Die mit dem Corona-SteuerhilfeG vom 19.06.2020[1] in § 3 Nr. 11a EStG eingeführte Steuerbefreiung ist rückwirkend, d.h. für ab dem 1.03.2020 gewährte Corona-Sonderzahlungen, anwendbar. Eine ersatzweise anstelle von Urlaubsgeld oder einer Bonuszahlung aus Gründen der Steueroptimierung steuerfrei erbrachte Corona-Sonderzahlung stellt jedenfalls dann keine zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährte Leistung dar, wenn zeitgleich mit der als Corona-Sonderzahlung deklarierten Auszahlung ein Anspruch auf Urlaubsgeld bzw. eine Bonuszahlung begründet worden ist.
Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11a EStG setzt unter anderem voraus, dass der Arbeitgeber die Sonderzahlung aufgrund der Corona-Krise erbringt. Aus den Gesamtumständen muss erkennbar sein, dass die konkrete Leistung gewährt wird, um die beim Arbeitnehmer wegen der Corona-Pandemie entstandenen (Mehr-)Belastungen auszugleichen und abzumildern.
In dem hier vom Niedersächsischen Finanzgericht entschiedenen Fall betreibt die klagende Händlerin mehrere Lebensmittelläden. Ihren Mitarbeitern zahlte sie u.a. im Mai und November 2020 als Corona-Sonderzahlung deklarierte Geldleistungen steuerfrei aus. Über die Sonderzahlungen informierte sie die Beschäftigten durch interne Aushänge. In diesen gab sie zugleich bekannt, dass sie, wie in den Vorjahren, im Monat Mai Urlaubsgeld bzw. im Monat November einen Bonus als freiwillige Leistung gewähren werde. Die Lohnsteueraußenprüfung kam zu der Feststellung, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11a EStG für die in den Monaten Mai und November erbrachten Sonderzahlungen nicht erfüllt seien. Die Lohnsteuer nebst sonstiger Lohnsteuerabzugsbeträge wurde durch Nachforderungsbescheid festgesetzt.
Das Niedersächsische Finanzgericht hat die gegen den Nachforderungsbescheid erhobene Klage der Händlerin als unbegründet abgewiesen. Es hat sich bei dieser Entscheidung – soweit ersichtlich erstmals – mit der Frage der Anwendbarkeit und Auslegung der mit dem Corona-Steuerhilfegesetz vom 19.06.2020[1] eingeführten Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 11a EStG auseinanderzusetzen. Zu klären waren insbesondere Fragen zur rückwirkenden Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelung in § 3 Nr. 11a EStG, zur Auslegung des Merkmals „aufgrund der Corona-Krise“ sowie zur Anwendbarkeit und Auslegung der mit dem JStG 2020[2] in § 8 Abs. 4 EStG ebenfalls neu eingeführten Definition des Zusätzlichkeitskriteriums. Dabei kam das Finanzgericht zu dem Ergebnis, dass die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 11a EStG zwar rückwirkend ab dem 1.03.2020 anwendbar ist, deren Voraussetzungen im konkreten Fall aber weder hinsichtlich der Mai- noch der Novemberzahlung vorgelegen haben. Zum einen habe die Händlerin die als Corona-Sonderzahlung deklarierten Leistungen nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht. Aus den Gesamtumständen sei nicht ersichtlich gewesen, dass die Händlerin ihren Mitarbeitern die als „Sonderzahlung Corona“ bezeichneten Leistungen im Mai und November 2020 zur Abmilderung der besonderen Belastungen durch die Corona-Krise ausgezahlt hat. Das Finanzgericht berücksichtigte dabei die Angaben in den Verdienstabrechnungen, den Wortlaut der seitens der Händlerin ausgehängten internen Informationsschreiben, die Berechnungsmethode sowie die Auszahlungsmodalitäten der Sonderzahlungen. Zum anderen sei das Zusätzlichkeitskriterium weder nach den Grundsätzen der Rechtsprechung zur alten Rechtslage noch nach den Vorgaben des § 8 Abs. 4 EStG als erfüllt anzusehen. Die Corona-Sonderzahlung sei ersatzweise anstelle des Urlaubsgeldes bzw. der Bonuszahlung gewährt worden. Der geschuldete Arbeitslohn sei durch diese herabgesetzt worden.
Die von der Händlerin in den Monaten Mai 2020 und November 2020 an ihre Arbeitnehmer ausgezahlten und in den Verdienstabrechnungen jeweils als „Sonderzahlung Corona“ bezeichneten Leistungen sind nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) steuerpflichtiger Arbeitslohn. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11a EStG sind nicht erfüllt.
Nach § 3 Nr. 11a EStG sind die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 01.03.2020 bis zum 31.03.2022 aufgrund der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährten Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 EUR steuerfrei.
Diese Regelung wurde aus Gründen der Rechtssicherheit durch das Corona-Steuerhilfegesetz (Corona-SteuerhilfeG) vom 19.06.2020 nachträglich eingeführt[3]. Die Vorschrift soll nach § 52 Abs. 1 EStG erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2020 anwendbar sein. Der Anwendungszeitraum der Steuerbefreiung wurde vom 31.12.2020 durch das Jahressteuergesetz 2020[4] vom 21.12.2020 bis zum 30.06.2021[5] sowie durch das Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz (AbzStEntModG) vom 02.06.2021 bis zum 31.03.2022 verlängert[6]. § 3 Nr. 11a EStG ist lex specialis zu § 3 Nr. 11 EStG[7].
