Die Geschäftsunterlagen einer „Taxizentrale“, aus denen sich Umfang und Beschäftigungsdauer der Fahrer der angeschlossenen Taxiunternehmen ergibt, dürfen von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung eingesehen und geprüft werden.

In dem jetzt vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall vermittelt die Klägerin, eine Genossenschaft, in der sich örtliche Taxiunternehmen zusammengeschlossen haben, über eine Telefonzentrale Fahraufträge an Taxiunternehmer. Jeder Fahrer der angeschlossenen Taxiunternehmen muss sich bei Arbeitsaufnahme mit einer PIN-Nummer bei der Klägerin anmelden. Alle eingehenden Fahraufträge vergibt die Klägerin in der Reihenfolge des Eingangs und unter Berücksichtigung der Halteplätze der Taxen, wobei die erste Taxe am Halteplatz verpflichtet ist, den Auftrag anzunehmen und unverzüglich auszuführen. Für besondere Fahrdienste erstellt die Klägerin auch Rechnungen und schließt Verträge über bargeldlose Fahrten ab.
Der Bundesfinanzhof hat nun – wie zuvor bereits das Finanzgericht – bestätigt, dass die Zollverwaltung diejenigen Geschäftsunterlagen der „Taxizentrale“ einsehen und prüfen darf, aus denen sich der Umfang und die Beschäftigungsdauer der Taxifahrer ergibt. Offen legen muss die „Taxizentrale“ alle Geschäftsdaten, aus denen sich der Betrieb einer Taxe durch ein angeschlossenes Unternehmen und der dabei eingesetzte Fahrer sowie die ihm zugeteilten Fahraufträge ergeben, weil sie Auftraggeberin im Sinne des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes ist.
Der Begriff „Auftraggeber“ in §§ 3 bis 5 SchwarzArbG erfasst jeden, der eine Dienst- oder Werkleistung durch Personen ausführen lässt, die ihm dafür vereinbarungsgemäß zur Verfügung stehen. Auftraggeber ist auch, wem die Steuerung von Personen verbindlich übertragen worden ist, so dass er den konkreten Einsatz dieser Personen frei von näheren Weisungen bestimmen kann und dadurch dazu beiträgt, dass ggf. Schwarzarbeit geleistet bzw. ermöglicht wird. Die bloße Weitergabe eines Auftrags ohne Verpflichtung des Vermittelten zum Tätigwerden reicht hingegen nicht aus.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SchwarzArbG prüfen die Behörden der Zollverwaltung u.a., ob aufgrund der Dienst- oder Werkleistungen Sozialleistungen nach dem SGB II und III (Arbeitslosengeld oder Grundsicherung für Arbeitssuchende) oder Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz zu Unrecht bezogen werden oder wurden. Zur Durchführung dieser Prüfungen sind die Behörden der Zollverwaltung nach § 4 Abs. 1 SchwarzArbG befugt, Geschäftsräume des Arbeitgebers und Auftraggebers von Dienst- oder Werkleistungen während der Geschäftszeiten zu betreten und dort Einsicht in Geschäftsunterlagen zu nehmen, aus denen Umfang, Art oder Dauer von Beschäftigungsverhältnissen hervorgehen oder abgeleitet werden können.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SchwarzArbG haben Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Auftraggeber und Dritte, die bei einer Prüfung nach § 2 Abs. 1 SchwarzArbG angetroffen werden, die Prüfung zu dulden und dabei mitzuwirken, insbesondere für die Prüfung erhebliche Auskünfte zu erteilen und die in § 4 SchwarzArbG genannten Unterlagen vorzulegen. Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 SchwarzArbG haben der Arbeitgeber und der Auftraggeber in Datenverarbeitungsanlagen gespeicherte Daten im Rahmen einer Prüfung nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 SchwarzArbG auszusondern und den Behörden der Zollverwaltung auf deren Verlangen auf automatisiert verarbeitbaren Datenträgern oder in Listen zu übermitteln bzw. automatisiert verarbeitbare Datenträger oder Datenlisten ungesondert zur Verfügung zu stellen.
Bei den vom Hauptzollamt verlangten Angaben handelt es sichum Geschäftsdaten, aus denen sich der Betrieb einer Taxe durch ein der Taxizentrale angeschlossenes Unternehmen und der dabei eingesetzte Fahrer sowie die ihm von der Taxizentrale zugeteilten Fahraufträge ergeben. Es liegt auf der Hand, dass sich aus diesen Daten Umfang, Art oder Dauer von Beschäftigungsverhältnissen ergeben oder jedenfalls abgeleitet werden können.
Das Hauptzollamt konnte diese Daten von der Taxizentrale fordern. Der BFH teilt die Auffassung des Finanzgericht, dass die Taxizentrale Auftraggeberin i.S. der §§ 3 bis 5 SchwarzArbG ist, wenn sie die Beförderung eines Kunden durch ein ihr angeschlossenes Unternehmen in Gang setzt. Der Begriff „Auftraggeber“ im Sinne dieser Vorschriften erfasst jeden, der eine Dienst- oder Werkleistung durch Personen ausführen lässt, die ihm dafür zur Verfügung stehen und die er verpflichtend einsetzen kann.
Nicht erforderlich ist dabei, dass die Dienst- oder Werkleistung, die vom Hauptzollamt überprüft werden soll, aufgrund eines Vertrags zwischen dem Auftraggeber und dem Beauftragten erbracht wird und die Leistung selbst im eigenen wirtschaftlichen Interesse des Auftraggebers liegt. Deshalb ist es unschädlich, dass die Taxifahrer, an die die Taxizentrale die von ihr entgegengenommenen Fahrgastanfragen weiterleitet, in aller Regel für ein Taxiunternehmen tätig werden, sei es im Angestelltenverhältnis, sei es als freie Mitarbeiter, nicht aber unmittelbar für die Taxizentrale.
