Ein beim Automatenglücksspiel automatisch einbehaltener Tronc (Trinkgeldbetrag) ist als Teil des Entgelts in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Einer Minderung der Bemessungsgrundlage um die nach Landesrecht erhobene Troncabgabe steht entgegen, dass diese nicht die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer erfüllt.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG und nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c MwStSystRL[1] unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Gerichtshofs der Europäischen Union erbringt ein Unternehmer Leistungen gegen Entgelt im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, wenn zwischen ihm und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet, so dass das Entgelt als Gegenwert für die Leistung anzusehen ist[2]. Dass die Automatenaufstellerin gegenüber den Spielern entgeltliche Leistungen durch Einräumung einer Spielmöglichkeit und Gewinnchance erbracht hat[3], ist demgemäß in dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen FAll zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Die Umsätze der Automatenaufstellerin sind nicht gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG 2005[4] steuerfrei. Steuerfrei sind danach nur „die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen“. Diese Regelung ist richtlinienkonform[5]. Die Spielautomatenumsätze fallen nicht unter das Rennwett- und Lotteriegesetz.
Der Umsatz wird bei Lieferungen und sonstigen Leistungen nach dem Entgelt bemessen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG). Entgelt ist nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Damit übereinstimmend[6] ist nach Art. 73 MwStSystRL Besteuerungsgrundlage bei der Lieferung von Gegenständen und bei Dienstleistungen alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger erhält oder erhalten soll.
Maßgebend sind hierfür in erster Linie die zwischen Leistendem und Leistungsempfänger bestehenden Vereinbarungen. Zum Entgelt zählt daher die vertraglich vereinbarte Leistungsvergütung, zu deren Zahlung der Leistungsempfänger verpflichtet ist; darüber hinaus können auch weitergehende Aufwendungen des Leistungsempfängers zusätzliches Entgelt „für die Leistung“ sein, wenn insoweit kein anderer Zuwendungsgrund als das Leistungsverhältnis zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ersichtlich ist[7].
Nach diesen Grundsätzen ist der Tronc-Einbehalt beim Automatenspiel als Entgelt für die Leistung der Automatenaufstellerin zu beurteilen.
Der Spieler kann die Leistung der Automatenaufstellerin –die ihm von ihr durch die betreffenden Automaten eingeräumte Spielmöglichkeit und Gewinnchance– nur durch Einwurf des für das betreffende Automatenspiel erforderlichen Betrages sowie den zugleich erklärten Verzicht auf einen Teil seines Gewinnes unter den zuvor festgelegten Bedingungen erhalten. Erst mit dem Einwurf des geforderten Betrages kommt zwischen der Klägerin und dem Spieler der Spielvertrag mit diesem Inhalt zustande. Sowohl die Einwurfzahlung als auch der Verzicht sind daher vertraglich geschuldetes Entgelt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist deshalb ohne Bedeutung, dass sie sowohl Automaten mit als auch ohne Tronc-Einbehalt aufstellt und der Spieler wählen kann, an welchem Automaten er spielt. Die Einbeziehung des Automaten-Troncs in die Bemessungsgrundlage steht aus demselben Grund auch nicht –wie die Klägerin meint– in einem ungerechtfertigten Widerspruch zur Behandlung des „gewöhnlichen“ Troncs. Denn in diesem, hier nicht zu entscheidenden Fall, ist der Spieler frei, ob und in welcher Höhe er unabhängig von der Durchführung eines bestimmten Spiels Zahlungen in den Tronc vornimmt. Es fehlt insoweit an der für den automatischen Tronc-Einbehalt charakteristischen und seine umsatzsteuerrechtliche Behandlung bestimmenden Verknüpfung von Spielleistung und Aufwendung.
Auch ist es ohne Bedeutung, dass der Spieler auf den unter den genannten Bedingungen erfolgenden Tronc-Einbehalt hingewiesen wird. Wie der EuGH[8] zu einem den Kunden im Voraus mitgeteilten, an das Personal auszukehrenden Bedienungszuschlag entschieden hat, dürfen nur die in Art. 11 Teil A Abs. 3 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerliche Bemessungsgrundlage –Richtlinie 77/388/EWG– (nunmehr Art. 79 MwStSystRL) genannten Beträge von der Besteuerungsgrundlage für die Mehrwertsteuer ausgenommen werden.