Zuvor hatte das Bundesministerium der Finanzen das BMF-Schreiben vom 09.04.2020[8] veröffentlicht, welches ausweislich der Überschrift zur Abmilderung der zusätzlichen Belastungen durch die Corona-Krise eine Steuerbefreiung für Arbeitnehmer vorsah. Nach diesem Schreiben konnten Arbeitgeber Beihilfen und Unterstützungen aufgrund der Corona-Krise bis zu einem Betrag von 1.500 EUR nach § 3 Nr. 11 EStG an ihre Arbeitnehmer steuerfrei in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewähren. Voraussetzung sei, dass die Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werde. Aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Betroffenheit durch die Corona-Krise sollte allgemein unterstellt werden können, dass ein die Beihilfe und Unterstützung rechtfertigender Anlass i.S.d. R 3.11 Abs. 2 Satz 1 LStR vorliege. Die in R 3.11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 LStR genannten Voraussetzungen bräuchten nicht erfüllt werden. Die steuerfreien Leistungen seien im Lohnkonto aufzuzeichnen. Wegen der Einführung des § 3 Nr. 11a EStG wurde das BMF, Schreiben durch das BMF-Schreiben vom 26.10.2020[9] ersetzt. Nach diesem sei für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung Voraussetzung, dass die Beihilfen und Unterstützungen zur Abmilderung der zusätzlichen Belastungen durch die Corona-Krise und zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet worden seien.
Die Beihilfen und Unterstützungen müssen dem Arbeitnehmer im Zeitraum vom 01.03.2020 bis zum 31.03.2022 gewährt worden sein. Angesichts des gesetzlichen Wortlauts müssen die Leistungen in diesem Zeitraum tatsächlich zugeflossen sein[10].
Die Beihilfen und Unterstützungen müssen dem Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährt worden sein.
Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer die Sonderleistungen als Beihilfe oder Unterstützung gewährt haben.
In Anlehnung an den Begriff der Beihilfe in § 3 Nr. 11 EStG muss es sich für Zwecke der Beihilfe i.S.d. § 3 Nr. 11a EStG um eine freiwillige, einseitige, unentgeltliche und uneigennützige Unterstützung ohne Gegenleistungscharakter für die erbrachte Arbeitsleistung handeln. Eine Beihilfe i.S.d. § 3 Nr. 11a EStG soll wegen dessen Zielrichtung aber auch anzunehmen sein, wenn die betreffende Leistung vertraglich vereinbart wurde[11].
Unter dem Begriff der Unterstützung ist inhaltsgleich Hilfe oder Beihilfe zu verstehen. Eine individuelle Unterstützungsbedürftigkeit sollte angesichts der Entstehungsgeschichte und der Zweckrichtung des § 3 Nr. 11a EStG nicht erforderlich sein[12]. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Steuerbefreiung insbesondere Angehörige der Heil- und Pflegeberufe sowie Supermarktangestellte als Anerkennung ihrer Leistungen während der Corona-Pandemie zu begünstigen. Aus den Gesetzesmaterialien ist nicht ersichtlich, dass einzelne Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmergruppen von der Steuerbefreiung ausgeschlossen werden sollten. Eine abstrakte Betroffenheit der Arbeitnehmer durch die Corona-Pandemie soll daher genügen[13].
Die Leistungen müssen in Form von Zuschüssen oder Sachbezügen gewährt werden.
Sachbezüge sind nach § 8 Abs. 2 EStG Einnahmen, die nicht in Geld bestehen[14]. Unter den Begriff der Zuschüsse i.S.d. § 3 Nr. 11a EStG sind in Abgrenzung zu den Sachbezügen und in Anlehnung an die Regelung in § 3 Nr. 15 EStG zu Fahrtkostenzuschüssen des Arbeitgebers und in § 3 Nr. 28a EStG zu Zuschüssen zum Kurzarbeitergeld zusätzlich zum Arbeitsentgelt gewährte Geldleistungen zu verstehen[15].
Die Leistungen müssen nach § 3 Nr. 11a EStG zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.
Durch Urteile vom 01.08.2019 änderte der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung hinsichtlich des Zusätzlichkeitskriteriums[16]. Nach diesen Entscheidungen sollte nunmehr zusätzlicher Arbeitslohn vorliegen, wenn die Leistung verwendungs- bzw. zweckgebunden neben dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird. Ohnehin geschuldeter Arbeitslohn sei derjenige Lohn, den der Arbeitgeber verwendungsfrei und ohne eine bestimmte Zweckbindung (ohnehin) erbringe. Es komme nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer auf den zusätzlichen Arbeitslohn einen arbeitsrechtlichen Anspruch habe. Freiwilligkeit und Zusätzlichkeit schließen einander nicht aus. Neben eine Zahlung, auf die ein verbindlicher Rechtsanspruch bestehe, könne eine weitere ebenfalls arbeitsrechtlich geschuldete Leistung hinzutreten.
Ein Lohnformenwechsel, d.h. die Umwandlung von Arbeitslohn in begünstigte Zusatzleistungen, sei nicht grundsätzlich begünstigungsschädlich. Es seien aber diejenigen Gehaltsumwandlungen auszuschließen, bei denen eine Anrechnung auf den unverändert bestehenden Lohnanspruch erfolge. So könne erreicht werden, dass die Steuerbefreiung allein ihrer Zweckbestimmung zugutekomme und Leistungen, die unter Anrechnung auf den vereinbarten Arbeitslohn oder durch Umwandlung (Umwidmung) des vereinbarten Arbeitslohns erbracht werden, nicht steuerfrei gestellt werden. In Anrechnungs-/Verrechnungsfällen werde nicht „zusätzlich zum“, sondern „ersatzweise an Stelle von“ regelbesteuertem Arbeitslohn geleistet. Dem Arbeitgeber sei es damit verwehrt, einseitig, d.h. ohne Vertragsänderung, eine im Hinblick auf die vorhandenen Begünstigungstatbestände optimierte Berechnung der Lohnsteuer zu bewirken.
Das Zusätzlichkeitserfordernis sei auf den Zeitpunkt der Lohnzahlung zu beziehen.
