Verlustverrechnung bei privaten Veräußerungsgeschäften von Ehegatten

§ 23 Abs. 3 Satz 8 EStG bestimmt, dass Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäfte bis zur Höhe des Gewinns, den der Steuerpflichtige im gleichen Kalenderjahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hat, ausgeglichen werden dürfen. Zwar handelt es sich bei Eheleuten nicht um einen Steuerpflichtigen sondern um zwei verschiedene Steuerpflichtige. Die Befugnis zur Verrechnung von negativen Einkünften eines Ehegatten mit positiven Einkünften des anderen Ehegatten in ihrem Entstehungsjahr ergibt sich jedoch aus § 26b EStG.

Verlustverrechnung bei privaten Veräußerungsgeschäften von Ehegatten

Nach § 26b EStG werden bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten die Einkünfte, die die Ehegatten erzielt haben, zusammengerechnet und den Ehegatten gemeinsam zugerechnet und, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, die Ehegatten sodann gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt. § 26b EStG regelt die Zusammenveranlagung in drei Abschnitten: Erstens die von Ehegatten erzielten Einkünfte werden unter Beachtung des Prinzips der Individualbesteuerung auch bei der Zusammenveranlagung als jeweils individuell erzielte Einkünfte anerkannt und als solche jeweils für sich ermittelt. Zweitens werden diese so ermittelten individuellen Einkünfte der jeweiligen Ehegatten zusammengerechnet und ihnen gemeinsam zugerechnet. Drittens werden die Ehegatten – wie es § 26b EStG im letzten Halbsatz formuliert – sodann als ein Steuerpflichtiger behandelt[1].

Die Verrechnung der Gewinne des einen Ehegatten aus privaten Veräußerungsgeschäften mit den Verlusten des anderen Ehegatten aus privaten Veräußerungsgeschäften erfolgt auf der zweiten Stufe der Zusammenveranlagung, die darin besteht, dass die Einkünfte den Ehegatten gemeinsam zugerechnet werden. Diese gemeinsame Zurechnung beinhaltete auch die Verrechnung von Verlusten des einen Ehegatten mit Gewinnen des anderen Ehegatten in ihrem jeweiligen Entstehungsjahr.

Verbleibenden Gewinne eines Ehegatten aus privaten Veräußerungsgeschäften können mit den für diesen zum 31.12. des jeweiligen Vorjahres festgestellten Verlustvorträgen aus privaten Veräußerungsgeschäften verrechnet werden. Diese Verrechnung folgt unmittelbar aus § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG. Nach dieser Vorschrift mindern die Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nach Maßgabe des § 10d EStG die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 EStG erzielt hat.

Unzulässig ist es jedoch, die Gewinne des einen Ehegatten aus privaten Veräußerungsgeschäften auch anteilig von den für den anderen Ehegatten festgestellten Verlustvorträgen aus privaten Veräußerungsgeschäften abzuziehen, dies verstößt nach Ansicht des Finanzgerichts Köln gegen den Grundsatz der Individualbesteuerung. Dieser besagt, dass Einkünfte derjenigen Person zuzurechnen sind, die sie erzielt hat. Dieser Grundsatz wird auch durch die Bestimmung des § 26b EStG nicht beeinträchtigt.

Demgegenüber kann das Finanzamt sich nicht auf § 62d EStDV berufen. Zwar bestimmt § 62d Abs. 2 Satz 2 EStDV, dass verbleibende negative Einkünfte aus einem Zeitraum der Zusammenveranlagung für den Verlustvortrag in Veranlagungszeiträume, in denen eine Zusammenveranlagung nicht stattfindet, auf die Ehegatten nach dem Verhältnis aufzuteilen sind, in dem die auf die einzelnen Ehegatten entfallenden Verluste im Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung zueinander stehen.

Diese Vorschrift betrifft aber nur den speziellen Fall, dass Ehegatten von der Zusammenveranlagung zur getrennten Veranlagung übergehen. Sie beruht auf der Ermächtigung des § 26a Abs. 3 EStG. Ihr Anwendungsbereich ist entsprechend dieser Ermächtigung eng begrenzt. § 26a Abs. 3 EStG bestimmt, dass die Anwendung des § 10d EStG für den Fall des Übergangs von der getrennten Veranlagung zur Zusammenveranlagung und von der Zusammenveranlagung zur getrennten Veranlagung, wenn bei beiden Ehegatten nicht ausgeglichene Verluste vorliegen, durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates geregelt wird.

Im hier vom Finanzgericht Köln entschiedenen Streitfall liegt kein derartiger Wechsel der Veranlagungsart vor. Sowohl in den Streitjahren als auch in den Jahren davor und danach wurden die Kläger zusammenveranlagt. Für eine Anwendung des § 62d Abs. 2 Satz 2 EStDV ist deshalb kein Raum.

Auch enthält § 62d Abs. 2 Satz 2 EStDV keinen allgemeinen Rechtsgedanken dergestalt, dass bei durchgehender Zusammenveranlagung verbleibende negative Einkünfte von Ehegatten für den Verlustvortrag nach dem Verhältnis aufzuteilen sind, in dem die auf die einzelnen Ehegatten entfallenden Verluste im Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung zueinander stehen. Eine derartig weite Auslegung des Geltungsbereichs des § 62d EStDV ist nicht zulässig. Denn bei ihr würden die Grenzen der durch § 26a Abs. 3 EStG eingeräumten Ermächtigung (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG) überschritten.

Finanzgericht Köln, Urteil vom 20. April 2012 – 4 K 1027/09

  1. Schneider in Kirchhof/Söhn, EStG, § 26b EStG Rz. B 2[]