Die Anwendung der Vermutungsregel des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO erfordert die Feststellung, dass gerade die Körperschaft, deren steuerrechtliche Gemeinnützigkeit versagt werden soll, als selbständiges Steuersubjekt (§ 51 Abs. 1 Satz 2 und 3 AO) in einem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch bezeichnet wird und nicht ein hiervon verschiedenes selbständiges Steuersubjekt.
Die Versagung der Gemeinnützigkeit wegen der Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen (§ 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes) aufgrund einer sich aus einem Verfassungsschutzbericht ergebenden Vermutungswirkung setzt mithin voraus, dass die Körperschaft als selbständiges Steuersubjekt in diesem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch bezeichnet wird.
In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hatte ein eingetragener Verein geklagt, der in den Jahren 2009 bis 2015 (Streitjahre) als Landesorganisation Teil einer -ebenfalls als eingetragener Verein verfassten- Bundesorganisation. Die Beschlüsse der Bundesorganisation waren nach der Satzung des Landesverbandes für ihn bindend. Ein Teil des Namens des Landesverbandes war wortgleich in dem Namen der Bundesorganisation enthalten. Der Name der Bundesorganisation enthielt darüber hinaus unter anderem eine Abkürzung. Weiter war der Landesverband auf Kreisebene untergliedert. Nach seiner Satzung verfolgte der Landesverband in den Streitjahren Zwecke, die in § 52 AO aufgeführt waren. Die Verfassungsschutzberichte eines Landes enthielten Ausführungen zu beiden Organisationen. Der jeweilige Anhang einiger dieser Verfassungsschutzberichte, der extremistische Organisationen aufführte, führte nur den wortgleichen Namensteil und die Abkürzung auf. Die vor dem zuständigen Verwaltungsgericht (VG) gegen die Eintragungen in den Verfassungsschutzberichten der Jahre 2010 bis 2013 erhobene Klage des Landesverbandes wurde abgewiesen. Das Finanzamt versagte dem Landesverband die Körperschaftsteuerbefreiung für gemeinnützige Körperschaften, da er nach Auffassung des Finanzamtes in Verfassungsschutzberichten als extremistisch aufgeführt war und die dann nach § 51 Abs. 3 Satz 2 AO geltende Vermutung, er fördere Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland, nicht widerlegt habe.
Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht München ab[1]. Das Finanzgericht ging unter Bezugnahme auf die Verfassungsschutzberichte des Landes A der Streitjahre davon aus, der Landesverband sei im Sinne von § 51 Abs. 3 Satz 2 AO als extremistische Organisation aufgeführt. In verfassungskonformer Weise sei der in § 51 Abs. 3 Satz 2 AO verwendete Begriff „extremistisch“ als „verfassungsfeindlich“ in dem Sinne auszulegen, dass die Körperschaft entgegen § 51 Abs. 3 Satz 1 AO Bestrebungen im Sinne des § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (BVerfSchG) fördere. Für die Streitjahre 2009 bis 2012 bezog sich das Finanzgericht auf die im Text der Verfassungsschutzberichte enthaltenen Ausführungen, wonach der Landesverband nicht nur beiläufig erwähnt werde und dem Text die Wertung entnommen werden könne, die Berichterstattung erfolge nicht als bloßer Verdachtsfall. Für die Streitjahre 2013 bis 2015 nahm das Finanzgericht an, der Landesverband sei bereits deshalb im Sinne des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO aufgeführt, weil er im jeweiligen Anhang in der dort enthaltenen Übersicht erwähnt sei. Der Landesverband müsse nicht wortwörtlich als extremistisch bezeichnet werden. Die Ausführungen zu dem Landesverband erschöpften sich -wie auch für die Streitjahre 2009 bis 2012- nicht allein in der Aussage, er sei extremistisch beeinflusst. Vielmehr seien auch die übrigen Umstände zu berücksichtigen, welche die Annahme trügen, der Landesverband sei als extremistische Organisation im Sinne des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO aufgeführt. Die danach anzuwendende Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO habe der Landesverband nicht widerlegt. Hierzu genüge es nicht, dass andere Verfassungsschutzberichte den Landesverband nicht erwähnten oder dass die Gemeinnützigkeit anderer Landesorganisationen oder der Bundesorganisation nicht aberkannt oder wieder zuerkannt worden sei. Die Ausführungen in den Verfassungsschutzberichten beträfen nicht ausschließlich die Bundesorganisation. Es sei davon auszugehen, dass sich der Landesverfassungsschutz nur hinsichtlich der Landesorganisation -mithin zum Landesverband- äußere und Aussagen zu „Nicht-Landes-Organisationen“ eher als Argumentationshilfen heranziehe. Des Weiteren habe der Landesverband die Aussagen der Verfassungsschutzberichte