Durch BMF, Schreiben vom 05.02.2020[17] hat die Finanzverwaltung die Voraussetzungen des Zusätzlichkeitskriteriums im Vorgriff auf eine entsprechende Gesetzesänderung abweichend von der BFH-Rechtsprechung neu gefasst. Demnach soll eine zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährte Leistung vorliegen, wenn die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet, der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt, die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht werde. Dies soll unabhängig davon gelten, ob der Arbeitslohn tarifgebunden ist. Laut BMF, Schreiben vom 05.01.2022 soll die Regelung in allen offenen Fällen der Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2019 anzuwenden sein[18].
Mit dem JStG 2020 vom 21.12.2020[19] hat der Gesetzgeber mit der Regelung in § 8 Abs. 4 EStG eine nähere Definition des Zusätzlichkeitskriteriums eingeführt, welche für sämtliche Vorschriften des EStG gelten soll[20]. Laut Gesetzesbegründung soll durch die gesetzliche Neuregelung eine Gleichbehandlung tarifgebundener und nicht tarifgebundener Arbeitnehmer erreicht werden. Ferner soll die Möglichkeit einer steuerfreien Gehaltsumwandlung ausgeschlossen werden[21]. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll § 8 Abs. 4 EStG für alle Leistungen gelten, die der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern nach dem 31.12.2019 zuwendet[22].
Gemäß § 8 Abs. 4 EStG werden Leistungen des Arbeitsgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn die Leistungen nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet, der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt, die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird. Unter diesen Voraussetzungen ist von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistung auch dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) einen Anspruch auf diese hat.
Die Leistungen müssen nach § 3 Nr. 11a EStG aufgrund der Corona-Krise gezahlt werden.
Soweit ersichtlich, wird das Merkmal der Gewährung der Leistung aufgrund der Corona-Krise nicht einheitlich ausgelegt.
Das vom Bundesministerium der Finanzen am 9.04.2020[8] veröffentlichte Schreiben betraf die Abmilderung der zusätzlichen Belastungen durch die Corona-Krise für Arbeitnehmer (Steuerbefreiung für Beihilfen und Unterstützungen). In diesem war ausdrücklich bestimmt, dass der die Beihilfe und Unterstützung rechtfertigende Anlass im Sinne der R 3.11 Abs. 2 S. 1 LStR aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Betroffenheit durch die Corona-Krise allgemein unterstellt werden könne[23]. Die in R 3.11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 LStR genannten Voraussetzungen müssten nicht erfüllt werden.
In den FAQ des Bundesministeriums der Finanzen[24] wird vertreten, dass der Zweck der Sonderleistung darin bestehen müsse, die coronabedingten Folgen für den Arbeitnehmer abzumildern. Leistungen des Arbeitgebers, die nur anlässlich der Pandemie innerhalb des gesetzlich bestimmten Zeitraums geleistet würden oder erdiente Leistungen, die auf anderen Vereinbarungen beruhten, unterfielen demnach nicht der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11a EStG. Die Steuerbefreiung sei im Falle eines Gehaltsverzichts oder einer Gehaltsumwandlung ausgeschlossen[24]. Der Zusammenhang der Leistungen mit der Corona-Krise könne sich aus einzelvertraglichen Vereinbarungen, aus ähnlichen Vereinbarungen (z.B. Tarifvertrag, gesonderte Betriebsvereinbarungen) oder aus Erklärungen des Arbeitgebers (z.B. individuelle Lohnabrechnungen oder Überweisungsbelege, in denen die Corona-Sonderzahlungen als solche ausgewiesen sind) ergeben[25].
Nach der, soweit ersichtlich, in der steuerrechtlichen Literatur überwiegend vertretenen Auffassung handelt es sich bei diesem Merkmal um ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal. Demnach müssten für die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11a EStG die Leistungen aufgrund der Corona-Krise gewährt werden. Diese müssten also geleistet werden, um die beim Arbeitnehmer durch die Corona-Krise verursachten Belastungen auszugleichen bzw. abzumildern. Erforderlich sei danach eine Zweckbestimmung der Leistungen. Der Bezug der Leistungen zur Corona-Pandemie könne beispielsweise durch die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen hergestellt werden[26]. Eine Einschränkung auf bestimmte Berufsgruppen sei nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht vorgesehen. Es werde auch nicht vorausgesetzt, dass einzelne Arbeitnehmer konkrete Nachteile erlitten hätten bzw. besonderen Belastungen ausgesetzt gewesen seien[27].
Daneben wird in der steuerrechtlichen Literatur die Ansicht vertreten, dass das Merkmal „aufgrund der Corona-Krise“ der gesetzlichen Erläuterung des Normzwecks diene und keine eigenständige Regelungswirkung habe. Demnach könne die Steuerbefreiung auch für zusätzliche Leistungen ohne konkreten sachlichen Bezug zur Corona-Krise in Betracht kommen[28].
Die Leistungen sind bis zu einem Betrag in Höhe von insgesamt 1.500 EUR steuerfrei (Freibetrag). Dieser Betrag soll in dem gesetzlich genannten Zeitraum pro Dienstverhältnis nur einmalig gelten[29]. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11a EStG kann im gesetzlich bestimmten Zeitraum mehrfach angewendet werden. Eine Aufteilung des Freibetrags ist möglich[30].
Die steuerfreien Leistungen sind nach den Vorgaben des BMF, Schreibens vom 09.04.2020 sowie in § 4 Abs. 2 Nr. 4 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) im Lohnkonto aufzuzeichnen[31]. Der Zusammenhang der Leistungen mit der Corona-Krise ist durch geeignete Unterlagen nachzuweisen[32]. Auf der Lohnsteuerbescheinigung sind diese Leistungen hingegen nicht auszuweisen[33].
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegen hinsichtlich der von der Händlerin an ihre Arbeitnehmer als „Sonderzahlung Corona“ bezeichneten Leistungen die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11a EStG nicht vor.
Die mit dem Corona-SteuerhilfeG vom 19.06.2020 in § 3 Nr. 11a EStG eingeführte Steuerbefreiung für Corona-Sonderzahlungen ist dem Grunde nach auf die seitens der Händlerin im Mai 2020 und in November 2020 geleisteten Sonderzahlungen (rückwirkend) anwendbar.
