Der Einmalbeitrag für die Rentenversicherung des Ehegatten – und die Erbschaftsteuer

Erhält ein Ehegatte vereinbarungsgemäß einen Teil des Einmalbeitrags, den er für eine vom anderen Ehegatten abgeschlossene Rentenversicherung gezahlt hatte, von dem Versicherungsunternehmen erstattet, weil der andere Ehegatte verstorben ist, bevor die geleisteten Rentenzahlungen die Höhe des Einmalbeitrags erreicht haben, unterliegt der Erstattungsbetrag nicht der Erbschaftsteuer.

Der Einmalbeitrag für die Rentenversicherung des Ehegatten – und die Erbschaftsteuer

Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen jeder Vermögensvorteil, der aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags bei dessen Tod von einem Dritten unmittelbar erworben wird. Ein Vertrag zugunsten Dritter gemäß § 331 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, bei dem die Leistung an den Dritten nach dem Tod desjenigen erfolgen soll, welchem sie versprochen worden ist, führt beim Tod des Versprechensempfängers regelmäßig zu einem derartigen Erwerb von Todes wegen. Allerdings setzt die Steuerbarkeit nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG bei einem Vertrag zugunsten Dritter voraus, dass die Zuwendung an den Dritten im Verhältnis zum Erblasser (Valutaverhältnis) alle objektiven und subjektiven Merkmale einer freigebigen Zuwendung aufweist. Bei dem nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG steuerpflichtigen Erwerb durch Vertrag zugunsten Dritter handelt es sich vom Typus her um eine freigebige Zuwendung i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, die nur deshalb den Erwerben von Todes wegen zugerechnet wird, weil die die Steuerpflicht auslösende Bereicherung des Dritten erst beim Tod des Erblassers als Zuwendenden eintritt. Daher verlangt auch der Erwerb i.S. des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG eine objektive Bereicherung des Dritten. Außerdem muss das Bewusstsein der Freigebigkeit vorhanden sein[1].

Da eine freigebige Zuwendung i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG eine Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Schenkers und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten voraussetzt[2] und ein Vertrag zugunsten Dritter nur dann nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG steuerbar ist, wenn die Zuwendung an den Dritten im Verhältnis zum Erblasser (Valutaverhältnis) alle objektiven und subjektiven Merkmale einer freigebigen Zuwendung aufweist, muss es in den Fällen des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG entgegen der Ansicht des Finanzgericht ebenfalls zu einer Vermögensminderung auf der Seite des Erblassers kommen. Der BFH hat demgemäß bereits im Urteil vom 13. Mai 1998[3] ausgeführt, dass § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG eine Bereicherung des Begünstigten voraussetzt, die aus dem Vermögen des Erblassers herrührt.

Für die Beurteilung, ob die Zuwendung an den Dritten im Verhältnis zum Erblasser alle objektiven und subjektiven Merkmale einer freigebigen Zuwendung aufweist, kommt es nicht auf das Deckungsverhältnis zwischen dem Versprechenden (hier: die Versicherungsgesellschaft) und dem Versprechensempfänger (hier: die Ehefrau), sondern auf das Valutaverhältnis zwischen dem Versprechensempfänger und dem Dritten (hier: dem Ehemann) an[4].

Der von der Versicherungsgesellschaft mit der Ehefrau vereinbarte Anspruch des Ehemannes auf Rückzahlung des von ihm entrichteten Beitrags abzüglich der gezahlten Renten erfüllt nicht diese Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. Es fehlt hinsichtlich des durch den (vorzeitigen) Tod der Ehefrau aufschiebend bedingten Rückzahlungsanspruchs an der erforderlichen Vermögensverschiebung zwischen der Ehefrau und ihrem Ehemann. Nicht die Ehefrau, sondern der Ehemann hatte den Versicherungsbeitrag gezahlt. Dies ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs entscheidend.

Der Bundesfinanzhof teilt somit für die vorliegende Fallgestaltung die aktuelle Auffassung der Finanzverwaltung zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen Leistungen aus einer Lebensversicherung beim Erwerb durch einen Bezugsberechtigten der Besteuerung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG unterliegen. Dies ist nach R E 3.7 Abs. 2 Satz 1 ErbStR 2011 der Fall, wenn im Valutaverhältnis zwischen dem Versprechensempfänger (Versicherungsnehmer und Erblasser) und dem Begünstigten eine freigebige Zuwendung vorliegt. Hat ein Bezugsberechtigter eines Lebensversicherungsvertrags die Prämien ganz oder teilweise gezahlt, ist die Versicherungsleistung gemäß R E 3.7 Abs. 2 Satz 2 ErbStR 2011 nach dem Verhältnis der vom Versicherungsnehmer/Erblasser gezahlten Versicherungsbeiträge zu den insgesamt gezahlten Versicherungsbeiträgen aufzuteilen; nur dieser Teil unterliegt der Erbschaftsteuer. Diese Grundsätze gelten nach R E 3.7 Abs. 2 Satz 4 ErbStR 2011 auch, wenn ein Anspruch aus einer noch nicht fälligen Lebensversicherung übertragen wird, bei der der Erwerber die Versicherungsbeiträge bisher ganz oder teilweise gezahlt hat.