nicht substantiiert bestritten. Mangels Widerlegung der Vermutungsregelung sei das Gericht an die Erkenntnisse in den Verfassungsschutzberichten im Hinblick auf den verfahrensvereinfachenden Zweck des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO jedenfalls dann gebunden, wenn die Eintragungen -wie im Streitfall für die Jahre 2010 bis 2013- verwaltungsgerichtlich überprüft und keine darüber hinausgehenden Tatsachen vorgetragen worden seien. Im Übrigen genügten die Ausführungen in den Verfassungsschutzberichten auch, um die Steuervergünstigung nach § 51 Abs. 3 Satz 1 AO zu versagen. Unter Würdigung der Gesamtumstände der dortigen Ausführungen sei die tatsächliche Geschäftsführung des Landesverbandes in den Streitjahren auf eine Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen ausgerichtet. Weiter stelle § 51 Abs. 3 Satz 2 AO nur auf die Erwähnung der Organisation in einem Verfassungsschutzbericht und nach der Rechtsprechung auf die Einstufung als extremistisch in einem solchen Bericht ab, um die Vermutung zu begründen. Welche Überlegungen des Verfassungsschutzes dahinterstünden oder ob die Erwähnung zu Recht erfolgt sei, sei von den Verwaltungsgerichten zu prüfen, nicht jedoch von der Finanzverwaltung oder den Finanzgerichten. Diesen bleibe es sodann überlassen zu entscheiden, ob die Körperschaft die Vermutung widerlegt habe.
Auf die Revision des Landesverbandes hat der Bundesfinanzhof das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts München aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht München zurückverwiesen. Zwar greife, so der Bundesfinanzhof, die widerlegbare Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO bereits dann ein, wenn eine Körperschaft in einem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch aufgeführt ist, wofür die Erwähnung in einem Anhang des Verfassungsschutzberichtes, der extremistische Organisationen aufführt, genügt. Indes muss die jeweilige Körperschaft eindeutig identifizierbar sein. Hierfür reicht es nicht aus, wenn aus den Verfassungsschutzberichten nicht klar hervorgeht, welche Körperschaft als selbständiges Steuersubjekt gemeint ist. Eine „Konzernbetrachtung“ findet im Rahmen des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO nicht statt. Der BFH hat die Sache an das Finanzgericht München zurückverwiesen, da das Finanzgericht die Tatsachen, ob eine bestimmte Körperschaft als selbständiges Steuersubjekt in den Verfassungsschutzberichten im Sinne des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO aufgeführt ist, selbst zu prüfen und zu würdigen hat und dies im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden kann.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sind von der Körperschaftsteuer Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen befreit, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO).
Unter Körperschaften sind nach § 51 Abs. 1 Satz 2 AO die Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes zu verstehen, wenn das Gesetz eine Steuervergünstigung gewährt, weil eine Körperschaft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke (steuerbegünstigte Zwecke) verfolgt. Funktionale Untergliederungen (Abteilungen) von Körperschaften gelten nicht als selbstständige Steuersubjekte (§ 51 Abs. 1 Satz 3 AO).
Die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft muss auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung über die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen enthält (§ 63 Abs. 1 AO). Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.
Die Steuervergünstigung setzt gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 AO zudem voraus, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen im Sinne des § 4 BVerfSchG fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandelt. Bei Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt sind, ist gemäß § 51 Abs. 3 Satz 2 AO widerlegbar davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 Satz 1 AO nicht erfüllt sind.
§ 51 Abs. 3 Satz 2 AO setzt lediglich voraus, dass die Körperschaft in einem Verfassungsschutzbericht „als extremistische Organisation aufgeführt“ ist. Dies ist der Fall, wenn sie dort ausdrücklich als extremistisch bezeichnet wird, nicht aber, wenn die Körperschaft nur als Verdachtsfall oder sonst beiläufig Erwähnung findet[2]. Der Tatbestand des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO ist dabei jedenfalls dann erfüllt, wenn die Körperschaft ausdrücklich im Anhang des Verfassungsschutzberichts des Bundes erwähnt ist, in dem Gruppierungen aufgeführt sind, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, sodass es sich um eine extremistische Gruppierung handelt[3].