Die Regelung soll nach § 52 Abs. 1 EStG erstmals für den Veranlagungszeitraum 2020 gelten[34]. Für eine Anwendung der Vorschrift für den Lohnzahlungszeitraum Mai 2020 spricht bereits deren Wortlaut. Denn die Steuerbefreiung bezieht sich ausdrücklich auf Leistungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer, die ab dem 1.03.2020 gewährt werden. Auch der Sinn und Zweck der Steuerbefreiung legt eine solche Auslegung nahe. Der Gesetzgeber wollte (freiwillige) Leistungen von Arbeitgebern, die diese zur Abmilderung der besonderen Belastungen der Arbeitnehmer durch die Corona-Pandemie gewähren, im Wege der Steuerfreistellung begünstigen. Es besteht somit schon zeitlich ein Zusammenhang mit den insbesondere durch den ersten Lockdown im März 2020 aufgrund des Coronavirus eingetretenen Folgen. Ausweislich der Gesetzesbegründung wollte der Gesetzgeber überdies im Interesse einer umfassenden Rechtssicherheit nachträglich, d.h. mit zeitlichem Versatz[35], eine eigenständige gesetzliche Regelung schaffen[36]. Auch systematische Gründe sprechen für eine Anwendung der Steuerbefreiung im Lohnzahlungszeitraum Mai 2020. Denn Schuldner der Lohnsteuer ist der Arbeitnehmer (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EStG). Nach § 38a Abs. 1 EStG handelt es sich um eine Jahressteuer, welche nach dem im Kalenderjahr bezogenen Arbeitslohn bemessen wird. Gemäß § 42b Abs. 1 EStG besteht die Möglichkeit bzw. Verpflichtung zur Durchführung eines Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber.
Die Corona-Sonderzahlungen wurden auch im (nunmehr) nach § 3 Nr. 11a EStG maßgeblichen Zeitraum vom 01.03.2020 bis zum 31.03.2022 ausgezahlt. Die streitigen, als Corona-Sonderzahlung bezeichneten Leistungen zahlte die Händlerin im Mai 2020 sowie im November 2020 an ihre Arbeitnehmer aus.
Die von der Händlerin in den Monaten Mai 2020 und November 2020 jeweils geleistete „Sonderzahlung Corona“ wurde als Beihilfe in Form eines Zuschusses gewährt.
Die Leistungen im Mai 2020 und November 2020 stellen eine Beihilfe dar. Es ergaben sich für das Finanzgericht keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Gegenleistungen für die seitens des Arbeitnehmers erbrachten Arbeitsleistungen darstellen sollten. Die Sonderzahlungen wurden nicht bereits im Arbeitsvertrag vereinbart (vgl. § 4 und § 5 des Arbeitsvertrags). Sie wurden in Abhängigkeit von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Arbeitgeberin im Jahr 2020 sowie der Betriebszugehörigkeit bzw. der Krankheitstage des jeweiligen Arbeitnehmers gewährt.
Die Leistungen erfolgten in Form eines Zuschusses. Die Händlerin gewährte ihren Arbeitnehmern die Corona-Sonderzahlung als Geldleistung. Sie überwies diese jeweils zusammen mit dem Arbeitsentgelt für die Monate Mai 2020 und November 2020.
Die von der Händlerin in den Monaten Mai 2020 und November 2020 als Corona-Sonderzahlung bezeichneten Zahlungen stellen jedoch keine zusätzlich zum Arbeitslohn geschuldeten Leistungen dar.
Im Ergebnis kann das Finanzgericht offenlassen, ob die mit dem JStG 2020 eingeführte Vorschrift des § 8 Abs. 4 EStG bereits für die im Streitfall vorliegenden Lohnzahlungszeiträume Mai 2020 und November 2020 anwendbar ist. Denn nach Überzeugung des Finanzgerichts wurden die von der Händlerin in den Monaten Mai und November 2020 geleisteten „Corona-Sonderzahlungen“ weder nach den von der Rechtsprechung zur vorherigen Rechtslage aufgestellten Voraussetzungen noch nach § 8 Abs. 4 EStG zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht.
Für eine Anwendung des § 8 Abs. 4 EStG in den Lohnzahlungszeiträumen Mai 2020 und November 2020 spricht aus Sicht des Finanzgerichts der explizit geäußerte Wille des Gesetzgebers in seiner Gesetzesbegründung[37]. Nach dieser soll die Vorschrift für alle Leistungen des Arbeitsgebers gelten, die in einem nach dem 31.12.2019 endenden Lohnzahlungszeitraum zugewendet werden. Überdies soll die Regelung gemäß § 52 Abs. 1 EStG erstmals für den Veranlagungszeitraum 2020 gelten.
Die Voraussetzungen des Zusätzlichkeitskriteriums nach § 8 Abs. 4 EStG sind nicht erfüllt. Das Urlaubsgeld und die Bonuszahlung wurden aus Gründen der Steueroptimierung zumindest teilweise als steuerbegünstigte Corona-Sonderzahlung deklariert.
Der einzelne Mitarbeiter hat jedenfalls durch das ausgehängte Informationsschreiben „Sonderzahlungen“ vom 19.05.2020 einen Rechtsanspruch auf die Gewährung eines Urlaubsgeldes und einer Bonuszahlung erworben. Das Informationsschreiben „Sonderzahlungen“ ist nach §§ 133, 157 BGB so auszulegen, dass die Händlerin an ihre Arbeitnehmer unter den genannten Bedingungen im Jahr 2020 ein Urlaubsgeld und eine Bonuszahlung in Höhe von jeweils 50 % des Bruttogehaltes, das Urlaubsgeld mit maximal 1.328 EUR, leistet. Die Händlerin schuldete ihren Arbeitnehmern damit im Jahr 2020 ein Urlaubsgeld und eine Bonuszahlung in der sich nach den Vorgaben des Informationsschreibens zu berechnenden Höhe.