Eine R E 3.7 Abs. 2 ErbStR 2011 entsprechende Regelung hatten bereits die im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen ergangenen gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 23. Februar 2010[5] getroffen, und zwar mit Wirkung für alle noch nicht bestandskräftig veranlagten Fälle. Diese Erlasse beruhten auf den Rechtsgrundsätzen, die im BFH-Urteil vom 1. Juli 2008[6] im Hinblick auf die Bereicherung des Nacherben entwickelt wurden. Danach schließt § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG beim Nacherben die steuerliche Erfassung von Vermögenswerten aus, die er selbst durch Baumaßnahmen auf einem nachlasszugehörigen Grundstück zu Lebzeiten des Vorerben in Erwartung der Nacherbfolge geschaffen hat.

Die Finanzverwaltung hat somit die von ihr früher in R 10 Abs. 2 Satz 2 ErbStR 2003 vertretene Auffassung aufgegeben, nach der die Steuerpflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG grundsätzlich nicht dadurch entfällt, dass der Bezugsberechtigte die Prämien ganz oder teilweise anstelle des Versicherungsnehmers gezahlt hat. Anders als in R 10 Abs. 2 Satz 4 ErbStR 2003 vorgesehen macht die Finanzverwaltung die Unanwendbarkeit des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG bei dem Erwerb eines Anspruchs aus einer Lebensversicherung nicht mehr davon abhängig, dass der Prämienzahler von vornherein sowohl für den Erlebens- als auch für den Todesfall unwiderruflich bezugsberechtigt ist. Vielmehr kommt es nach der -zutreffenden- Ansicht der Finanzverwaltung lediglich darauf an, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die versicherte Person oder der Bezugsberechtigte die Versicherungsbeiträge gezahlt hat[7].

Es kann demnach auf sich beruhen, ob die Ehefrau im Innenverhältnis zum Ehemann berechtigt sein sollte, über den Rückzahlungsanspruch frei zu verfügen und ihn statt dem Ehemann einem beliebigen Dritten zuzuwenden. Bei der vorliegenden Fallgestaltung kann nichts anderes gelten als bei einer Lebensversicherung, bei der es nicht auf die unwiderrufliche Bezugsberechtigung des Bezugsberechtigten ankommt, sondern lediglich darauf, dass der Bezugsberechtigte die Prämien für den Versicherungsnehmer gezahlt hat.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. September 2013 – II R 29/11

  1. BFH, Urteile vom 24.10.2001 – II R 10/00, BFHE 197, 265, BStBl II 2002, 153; und vom 17.10.2007 – II R 8/07, BFH/NV 2008, 572[]
  2. BFH, Urteil vom 30.01.2013 – II R 38/11, BFHE 240, 287[]
  3. BFH, Urteil vom 13.05.1998 – II R 60/95, BFH/NV 1998, 1485[]
  4. BFH, Urteil in BFH/NV 2008, 572[]
  5. BStBl I 2010, 194[]
  6. BFH, Urteil vom 01.07.2008 – II R 38/07, BFHE 220, 531, BStBl II 2008, 876[]
  7. ebenso FG München, Urteil vom 26.07.2006 – 4 K 4359/03, EFG 2006, 1921; FG Nürnberg, Urteil vom 09.02.1967 – II 308/65, EFG 1967, 354; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.12 1993 – 4 K 1130/93, EFG 1994, 665; Fischer in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 4. Aufl., § 3 Rz 520; Weinmann in Moench/Weinmann, § 3 ErbStG Rz 163; Geck in Kapp/Ebeling, § 3 ErbStG Rz 269.1; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 3 Rz 293; a.A. Hessischen FG, Urteil vom 11.04.1989 – X 182-183/82 u.a., EFG 1989, 518; und Nds. FG, Urteile vom 24.02.1999 – III 334/94, EFG 1999, 1141; sowie vom 16.11.2005 – 3 K 47/04, EFG 2006, 910[]