Begründet die Nennung der Körperschaft in den Verfassungsschutzberichten nach § 51 Abs. 3 Satz 2 AO die widerlegbare gesetzliche Vermutung, dass sie extremistische Bestrebungen fördert oder dem Gedanken der Völkerverständigung zuwidergehandelt hat, hat die Körperschaft den vollen Beweis des Gegenteils zu erbringen[4]. Hierfür ist zumindest erforderlich, dass sie den vollen Beweis des Gegenteils im Hinblick auf die in den Verfassungsschutzberichten genannten Tatsachen führt, die für eine Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen sprechen[5]. Der in § 51 Abs. 3 Satz 2 AO verwendete Begriff „extremistisch“ verstößt im Übrigen auch unter Berücksichtigung des von dem Landesverband angeführten Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 08.12.2010[6] nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Hiergegen spricht bereits eine Auslegung dieser Vorschrift unter Berücksichtigung ihrer Entstehungsgeschichte[7] und der Inbezugnahme von § 4 BVerfSchG.
Das Finanzgericht hat zur Anwendung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO festzustellen, dass gerade die Körperschaft, deren steuerrechtliche Gemeinnützigkeit versagt werden soll, als selbständiges Steuersubjekt (§ 51 Abs. 1 Satz 2 und 3 AO) in einem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch bezeichnet wird und nicht ein hiervon verschiedenes selbständiges Steuersubjekt. Dies hat das Finanzgericht verkannt.
Das Finanzgericht München hat in seinem Urteil angenommen, die Berichterstattung in den Verfassungsschutzberichten betreffe den Landesverband in einer eigenen Textziffer. Die dortige tabellarische Übersicht unterscheide in den Jahren 2009 bis 2013 offen zwischen dem Landesverband und der Bundesorganisation. In den Jahren 2014 und 2015 seien die Angaben zum Landesverband und zur Bundesorganisation zwar vermischt, doch könne weder hieraus noch aus übrigen Hinweisen zur Bundesorganisation im Umkehrschluss gefolgert werden, dass es sich bei den darüber hinausgehenden Textpassagen ebenfalls nur um die Bundesorganisation handeln solle. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Landesverfassungsschutz sich nur zum Landesverband als Landesorganisation äußere. Dies habe auch die Berufungsinstanz in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren des Landesverbandes angenommen, da in der Zuständigkeit des Landesverfassungsschutzes ausschließlich der Landesverband als Landesorganisation Beobachtungs- und demzufolge auch Berichtsobjekt sei. Sofern Aussagen zu „Nicht-Landes-Organisationen“ getroffen würden, sei eher davon auszugehen, dass diese als Argumentationshilfen herangezogen worden seien. Zudem sei zur Landesorganisation erwähnt, sie sei durch eine andere im Verfassungsschutzbericht aufgeführte Organisation beeinflusst und nehme der Bericht 2013 auf Aktionen Bezug, die in dem Land stattgefunden hätten.
Dies genügt nicht für eine ausdrückliche Bezeichnung des Landesverbandes als extremistisch. Denn unter Berücksichtigung der weiteren Umstände in den vom Finanzgericht in Bezug genommenen Verfassungsschutzberichten ist nicht hinreichend erkennbar, ob der Landesverband als nach § 51 Abs. 3 Satz 2 AO selbständiges Steuersubjekt in einem Verfassungsschutzbericht im Sinne des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO als extremistische Organisation aufgeführt ist.
Das Finanzgericht hat außer Betracht gelassen, dass die Verfassungsschutzberichte die Bezeichnung der Organisation in der Überschrift der jeweiligen Textziffer der Verfassungsschutzberichte auf den wortgleichen Namensteil und die Abkürzung der Bundesorganisation beschränken und die Texte zur jeweiligen Textziffer zur Bezeichnung der Organisation die Abkürzung enthalten. Ebenso sind in den Übersichten der Verfassungsschutzberichte 2009 und 2010 über erwähnenswerte extremistische und extremistisch beeinflusste Organisationen nur der wortgleiche Namensteil und die Abkürzung der Bundesorganisation neben nicht weiter konkretisierten Landesorganisationen aufgeführt, wobei noch Daten der Bundesorganisation genannt werden. Auch die Verfassungsschutzberichte 2013 bis 2015 bezeichnen die Organisation im jeweiligen Anhang in der Übersicht zu extremistischen Organisationen und Gruppierungen allein mit dem wortgleichen Namensteil sowie der Abkürzung. Soweit sich die Berichte zur Landesorganisation dahingehend äußern, sie sei durch eine weitere Organisation beeinflusst, hat das Finanzgericht nicht hinreichend gewürdigt, dass mit einer Berichterstattung über Organisationen, die von verfassungsfeindlichen Kräften beeinflusst werden, ein anderer Sachverhalt als die Verfolgung verfassungsfeindlicher Bestrebungen beschrieben wird[8].