Der als Corona-Sonderzahlung bezeichnete Teilbetrag stellt keine zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährte Leistung dar. Denn mit dem Informationsschreiben „Sonderzahlungen“ wurde ein Anspruch auf Urlaubsgeld und eine Bonuszahlung begründet, der durch die Händlerin lediglich teilweise unter der Bezeichnung „Corona-Sonderzahlung“ ausgezahlt wurde. Über diese anderweitige Bezeichnung der Gehaltsbestandteile „Urlaub“ setzte die Händlerin die Mitarbeiter durch das Informationsschreiben „Sonderregelung Urlaubsgeld 2020“ in Kenntnis. So führte die Händlerin darin aus, dass ein Teil des Urlaubsgeldes als Corona-Sonderzahlung ausgewiesen werde. Diese werde steuerfrei geleistet. Die Mitarbeiter erhielten auf diese Weise eine höhere Netto-Auszahlung der Urlaubsgeldzahlung. Das auf der Abrechnung ausgewiesene Urlaubsgeld und die Corona-Sonderzahlung ergeben die Gesamtsumme Urlaubsgeld. Nach dem Vortrag der Händlerin wurde in Bezug auf die Bonuszahlung entsprechend verfahren. Die Händlerin setzte auf diese Weise den vertraglich geschuldeten Arbeitslohn (hier: Urlaubsgeld und Bonuszahlung) zugunsten der Sonderzahlung Corona teilweise herab (§ 8 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG).
Auch unter Berücksichtigung der geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs läge keine zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistung vor.
Zwar ist nach dieser ein Lohnformenwechsel in begünstigten Arbeitslohn nicht per se ausgeschlossen. Aber die reine Umwandlung des Gehalts verstößt auch nach vorheriger Rechtslage gegen das vom Gesetzgeber verfolgte Anrechnungsverbot[38]. Vorliegend leistete die Händlerin die Corona-Sonderzahlung ersatzweise anstelle von Urlaubsgeld und Bonuszahlung, welche der Regelbesteuerung unterliegen. Die Steuerbefreiung wurde einseitig angewendet, um auf diese Weise einen steueroptimierten, höheren Nettobetrag auszahlen zu können. Das Finanzgericht konnte überdies auch nicht erkennen, dass die Händlerin ihren Mitarbeitern die Corona-Sonderzahlung zweckgebunden gewährte. Der Zweck der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11a EStG, die Belastungen der Arbeitnehmer durch die Corona-Krise abzumildern, würde durch die Umwandlung des vereinbarten Arbeitslohns gerade nicht erreicht werden.
Nach Überzeugung des Finanzgerichts zahlte die Händlerin die Sonderleistungen zudem nicht aufgrund der Corona-Krise an die Arbeitnehmer aus.
Das Finanzgericht schließt sich der herrschenden Auffassung an, dass es sich um ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal der Regelung in § 3 Nr. 11a EStG handelt und dieses nicht nur der Erläuterung des Normzwecks dient. Dafür sprechen aus Sicht des Finanzgerichts neben dem klaren Wortlaut der Vorschrift („aufgrund der Corona-Krise“) der Sinn und Zweck der Steuerbefreiung sowie dessen Entstehungsgeschichte. Der Gesetzgeber führte die Regelung des § 3 Nr. 11a EStG mit dem Corona-SteuerhilfeG im Interesse einer umfassenden Rechtssicherheit ein. Ziel war es nach der Gesetzesbegründung die mit dem Erlass des BMF-Schreibens vom 09.04.2020 bestehenden Unsicherheiten (insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nach Art.20 Abs. 3 GG und den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung nach § 85 Satz 1 AO) zu beseitigen. Abweichend von der seitens der Finanzverwaltung im BMF, Schreiben geschaffenen Regelung, welche den die Steuerbefreiung rechtfertigenden Anlass der Leistung aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Betroffenheit durch die Corona-Krise unterstellte, sieht die mit dem Corona-SteuerhilfeG in § 3 Nr. 11a EStG seitens des Gesetzgebers eingeführte Regelung zusätzlich die Formulierung „aufgrund der Corona-Krise“ ausdrücklich vor. Dies spricht dafür, dass der Gesetzgeber diesem Merkmal eine eigenständige Wirkung beimessen wollte und von einer pauschalen Annahme der Betroffenheit der Arbeitnehmer Abstand nahm. Zudem sollte die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11a EStG nach dem Willen des Gesetzgebers als Ausgleich für die durch die Corona-Pandemie bedingten persönlichen und wirtschaftlichen Einschränkungen gewährt werden und die durch diese entstandenen zusätzlichen Belastungen abmildern. Auch dies legt eine einschränkende Auslegung der Steuerbefreiungsvorschrift nahe.
Die Händlerin erbrachte die im Mai 2020 als Corona-Sonderzahlung gewährte Leistung nicht aufgrund der Corona-Krise. Aus den Gesamtumständen ergibt sich nicht, dass die Corona-Sonderzahlung im Mai 2020 zur Abmilderung der Belastungen der Arbeitnehmer durch die Corona-Pandemie geleistet wurde.
Zwar wird die Leistung in den Verdienstabrechnungen als „Sonderzahlung Corona“ offen ausgewiesen und auf diese Weise ein Bezug zur Corona-Pandemie hergestellt. Die Gewährung der Leistung erfolgte im Mai 2020, d.h. zu einem Zeitpunkt, an dem der Coronavirus insbesondere durch die angeordneten Lockdowns starken Einfluss auf das öffentliche Leben in Deutschland hatte.