Nach dieser Bestimmung sind in die Besteuerungsgrundlage unter bestimmten Voraussetzungen nicht einzubeziehen die Preisnachlässe durch Skonto für Vorauszahlungen, die Rabatte und Rückvergütungen auf den Preis sowie die Beträge, die ein Steuerpflichtiger vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger als Erstattung der in ihrem Namen und für ihre Rechnung verauslagten Beträge erhält. Ebenso wie der vereinbarte Bedienungszuschlag ist daher auch der im Voraus aufgrund des Hinweises vereinbarte Tronc-Einbehalt ungeachtet dessen, dass er von vornherein für die Auskehrung an das Personal bestimmt ist, Teil der Gegenleistung. Ohne Belang für die Beurteilung als Entgelt ist für die Anwendung der Mehrwertsteuer, ob die Kunden über den Bedienungszuschlag und seine prozentuale Höhe informiert wurden, und ob und wie die Auskehrung an das Personal sichergestellt ist[9].
Unerheblich ist daher im Streitfall, dass die Klägerin einen Teil des Troncs zur Finanzierung der Lohnzahlungen der Angestellten verwenden muss. Zwar hat nach dem im Streitfall maßgeblichen Landesrecht (§ 7 Abs. 2 SpielbkG HE 1988[10] bzw. § 14 Abs. 2 SpielbkG HE 2007[11] der Spielbankunternehmer den Tronc, soweit nicht daraus eine Abgabe für gemeinnützige Zwecke (Troncabgabe) zu leisten ist, für das Personal, das bei der Spielbank beschäftigt ist, zu verwalten und zu verwenden. Dies berührt weder die Rechtsbeziehungen zwischen dem Spieler und dem Automatenaufsteller –hier der Klägerin– noch begründet es, wie das FG zutreffend feststellt, eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem Spieler und den bei der Spielbank Beschäftigten. Für die Bemessung des Entgelts ist es grundsätzlich unerheblich, in welcher Weise über das Entgelt nach seiner Vereinnahmung verfügt wird[12].
Die Automatenaufstellerin kann sich dabei auch nicht auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Glawe[13] berufen. Darin hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass bei den damals streitbefangenen Geldspielautomaten die vom Betreiber für die Bereitstellung der Automaten tatsächlich erhaltene Gegenleistung nur in dem Teil der Einsätze bestehe, über den er effektiv selbst verfügen könne. Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG (ab 1. Januar 2007 Art. 73 MwStSystRL) sei dahin auszulegen, dass bei solchen Automaten der gesetzlich zwingend festgelegte Teil der Gesamtheit der Spieleinsätze, der den an die Spieler ausgezahlten Gewinnen entspricht, nicht zur Besteuerungsgrundlage gehöre. Wie der EuGH im Urteil „Town & County Factors Ltd.“[14] klargestellt hat, war für jene Geldautomaten kennzeichnend, dass ein bestimmter Mindestprozentsatz der von den Spielern geleisteten Einsätze als Gewinn an die Spieler ausgeschüttet wurde und dass diese Einsätze technisch und gegenständlich von den Einsätzen getrennt waren, die der Betreiber tatsächlich für sich verbuchen konnte. Die Grundsätze des Urteils Glawe[15] können deshalb nicht auf andere Sachverhalte ausgedehnt werden, bei denen eine technische und gegenständliche Trennung ausgeschütteter Beträge von den Einsätzen fehlt[16].
Der automatische Tronc-Einbehalt ist kein durchlaufender Posten (§ 10 Abs. 1 Satz 6 UStG), der aus der Bemessungsgrundlage für den Spielumsatz ausscheidet. Nach § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG gehören nur die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt oder verausgabt, nicht zum Entgelt. Dies setzt voraus, dass unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen zwei Beteiligten bestehen, in die der Unternehmer nur als vermittelnde Person (Zahlstelle) zwischengeschaltet ist[17]. Im Streitfall fehlt es jedoch an einer originären eigenen Berechtigung des Spielbankpersonals am Tronc-Aufkommen[18].