Dem Urteil des Finanzgerichts München lässt sich auch nicht entnehmen, ob die in den Berichten genannten Umstände dem Landesverband zugerechnet werden können oder ob sie allein auf die Bundesorganisation bezogen sind. Hierfür hätte das Finanzgericht seiner Entscheidung jedenfalls die für die Zurechnung von Äußerungen und Verhaltensweisen geltenden Grundsätze zugrunde legen müssen, wie sie sich aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ergeben[9].
Aus den den Landesverband betreffenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen zu den Verfassungsschutzberichten des Landes A der Jahre 2010 bis 2013 lässt sich nichts für die hier zu entscheidende Frage entnehmen, ob der Landesverband als selbständiges Steuersubjekt in den Verfassungsschutzberichten der Streitjahre im Sinne des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO als extremistische Organisation aufgeführt ist. Das VG hat in seinem klageabweisenden Urteil lediglich festgestellt, dass die in den Verfassungsschutzberichten 2010 bis 2013 aufgeführten tatsächlichen Anhaltspunkte sachlich zutreffend sind und die in den Berichten zu der -unter der Abkürzung bezeichneten- Organisation getroffenen Wertungen tragen, ohne sich mit der vorliegend maßgeblichen Frage der Zurechnung dieser Anhaltspunkte zum Landesverband als selbständiges Steuersubjekt zu äußern. Soweit das verwaltungsgerichtliche Berufungsurteil davon ausgeht, ausschließlich der Landesverband sei Beobachtungs- und Berichtsobjekt im Verfassungsschutzbericht, enthebt dies das Finanzgericht nicht der Prüfung, ob der Landesverband als selbständiges Steuersubjekt in dem Verfassungsschutzbericht als extremistische Organisation im Sinne von § 51 Abs. 3 Satz 2 AO aufgeführt ist. Eine Bindungswirkung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen besteht -jedenfalls- insoweit nicht. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob der Landesverband im Hinblick darauf, dass das VG die tatsächlichen Feststellungen der Verfassungsschutzberichte für sachlich zutreffend und für die darauf beruhenden Wertungen als tragend erachtet, hiergegen im finanzgerichtlichen Verfahren substantiiert vorzutragen und entsprechende Beweisanträge zu stellen hat, wollte er diese Feststellungen angreifen[10].
Die Sache ist nicht spruchreif. Die dem Finanzgericht obliegende Prüfung und Würdigung der Tatsachen, ob eine bestimmte Körperschaft als selbständiges Steuersubjekt in den Verfassungsschutzberichten im Sinne des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO aufgeführt ist, kann im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden.
Soweit das Finanzgericht die Klageabweisung weiter damit begründet hat, dass die Ausführungen in den Verfassungsschutzberichten genügten, um dem Landesverband die Steuervergünstigung auch nach § 51 Abs. 3 Satz 1 AO zu versagen, da unter Würdigung der Gesamtumstände die tatsächliche Geschäftsführung des Landesverbandes in den Streitjahren auf eine Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen ausgerichtet sei, trägt auch diese Begründung nicht. Das Finanzgericht bezieht sich insoweit auf eine Gesamtschau der Ausführungen der jeweiligen Verfassungsschutzberichte, ohne sich aber damit zu befassen, ob der Landesverband als selbständiges Steuersubjekt in den Verfassungsschutzberichten aufgeführt ist.
Für den zweiten Rechtsgang weist der Bundesfinanzhof auf Folgendes hin:
Ob eine Körperschaft nach ihrer Satzung oder bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung Bestrebungen im Sinne des § 4 BVerfSchG fördert oder dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandelt, ist eigenständig und ohne eine die Leistungen der Körperschaft für das Gemeinwohl einbeziehende Abwägung zu prüfen, sodass keine Gesamtwürdigung mit der Folge einer Anerkennung (auch) extremistischer Körperschaften als gemeinnützig vorzunehmen ist[11].
Bestehen Anhaltspunkte, die für die Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen sprechen, sind diese zunächst -unabhängig von der Verteilung der objektiven Feststellungslast- einzeln und in ihrer Gesamtschau[12] unter Berücksichtigung der Ziele und Methoden einer Körperschaft sowie etwaiger organisatorischer, personeller, strategischer und ideologischer Verbindungen zu anderen Gruppierungen, die verfassungsfeindliche Bestrebungen fördern, zu würdigen. Demgemäß muss sich das Finanzgericht mit allen Umständen auseinandersetzen, die für die Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen sprechen, und im Rahmen seiner Würdigung Tätigkeiten außer Betracht lassen, die das Gemeinwohl fördern[13]. Insoweit können die Verfassungsschutzberichte der jeweiligen Jahre für die Beurteilung der Aktivitäten des Landesverbandes im jeweiligen Streitjahr ausgewertet und auch zum Anlass für weitere Ermittlungen genommen werden[14].
