Entschädigung für den Verzicht auf einen Vertragsarztsitz

Erhält ein Arzt für den Verzicht auf seine aussichtsreicher Bewerbung sowie den Verzicht auf sein Widerspruchsrecht im Besetzungsverfahren über den Vertragsarztsitz einen Geldbetrag, ist dieser nach einer aktuellen Entscheidung des Finanzgerichts Köln als sonstige Leistung steuerpflichtig gemäß § 22 Nr. 3 EStG.

Entschädigung für den Verzicht auf einen Vertragsarztsitz

Gewerbliche Einkünfte, § 15 EStG, hat der Arzt aufgrund dieser Zahlung nicht bezogen, solange er durch die entgeltliche Ausübung seiner Rechte in Besetzungsverfahren über frei gewordene Vertragsarztsitze nicht nachhaltig im Sinne eines eigenständigen Gewerbebetriebs („Rechteverkauf“) handelt.

Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit als Arzt, § 18 EStG, liegen ebenfalls nicht vor, da der hier getätigte „Rechteverkauf“ nicht mehr als Ausfluss ärztlicher Tätigkeit angesehen werden kann. Der „Rechteverkauf“ spielte sich nicht in Ausübung eines freien Berufes, sondern nur bei dessen Gelegenheit ab.

Steuerpflichtig ist der Betrag von 20.000 DM gemäß § 22 Nr. 3 EStG. Danach gehören zu den Einkünften alle diejenigen „aus Leistungen“, die weder zu anderen Einkunftsarten gehören noch zu solchen aus anderen Ziffern desselben Paragraphen. Das erste wurde soeben festgestellt, das zweite ist nach Ansicht der Kölner Finanzrichter offensichtlich:

Der Arzt hat, so das FG Köln, Einkünfte „aus Leistungen“ bezogen. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21. September 2004[1] ist eine (sonstige) Leistung im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und das eine Gegenleistung auslöst. Es kommt dabei entscheidend darauf an, ob die Gegenleistung (das Entgelt) durch das Verhalten des Steuerpflichtigen veranlasst ist. Hinreichend ist ein wirtschaftlicher Zusammenhang in der Weise, dass die Gegenleistung durch das Verhalten „ausgelöst“ wird. Indes führt nicht jede Einnahme, die durch eine Tätigkeit ausgelöst wird, auch zu Einkünften gemäß § 22 Nr. 3 EStG. Die Norm erfasst, ergänzend zu den übrigen Einkunftsarten, das Ergebnis einer Erwerbstätigkeit und setzt wie diese die allgemeinen Merkmale des Erzielens von Einkünften nach § 2 EStG voraus. Ausreichend ist dafür, dass er eine im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Tun, Dulden oder Unterlassen gewährte Gegenleistung als solche annimmt. Auf diese Weise ordnet er sein Verhalten der erwerbswirtschaftlich und damit auch steuerrechtlich bedeutsamen Sphäre zu.

Nach diesen Grundsätzen ist der gezahlte Betrag von 20.000 DM als sonstige Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG zu versteuern. Diese Zahlung war die Gegenleistung für den Verzicht des Arztes auf seine Bewerbung in aussichtsreicher Position sowie auf sein Widerspruchsrecht im Besetzungsverfahren über den Vertragsarztsitz der Zeugin Dr. Q. Denn nach § 103 Abs. 4 Satz 3 bis 5 des Sozialgesetzbuches Teil V in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes hat der Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung unter mehreren Bewerbern auf einen Vertragssitz den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Dabei sind u. a. die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen[2]. Dass dieser o. g. Verzicht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Rechtsverzicht stand, ergibt sich schon daraus, dass der Arzt die Zahlung zur Überzeugung des Gerichts eingefordert hatte.

Finanzgericht Köln, Urteil vom 16. Dezember 2004 – 15 K 3641/00

  1. IX R 13/02 – BStBl II 2005,44 = BFH/NV 2004, 1725[]
  2. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. November 1996 L 5 Ka 2566/96, Seite 12 – in Juris nur mit Leitsatz veröffentlicht[]