Zwar ist die Schwarzarbeit nach § 1 Abs. 2 SchwarzArbG definiert als Dienst- oder Werkleistung, bei der sozial-, steuer-, arbeits- und ausländerrechtliche Bestimmungen verletzt werden. Die Schwarzarbeit hat ihre Grundlage in einer Leistungsbeziehung, sei es zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sei es in einem Auftrag an selbstständige Unternehmer[1].
Daraus folgt aber nicht, dass nur ein an dieser Leistungsbeziehung unmittelbar Beteiligter als Auftraggeber i.S. der §§ 3 bis 5 SchwarzArbG zur Duldung und Mitwirkung bei einer Prüfung verpflichtet sein kann. Denn auch derjenige, der in das Zustandekommen eines Dienst- oder Werkvertrags derart eingeschaltet ist, dass er Bestellungen nicht nur unverbindlich weiterleitet, sondern –wie die Taxizentrale– die betreffenden Bestellungen in Wahrnehmung der ihm vom Auftragnehmer übertragenen Aufgaben entgegennimmt und diesen damit verpflichtend –wie im Streitfall nach Maßgabe des einvernehmlich festgelegten Vergabeplans– zum Einsatz bringt, trägt dazu bei, dass ggf. Schwarzarbeit geleistet bzw. ermöglicht wird[2]. Die bloße Weitergabe eines Auftrags ohne Verpflichtung des Vermittelten zum Tätigwerden reicht demgegenüber nicht aus.
Ausgehend hiervon ist die Taxizentrale zur Duldung und Mitwirkung bei der Prüfung des Hauptzollamt nach § 2 Abs. 1 SchwarzArbG verpflichtet. Denn sie ist nach ihrer Genossenschaftssatzung bzw. aufgrund der Teilnehmerverträge in das Zustandekommen und die Durchführung der Fahraufträge und damit auch in das Arbeits- bzw. Auftragsverhältnis zwischen den Taxiunternehmen und deren Fahrern in beträchtlichem Umfang eingebunden: nach Maßgabe des Genossenschafts- bzw. Teilnehmervertrags übt sie in erheblichem Umfang die diese Arbeits- bzw. Auftragsverhältnisse prägenden Weisungs- und Überwachungsrechte für die Taxiunternehmen aus. Sie registriert die Arbeitsaufnahme des jeweiligen Fahrers aufgrund seiner Anmeldung mit seiner PIN, nimmt die eingehenden Fahraufträge entgegen, vergibt diese nach festgelegten Kriterien an die gemeldeten Taxen und erstellt für besondere Fahrdienste die Rechnung. Bei ihr laufen alle Informationen über die eingesetzten Fahrer und die vermittelten Fahrten zusammen. Nur sie verfügt über die vom Hauptzollamt benötigten Daten.
Der Einwand der Taxizentrale, der so verstandene Begriff des Auftraggebers sei inkriminierend, da er zu einer ungerechtfertigten Ausweitung des potentiellen Täterkreises einer Ordnungswidrigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SchwarzArbG führe, ist unberechtigt. Denn die Bußgeldvorschrift setzt voraus, dass der Auftraggeber den Auftrag in Kenntnis der damit verbundenen Schwarzarbeit vergibt oder diese zumindest billigend in Kauf nimmt[3]. Die vermeintlich weite Definition des Auftraggeberbegriffs ist nicht zuletzt wegen des mit dem Gesetz verfolgten möglichst weitgehenden Abschreckungseffekts auch in dieser Vorschrift sachgerecht.
Die Bedenken der Taxizentrale gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung sind unbegründet. Die Prüfung richtet sich zweifelsfrei nicht nach den Vorschriften über die Außenprüfung (§§ 196 ff. AO) oder denen über die Nachschau (§§ 210 ff. AO), sondern beruht auf § 2 Abs. 1 SchwarzArbG. Besondere Anforderungen an die Prüfungsanordnung stellt das Gesetz nicht. Dem Urteil des Finanzgericht ist zu entnehmen, dass Beamte des Hauptzollamt bei ihrem Besuch in den Firmenräumen der Taxizentrale eine Prüfungsanordnung aushändigten. Unschädlich ist, dass sich die Prüfung unmittelbar anschloss. Ermittlungen zur Feststellung von Schwarzarbeit wären aussichtslos, würden sie vorher angekündigt. Darüber hinaus hat die Taxizentrale Mängel der Anordnung nicht geltend gemacht, sie sind auch nicht ersichtlich.
Bedenken gegen die Anordnung, die für die Zollverwaltung nicht lesbaren Daten lesbar zu machen, und die Androhung der Ersatzvornahme hat die Taxizentrale nicht konkretisiert. Das Hauptzollamt war nach § 147 Abs. 5 AO i.V.m. § 4 Abs. 1 und § 22 SchwarzArbG zu der Anordnung und gemäß § 332 Abs. 1 Satz 1 AO zur Androhung der Ersatzvornahme nach § 328 Abs. 1, § 330 Abs. 1 AO berechtigt.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 23. Oktober 2012 – VII R 41/10
- z.B. selbstständige Handwerker, Bauunternehmen in der Form einer GmbH; vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung, BT-Drs. 15/2573, Begründung A, S. 17 und Begründung B, zu § 1 Abs. 2, S. 18[↩]
- vgl. BT-Drs. 15/2573, Begründung B, Zu § 1 Abs. 2, S. 18 a.E.[↩]
- vgl. Fehn, Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, §§ 8, 9 Rz 8[↩]