Aus den Äußerungen der Händlerin gegenüber ihren Mitarbeitern lässt sich hingegen nicht entnehmen, dass die als Corona-Sonderzahlung deklarierte Leistung die bei den Arbeitnehmern durch die Corona-Pandemie verursachten (Arbeits-)Belastungen abmildern sollte. Aus dem Informationsschreiben vom 19.05.2020 geht vielmehr hervor, dass die Händlerin – wie in den Vorjahren – im Monat Mai tatsächlich Urlaubsgeld auszahlte.
Dafür spricht die in den Informationsschreiben verwendete Wortwahl. Die Sonderzahlung im Mai 2020 wird in den Schreiben ausschließlich als „Sonderzahlung /Urlaubsgeld“ bezeichnet und als solche besonders hervorgehoben (Schriftart fett). Die Bezeichnung Corona-Sonderzahlung wird seitens des Arbeitgebers dagegen nicht verwendet. Überdies werden im Informationsschreiben „Sonderzahlungen“ nur zwei Sonderzahlungen, d.h. Urlaubsgeld und Bonus, beschrieben. Dass es sich um Urlaubsgeld, eine Corona-Sonderzahlung im Monat Mai sowie einen Bonus und eine Corona-Sonderzahlung im Monat November 2020 handeln soll, wird dadurch nicht deutlich.
Aus den Erläuterungen im Informationsschreiben „Sonderzahlungen“ lässt sich auch nicht entnehmen, dass Zweck der Sonderzahlung bzw. eines Teils der Leistung die Abmilderung der besonderen Belastungen der Arbeitnehmer wegen der Corona-Krise sein sollte. Es wird zunächst darauf hingewiesen, dass es unter guten wirtschaftlichen Voraussetzungen zwei einmalige Sonderzahlungen pro Jahr gebe. Die Händlerin macht damit deutlich, dass die Sonderzahlungen vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens (im Jahr der Gewährung der Leistung) abhängig sind. Die Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus werden nicht erwähnt. Ein Bezug der Sonderzahlungen zur Corona-Pandemie wird auf diese Weise nicht hergestellt. Nach dem eindeutigen Wortlaut sollen mit dem Informationsschreiben „Sonderzahlungen“ nur die Regelungen zur Ausführung bzw. Errechnung der beiden Sonderzahlungen im Jahr 2020 beschrieben werden. Dass die Sonderzahlungen einem besonderen Zweck dienten, geht aus dem Aushang nicht hervor.
Auch die Berechnungsmethode bzw. die Auszahlungsmodalitäten lassen eine besondere Zweckbestimmung der Sonderzahlung „Urlaubsgeld“ nicht erkennen. Die Gewährung der Sonderzahlung war allein von der Art der Beschäftigung sowie dem Zeitpunkt der Einstellung des Arbeitsnehmers abhängig. Nach den Ausführungen im Informationsschreiben sollte die Sonderzahlung Urlaubsgeld unabhängig von etwaigen Krankheitszeiträumen erfolgen. Voraussetzung sei, dass der Arbeitnehmer spätestens im Januar 2020 eingestellt worden sei. Befristet angestellte Mitarbeiter bekämen eine anteilige Auszahlung. An geringfügig Beschäftigte erfolge die Auszahlung erst zum Jahresende. Mitarbeiter, die sich außerhalb des Lohnfortzahlungszeitraums befänden, sollten die Sonderzahlung Urlaubsgeld nicht erhalten. Auch die Höhe der Leistung wurde grundsätzlich nach dem Bruttogehalt bemessen (50 %, maximal 1.328 €). Eine konkrete Leistung oder besondere Belastungen des einzelnen Arbeitnehmers während bzw. aufgrund der Corona-Krise (d.h. insbesondere in den Monaten März bis Mai 2020) setzte die Händlerin hingegen nicht voraus.
Aus der „internen Info Sonderregelung Urlaubsgeld 2020“ wird eine Zweckbestimmung der Sonderzahlung nicht hinreichend deutlich. Die Händlerin erwähnt in diesem zwar, dass das Jahr 2020 wegen Corona ungewöhnlich sei und sie deswegen einen Teil des Urlaubsgeldes als Corona-Sonderzahlung ausweisen und steuerfrei auszahlen werde. Sie weist darauf hin, dass die Arbeitnehmer im Ergebnis eine höhere Netto-Auszahlung der Urlaubsgeldzahlung haben werden. Die Gesamtsumme Urlaubsgeld setze sich im Jahr 2020 aus dem in der Abrechnung als Urlaubsgeld ausgewiesenen Betrag sowie dem als Corona-Sonderzahlung bezeichneten Betrag zusammen. Nach dem klaren Wortlaut dieses Informationsschreibens zahlte die Händlerin aber dem Grunde nach ausschließlich Urlaubsgeld aus. Ein Teil der Sonderzahlung wurde nur wegen der für Corona-Sonderzahlung nach § 3 Nr. 11a EStG bestehenden Steuerbefreiungsmöglichkeit in eine Corona-Sonderzahlung umbenannt und als solche in der Verdienstabrechnung ausgewiesen. Das Wesen der Sonderzahlung blieb dabei aber unverändert. Zweck der Leistung war damit zumindest nicht die Abmilderung der den Arbeitnehmern aufgrund der Corona-Krise entstandenen Belastungen.
Die Händlerin erbrachte auch die im November 2020 als Corona-Sonderzahlung ausgewiesene Bonuszahlung nach den Gesamtumständen nicht aufgrund der Corona-Krise.
Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11a EStG wäre bereits ausgeschlossen, wenn die Leistung vor dem 1.03.2020 vereinbart worden wäre. Dagegen spricht zumindest, dass für die Bonuszahlung 2020 im Jahresabschluss zum 31.12.2019 keine (anteilige) Rückstellung gebildet wurde.
Die Leistung wurde, nach Aussage der Händlerin entsprechend der Sonderzahlung im Mai 2020, in der Verdienstabrechnung für den Monat November 2020 bei den Arbeitnehmern offen als „Sonderzahlung Corona“ ausgewiesen. Auf diese Weise wurde ein Zusammenhang zwischen der Bonuszahlung und der Corona-Pandemie hergestellt.
