Die Frage, ob die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Sinne des § 77 Abs. 2 EStG notwendig war, ist aus der Sicht eines verständigen Bürgers vom Wissens- und Erkenntnisstand des Rechtsbehelfsführers zu beurteilen[1]. Bei der Entscheidung hierüber sind die zu § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO entwickelten Kriterien entsprechend heranzuziehen[2]. Regelmäßig sind dabei keine allzu strengen Maßstäbe anzulegen[3].

Ein verständiger Bürger wird allerdings nicht einen Anwalt beauftragen, sondern die erforderlichen Nachweise selbst einreichen, wenn nicht ernstlich anzunehmen ist, dass der Wechsel im kindergeldrechtlichen Status des Kindes kindergeldschädlich gewesen sein könnte[4]. Die Notwendigkeit einer Hinzuziehung ist zu verneinen, wenn alle erforderlichen Hinweise von der Familienkasse in allgemein verständlicher Form gegeben worden sind und wenn danach die kindergeldberechtigte Person die interessierenden bzw. abgefragten Daten und Unterlagen zumutbar selbst (oder mit Hilfe des erwachsenen Kindes) hätte einreichen können[5]. Anders verhält es sich indessen, wenn die Familienkass den Kindergeldberechtigten durch ihre Vorgehensweise in verfahrensrechtlicher Hinsicht mit erheblichen Unsicherheiten belastet und nicht klar erkennbar ist, ob die geforderte Hereingabe von Unterlagen die rechtlichen Belange des Kindergeldberechtigten in vollem Umfang zu wahren vermag[6].
Es besteht mithin, so das Finanzgericht Baden-Württemberg, keine Notwendigkeit zur Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Einreichung einer Studienbescheinigung oder Mitteilung der Fortdauer des Studiums.
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Februar 2010 – 3 K 4247/09
- vgl. BFH, Urteil in BFH/NV 2003, 25[↩]
- vgl. FG München, Urteil vom 25.07.2007 – 4 K 29/04, EFG 2007, 1704[↩]
- vgl. FG B-W., Urteil vom 10.12.2007 – 3 K 181/07, m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFH/NV 2003, 25, zum Wechsel der Ausbildung[↩]
- vgl. FG Hamburg, Urteil vom 20.04.2004 – III 465/03, EFG 2004, 1621; FG München, Urteil vom 28.09.2005 – 10 K 3486/05; Sächs. FG, Urteil vom 15.07.2009 – 5 K 569/08 (Kg) [↩]
- FG B-W., Urteil vom 29.04.23009 – 4 K 5505/08, EFG 2009, 1337[↩]




