen.
1. Die allgemeine, nach der Lebenserfahrung gerechtfertigte Vermutung, dass Steuern nicht selten verkürzt und steuerpflichtige Einnahmen nicht erklärt werden, genügt nicht, um Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung als „hinreichend veranlasst“ und nicht als Ausforschung „ins Blaue hinein“ erscheinen zu lassen. Hierfür bedarf es vielmehr der Darlegung einer über die bloße allgemeine Lebenserfahrung hinausgehenden, erhöhten Wahrscheinlichkeit, unbekannte Steuerfälle zu entdecken.
2. Sind die durch den Bezug von Bonusaktien der Deutschen Telekom AG erzielten Einkünfte in der von der Bank ihren Kunden übersandten Erträgnisaufstellung nicht erfasst worden, die Kunden aber durch ein Anschreiben klar und unmissverständlich dahin informiert worden, dass diese Einkünfte nach Auffassung der Finanzverwaltung einkommensteuerpflichtig sind, stellt dies keine für eine Steuerhinterziehung besonders anfällige Art der Geschäftsabwicklung dar, die etwa mehr als bei Kapitaleinkünften aus bei Banken gehaltenen Wertpapierdepots sonst dazu herausfordert, solche Einkünfte dem Finanzamt zu verschweigen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. Januar 2009 VII R 25/08