Die Leistungsgewährung erfolgte im November 2020, d.h. zu einem Zeitpunkt der Einschränkungen des öffentlichen Lebens aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus (zweiter Lockdown). Über die Gewährung einer Sonderzahlung (als „Bonuszahlung“) im November 2020 wurden die Mitarbeiter aber bereits im Mai 2020 informiert. Zu diesem Zeitpunkt waren die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie und die damit verbundenen Belastungen der Arbeitnehmer im Verlauf des Jahres 2020 aber noch gar nicht absehbar. Ein weiteres Informationsschreiben, welches einen Zusammenhang der im November 2020 gewährten Sonderzahlung mit der Corona-Krise herstellen könnte, wurde an die Mitarbeiter nach Vortrag der Händlerin nicht ausgegeben.
Dass die Bonuszahlung der Abmilderung der besonderen Belastungen der Arbeitnehmer aufgrund der Corona-Krise diente, lässt sich den Äußerungen der Händlerin gegenüber ihren Mitarbeitern im Informationsschreiben auch nicht entnehmen. Nach der „Internen Info Sonderzahlungen“ vom 19.05.2020 handelt es sich bei der im November 2020 ausgezahlten Leistung dem Grunde nach um eine reine Bonuszahlung.
Für eine solche Auslegung spricht die im Informationsschreiben verwendete Wortwahl. Die Sonderzahlung im November 2020 wird in diesem Schreiben ausschließlich als „Sonderzahlung /Bonus“ bezeichnet. Der Begriff wird in diesem besonders hervorgehoben (Schriftart fett). Die Bezeichnung Corona-Sonderzahlung wird hingegen nicht verwendet. In dem Informationsschreiben werden zudem nur zwei Sonderzahlungen, d.h. Urlaubsgeld und Bonus, erwähnt. Dass die (einheitliche) Sonderzahlung im November tatsächlich aus einem Bonus und einer Corona-Sonderzahlung bestehen soll, ist nicht erkennbar.
Auch aus den besonderen Ausführungen zur „Sonderzahlung /Bonus“ wird nicht deutlich, dass neben dem bereits in den Vorjahren als Sonderzahlung ausgezahlten Bonus eine weitere Sonderzahlung zur Abmilderung der besonderen Belastungen der Arbeitnehmer aufgrund der Corona-Krise erbracht werden soll. Im Informationsschreiben werden in erster Linie die Regelungen zur Ausführung bzw. Errechnung der Sonderzahlung Bonus im Jahr 2020 erläutert. Dass die Sonderzahlungen einem bestimmten Zweck dienen sollen, wird nicht klargestellt. Ein solcher lässt sich in Bezug auf die „Sonderzahlung /Bonus“ auch nicht aus der Berechnung oder den Auszahlungsmodalitäten erkennen. Voraussetzung der Gewährung war zunächst das Erreichen der Planzahlen des Marktes bzw. des Gesamtunternehmens. Dieses Kriterium knüpft allein an den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens an. Ein Bezug zur Corona-Krise lässt sich insoweit nicht herstellen. Auch darüber hinaus sah die Händlerin keine Kriterien vor, die darauf hindeuten, dass die Sonderzahlung die Abmilderung der Belastungen der Mitarbeiter aufgrund der Corona-Krise bezwecken sollte. Denn die Leistung war nur von der Art der Beschäftigung sowie dem Zeitpunkt der Einstellung (spätestens im Januar 2020) abhängig. Die Höhe der Sonderzahlung richtete sich grundsätzlich nach dem Bruttogehalt (50 %) und der Anzahl der Krankheitstage im Zeitraum vom November 2019 bis Oktober 2020. Besondere Belastungen des Arbeitnehmers durch die Auswirkungen der Corona-Krise (in den Monaten März bis Oktober 2020) setzte die Händlerin für die Gewährung der Sonderzahlung im November 2020 dagegen nicht voraus.
Nach Aktenlage wurden die Mitarbeiter der Händlerin ausschließlich durch das Informationsschreiben „Sonderzahlungen“ vom 19.05.2020 über die im November 2020 gewährte Sonderzahlung informiert. Eine Klarstellung oder ein Hinweis, dass ein Teil der „Bonuszahlung“ als „Corona-Sonderzahlung“ bzw. nur wegen der Corona-Krise gewährt werde, erfolgte seitens der Händlerin insoweit nicht. Weitere Unterlagen, die die für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11a EStG erforderliche Zweckbestimmung der Sonderzahlung im November 2020 hinreichend darlegen könnten, wurden seitens der Händlerin nicht vorgelegt.
Nach alledem hat das Niedersächsische Finanzgericht die Klage abgewiesen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Niedersächsische Finanzgericht hat die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Diese wurde von der Händlerin zwischenzeitlich eingelegt[39].
