Die einvernehmliche Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages – und die Sitzverlegung

Eine Einigung im Sinne des § 33 Abs. 2 GewStG kann nur dann Bindungswirkung entfalten, wenn an dieser Vereinbarung der Steuerpflichtige und alle Gemeinden mit Betriebsstätten beteiligt sind, die nach § 28 GewStG einen Zerlegungsanteil beanspruchen können.

Nach § 33 Abs. 2 GewStG ist für den Fall, dass sich die Gemeinden mit dem Steuerschuldner über die Zerlegung einigen, der Steuermessbetrag nach Maßgabe der Einigung zu zerlegen. Diese Vorschrift gibt den an der Zerlegung Beteiligten das uneingeschränkte Recht, abweichend von den gesetzlichen Vorgaben -auch vom Regelfall der Zerlegung nach Arbeitslöhnen gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG[1]– einen eigenen Zerlegungsmaßstab zu vereinbaren[2].

§ 33 Abs. 2 GewStG setzt zwar die Zulässigkeit einer derartigen Vereinbarung voraus, regelt aber keine Einzelheiten. Die Rechtsnatur dieser Einigung ist noch nicht abschließend geklärt[3]. Unabhängig hiervon lässt sich jedoch § 33 Abs. 2 GewStG entnehmen, dass an dieser Einigung neben dem Steuerpflichtigen die Gemeinden mit Betriebsstätten mitwirken müssen[4]. Auch wenn § 33 Abs. 2 GewStG allgemein die „Gemeinden“ nennt, können hiermit nur diejenigen gemeint sein, die einen Zerlegungsanteil beanspruchen können. Dies ergibt sich aus § 186 Nr. 2 AO i.V.m. § 4 Abs. 1, § 28 GewStG. Denn eine Zerlegung setzt nach § 33 GewStG allgemein voraus, dass in der Gemeinde, die einen Zerlegungsanteil beansprucht, eine Betriebsstätte vorhanden ist. Danach kann eine Einigung im Sinne des § 33 Abs. 2 GewStG nur dann Bindungswirkung entfalten, wenn an dieser Vereinbarung der Steuerpflichtige und alle Gemeinden mit Betriebsstätten, die nach § 28 GewStG einen Zerlegungsanteil beanspruchen können, beteiligt sind. Eine Mitwirkung des Finanzamtes sieht das Gesetz nicht vor.

Nach diesen Maßstäben lag für das Streitjahr keine wirksame Einigung nach § 33 Abs. 2 GewStG vor, die Bindungswirkung hätte entfalten können. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Gemeinde des Firmensitzes der Vereinbarung vom 22.06.1992 zu keinem Zeitpunkt zugestimmt und damit hieran nicht mitgewirkt hat. Bereits diese fehlende Mitwirkung führt dazu, dass die Bindungswirkung der Einigung entfällt und der vereinbarte Zerlegungsmaßstab nicht zur Anwendung kommen kann. Infolge dieser fehlenden Mitwirkung ist es auch nicht möglich, einen Beteiligtenwechsel in der Form anzunehmen, dass die Gemeinde des Verwaltungssitzes an die Stelle der Stadt, in der sich zuvor der Verwaltungssitz der Gewerbetreibenden befunden hat, getreten ist.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 15. Mai 2024 – IV R 21/21

  1. anderer Ansicht Brandis/Heuermann/Baldauf, § 33 GewStG Rz 10[]
  2. Schulze in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 33 Rz 23, m.w.N.[]
  3. vgl. dazu BFH, Urteil vom 20.04.1999 – VIII R 13/97, BFHE 188, 536, BStBl II 1999, 542, unter II.B.; Schulze in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 33 Rz 26; Brandis/Heuermann/Baldauf, § 33 GewStG Rz 11[]
  4. gleicher Ansicht Schulze in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 33 Rz 24; Brandis/Heuermann/Baldauf, § 33 GewStG Rz 12[]