Ohne Erfolg macht die Spielautomatenaufstellerin unter Hinweis auf die Troncabgabe geltend, die Belastung des Automaten-Troncs mit der Umsatzsteuer führe zu einer Doppelbelastung. Zwar unterliegt der Tronc in der von den zuständigen Stellen festgesetzten Höhe einer Abgabe für gemeinnützige Zwecke (§ 7 Abs. 2 SpielbkG HE 1988 und § 14 Abs. 2 und Abs. 3 SpielbkG HE 2007). Deren Abzug von der Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer wäre gemäß § 10 UStG aber nur möglich, wenn sie die Merkmale einer Umsatzsteuer erfüllen würde. In Übereinstimmung hiermit bestimmt Art. 78 Buchst. a MwStSystRL ausdrücklich, dass Steuern, Zölle, Abschöpfungen und Abgaben mit Ausnahme der Mehrwertsteuer in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind.
Die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer sind die folgenden: Allgemeine Geltung der Steuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte; Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält; Erhebung der Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich der Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl der vorher bewirkten Umsätze; Abzug der auf den vorhergehenden Stufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer, so dass sich die Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den auf dieser Stufe vorhandenen Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird[19]. Diese Voraussetzungen erfüllt die Troncabgabe –ebenso wie die Vergnügungsteuer[20] nicht.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 1. September 2010 – V R 32/09
- Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABl.EU Nr. L 347, 1[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 12.05.2009 – V R 24/08, BFHE 226, 364, BStBl II 2010, 854; vom 05.12.2007 – V R 60/05, BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, m.w.N. zur Rechtsprechung des EuGH und des BFH[↩]
- BFH, Urteil vom 18.08.2005 – V R 42/02, BFHE 211, 80, BStBl II 2007, 137, m.w.N.[↩]
- in der Fassung des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom 28.04.2006, BGBl I 2006, 1095[↩]
- EuGH, Urteil vom 10.06.2010 – C-58/09 [Leo Libera GmbH], BFH/NV 2010, 1590[↩]
- BFH, Urteile vom 06.05.2010 – V R 15/09, BFHE 230, 252, DStR 2010, 1782; vom 11.02.2010 – V R 2/09, BFHE 228, 467, BStBl II 2010, 765, jeweils m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 06.06.2002 – V R 59/00, BFHE 199, 45, BStBl II 2003, 214; vom 16.01.2003 – V R 72/01, BFHE 201, 335, BStBl II 2003, 620; vom 11.05.1995 – V R 86/93, BFHE 177, 563, BStBl II 1995, 613, m.w.N.[↩]
- EuGH, Urteil vom 29.03.2001 – C-404/99 [Kommission/Frankreich], Slg. 2001, I-2667, UR 2001, 206[↩]
- EuGH, Urteil Kommission/Frankreich in Slg. 2001, I-2667, UR 2001, 206 Rdnr. 43[↩]
- Hessisches Spielbankgesetz vom 21.12.1988, GVBl HE I 1989, 1[↩]
- Hessisches Spielbankgesetz vom 15.11.2007, GVBl HE I 2007, 753[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 19.08.1971 – V R 74/68, BFHE 103, 278, BStBl II 1972, 24[↩]
- EuGH, Urteil in Slg. 1994, I-1679, BStBl II 1994, 548[↩]
- EuGH, Urteil vom 17.09.2002 – C-498/99 [Town & County Factors Ltd.], Slg. 2002, I-7173, BFH/NV Beilage 2003, 35 Rdnr. 30[↩]
- EuGH, Slg. 1994, I-1679, BStBl II 1994, 548[↩]
- BFH, Urteile in BFHE 211, 80, BStBl II 2007, 137; vom 22.04.2010 – V R 26/08, BFHE 229, 429, BStBl II 2010, 883[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 229, 429, BStBl II 2010, 883; BFH, Beschluss vom 27.02.1989 – V B 75/88, BFH/NV 1989, 744[↩]
- BFH, Urteile vom 18.12.2008 – VI R 49/06, BFHE 224, 103, BStBl II 2009, 820; und vom 18.12.2008 – VI R 8/06, BFH/NV 2009, 382[↩]
- EuGH, Urteil vom 03.10.2006 – C-475/03 [Banca popolare di Cremona], Slg. 2006, I-9373, BFH/NV Beilage 2007, 83 Rdnr. 28, m.w.N.; BFH, Urteil vom 09.10.2002 – V R 81/01, BFHE 199, 507, BStBl II 2002, 887; Beschluss vom 01.02.2007 – II B 51/06, BFH/NV 2007, 987[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 229, 429, BStBl II 2010, 883[↩]