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 24. Juli 2024 – 9 K 196/22
- BGBl I 2020, 1385[↩][↩]
- BGBl I 2020, 3096[↩]
- vgl. auch BT-Drs.19/19601, S. 21, 33, BGBl I 2020, 1385[↩]
- JStG 2020[↩]
- vgl. BGBl I 2020, 3096[↩]
- vgl. BGBl I 2021, 1259[↩]
- vgl. Ross in Frotscher/Geurts, EStG, Stand 21.07.2021, § 3 Nr. 11a, Rz. 1; Seifert DStZ 2021, 115 (117); BMF, Schreiben vom 26.10.2020 – IV C 5 – S 2342/20/10012, BStBl I 2020, 1227[↩]
- BMF, Schreiben vom 09.04.2020 – IV C 5 – S 2342/20/10009, BStBl I 2020, 503[↩][↩]
- BMF, Schreiben vom 26.10.2020 – IV C 5 – S 2342/20/10012, BStBl I 2020, 1227[↩]
- vgl. auch Valta in Brandis/Heuermann, 171. EL März 2024, EStG, § 3 Nr. 11a, Rn. 8; von Beckerath in Kirchhof/Seer, EStG, 23. Auflage 2024, § 3, Rn. 29e[↩]
- vgl. Levedag in BeckOK, EStG, Stand 15.03.2024, § 3 Nr. 11a, Rn. 23 f; von Beckerath in Kirchhof/Seer, EStG, 23. Auflage 2024, § 3, Rn. 29b[↩]
- vgl. Levedag in BeckOK, EStG, Stand 15.03.2024, § 3 Nr. 11a, Rn. 24; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, April 2022, § 3 Nr. 11a, Rn. 2; von Beckerath in Kirchhof/Seer, EStG, 23. Auflage 2024, § 3, Rn. 29b[↩]
- vgl. Levedag in BeckOK, EStG, Stand 15.03.2024, § 3 Nr. 11a, Rn. 24; Ross in Frotscher/Geurts, EStG, Stand 21.07.2021, § 3 Nr. 11a, Rz. 8[↩]
- vgl. Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, April 2022, § 3 Nr. 11a, Rn. 2; von Beckerath in Kirchhof/Seer, EStG, 23. Auflage 2024, § 3, Rn. 29c[↩]
- vgl. auch BT-Drs.19/19601, S. 37; Valta in Brandis/Heuermann, 171. EL März 2024, EStG, § 3 Nr. 11a, Rn. 5; von Beckerath in Kirchhof/Seer, EStG, 23. Auflage 2024, § 3, Rn. 29c; Levedag in Schmidt, 41. Aufl.2022, EStG, § 3, Rn. 48[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 01.08.2019 – VI R 32/18, BFHE 265, 513, BStBl II 2020, 106; vom 01.08.2019 – VI R 21/17, juris; vom 01.08.2019 – VI R 40/17[↩]
- IV C 5-S 2334/19/10017, BStBl I 2020, 222[↩]
- BMF, Schreiben vom 05.01.2022 – IV C 5 – S2334/19/10017, BStBl I 2022, 61[↩]
- vgl. BT-Drs.19/22850, S. 82; BR-Drs. 503/20, S. 85 f.[↩]
- vgl. BT-Drs.19/22850, S. 83; BR-Drs. 503/20, S. 86[↩]
- vgl. BT-Drs.19/22850, S. 82 f.; BT-Drs.19/25160, S. 188; BR-Drs. 503/20, S. 85 f[↩]
- vgl. BT-Drs.19/22850, S. 83; BT-Drs.19/23551, S. 13; BR-Drs. 503/20, S. 86; so auch BMF, Schreiben vom 05.01.2022 – IV C 5 – S2334/19/10017, BStBl I 2022, 61; kritisch Seer in Kirchhof/Seer, EStG, 23. Auflage 2024, § 8, Rn. 61[↩]
- so auch Hechtner, NWB 17/2020, 1248 (1256) [↩]
- FAQ „Corona“ (Steuern) Stand 21.03.2023 unter VI. Nr. 1, Nr. 3[↩][↩]
- FAQ „Corona“ (Steuern) Stand 21.03.2023 unter VI. Nr. 18[↩]
- Levedag in BeckOK, EStG, Stand 15.03.2024, § 3 Nr. 11a, Rn. 7, 37; Ross in Frotscher/Geurts, EStG, Stand 21.07.2021, § 3 Nr. 11a, Rz. 7 f; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, April 2022, § 3 Nr. 11a, Rn. 2; von Beckerath in Kirchhof/Seer, EStG, 23. Auflage 2024, § 3, Rn. 29d; Levedag in Schmidt, EStG, 41. Auflage 2022, § 3, Rn. 48[↩]
- vgl. ArbG Bautzen, Urteil vom 17.03.2021 – 3 Ca 3145/20, juris; Levedag in BeckOK, EStG, Stand 15.03.2024, § 3 Nr. 11a, Rn. 7; von Beckerath in Kirchhof/Seer, EStG, 23. Auflage 2024, § 3, Rn. 29d; Haversath in Wagner, Lohnsteuer, 3. Edition 2024, F. Steuerfreiheit von Arbeitslohn, Rn. 77[↩]
- vgl. Valta in Brandis/Heuermann, EStG, 171. EL März 2024, § 3 Nr. 11a, Rn. 7; Hechtner, NWB 25/2020, 1826 (1830) [↩]
- vgl. BT-Drs.19/25160, S.192; Levedag in BeckOK EStG, Stand 15.03.2024, § 3 Nr. 11a, Rn. 40; von Beckerath in Kirchhof/Seer, EStG, 23. Auflage 2024, § 3, Rn. 29h; Haversath in Wagner, Lohnsteuer, 3. Edition 2024, F. Steuerfreiheit von Arbeitslohn, Rn. 77[↩]
- vgl. auch FAQ „Corona“ (Steuern) Stand 21.03.2023 unter VI. Nr. 4; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, April 2022, § 3 Nr. 11a, Rn. 2[↩]
- vgl. auch Haversath in Wagner, Lohnsteuer, 3. Edition 2024, F. Steuerfreiheit von Arbeitslohn, Rn. 77[↩]
- vgl. auch FAQ „Corona“ (Steuern) Stand 21.03.2023 unter VI. Nr. 18; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, April 2022, § 3 Nr. 11a, Rn. 2[↩]
- vgl. Seifert DStZ 2021, 115 (116) [↩]
- so auch Levedag in Schmidt, EStG, 41. Auflage 2022, § 3, Rn. 48[↩]
- zur Regelung im BMF, Schreiben vom 09.04.2020[↩]
- vgl. BT-Drs.19/19601, S. 33[↩]
- vgl. BT-Drs.19/22850, S. 83; BT-Drs.19/23551, S. 13; BR-Drs. 503/20, S. 86[↩]
- vgl. BT-Drs. 16/10189, S. 47; BT-Drs. 12/5764, S. 22[↩]
- BFH – VI R 25/24[↩]