Zudem ist weiter zu prüfen, ob eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht in Betracht kommt. Dabei ist zu beachten, dass eine Zurechnung der Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen auch durch die Ziele und die Billigung verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Rahmen vereinseigener Aktivitäten erfolgen kann. Schließlich wäre zu prüfen, ob Verhaltensweisen von Personen, die auf Kreisebene des Landesverbandes tätig sind, dem Landesverband zurechenbar sind.
Im Übrigen wird der Landesverband -entgegen seinem Vortrag- durch eine Ablehnung der Gemeinnützigkeit nicht im Hinblick auf Art. 4 Abs. 1 GG in seiner Weltanschauung oder seiner politischen Überzeugung beeinträchtigt. Die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit gewährleistet weder Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen noch auf Teilhabe an bestimmten steuerlichen Privilegien wie der Steuerfreiheit und des Spendenabzugs[15]. Weiter liegt keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG vor, da die Einschränkung der Gemeinnützigkeit für extremistische Organisationen in § 51 Abs. 3 AO geregelt ist und gleichermaßen für alle Körperschaften gilt, die steuerbegünstigte Zwecke verfolgen[16].
Bundesfinanzhof, Urteil vom 5. September 2024 – V R 36/21
- FG München, 27.09.2021 – 7 K 3347/18, EFG 2022, 5[↩]
- BFH, Urteile vom 11.04.2012 – I R 11/11, BFHE 237, 22, BStBl II 2013, 146, Rz 20; und vom 14.03.2018 – V R 36/16, BFHE 260, 420, BStBl II 2018, 422, Rz 28[↩]
- BFH, Urteil vom 14.03.2018 – V R 36/16, BFHE 260, 420, BStBl II 2018, 422, Rz 30; vgl. zur Verdachtsberichterstattung BVerfG, Beschluss vom 24.05.2005 – 1 BvR 1072/01, BVerfGE 113, 63, Rz 68 und 78[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 14.03.2018 – V R 36/16, BFHE 260, 420, BStBl II 2018, 422, Rz 33[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteil vom 14.03.2018 – V R 36/16, BFHE 260, 420, BStBl II 2018, 422, Rz 36 bis 38[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 08.12.2010 – 1 BvR 1106/08, Zeitschrift für das gesamte Medienrecht (AfP) 2011, 43[↩]
- BR-Drs. 545/08, S. 48 und 125; BT-Drs. 16/11108, S. 8 und 45[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.2013 – 6 C 4.12, NVwZ 2014, 233 Rz 23; vgl. demgegenüber zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG: BVerwG, Beschluss vom 24.03.2016 – 6 B 4.16, Buchholz 11 Art. 21 GG Nr. 29 Rz 10[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 27.09.2001 – V R 17/99, BFHE 197, 314, BStBl II 2002, 169, unter II. 2.e; vom 10.01.2019 – V R 60/17, BFHE 263, 290, BStBl II 2019, 301, Rz 36; und vom 29.08.1984 – I R 215/81, BFHE 142, 243, BStBl II 1985, 106, unter 5.b[↩]
- vgl. zur Übernahme strafgerichtlicher Feststellungen BFH, Beschluss vom 05.04.2023 – V R 5/22, BFH/NV 2023, 816, Rz 11[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 14.03.2018 – V R 36/16, BFHE 260, 420, BStBl II 2018, 422, Rz 39 bis 43[↩]
- vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 31.05.2022 – 1 BvR 564/19, Neue Juristische Wochenschrift 2022, 3629, Rz 19; BVerwG, Urteil vom 21.07.2010 – 6 C 22.09, BVerwGE 137, 275, Rz 30[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 11.04.2012 – I R 11/11, BFHE 237, 22, BStBl II 2013, 146, Rz 25; und vom 14.03.2018 – V R 36/16, BFHE 260, 420, BStBl II 2018, 422, Rz 36 bis 38[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 11.04.2012 – I R 11/11, BFHE 237, 22, BStBl II 2013, 146, Rz 18 und 22[↩]
- BFH, Urteil vom 14.03.2018 – V R 36/16, BFHE 260, 420, BStBl II 2018, 422, Rz 47[↩]
- BFH, Urteil vom 14.03.2018 – V R 36/16, BFHE 260, 420, BStBl II 2018, 422, Rz 48[↩]





