Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist der steuerliche Abzug von Verlusten aus der Beteiligung an einer GmbH dann nicht auf die Hälfte des Verlustes begrenzt, wenn der Beteiligte keinerlei Einnahmen aus der Beteiligung erzielt hat. Das Finanzgericht Düsseldorf hat nun jedoch in Anwendung dieser Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine Begrenzung des Verlustabzugs jedoch dann angenommen, wenn der Beteiligte für seine Beteiligung einen symbolischen Kaufpreis von 1,- € erhalten hat.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war. Veräußerungsgewinn ist dabei der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt.
Nach § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG ist die Hälfte des Veräußerungspreises im Sinne des § 17 Abs. 2 EStG steuerfrei. Die hiermit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen sind nur zur Hälfte abzuziehen; denn nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden. Entsprechendes gilt, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert mindernd zu berücksichtigen sind. Nach diesen Vorschriften bleibt einerseits die Hälfte des vom Kläger erzielten Veräußerungspreises von 1.- € steuerfrei (§ 3 Nr. 40 Buchst. c. EStG); andererseits sind die bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns bzw. Veräußerungsverlustes mindernd zu berücksichtigenden Anschaffungskosten nur zur Hälfte abziehbar (3c Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. EStG).
Aus den einschlägigen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs[1] ergibt sich nichts anderes. Nach diesen Entscheidungen ist der Abzug von Erwerbsaufwand (z.B. Betriebsvermögensminderungen, Anschaffungskosten oder Veräußerungskosten) im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG dann nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG begrenzt, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen hat. Der Bundesfinanzhof hat dies zum einen aus dem Wortlaut des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG abgeleitet, wonach dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen „anfallen“ müssen, und zum anderen auf den Gesetzeszweck verwiesen, eine Doppelbegünstigung – wie sie bei einer unbeschränkten Abzugsmöglichkeit von mit (teilweise) steuerbefreiten Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen einträte – zu vermeiden.
Ein solcher Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Denn anders als in den vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fällen hat der Kläger vorliegend in Gestalt des Veräußerungspreises von 1.- €, der auch bezahlt worden ist, dem § 3 Nr. 40 EStG unterfallende Einnahmen – wenn auch in sehr geringer Höhe – erhalten. Der Umstand, dass der Kläger aus der Veräußerung einen Verlust erlitten hat, schließt die Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG nicht aus. Denn nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG kommt es korrespondierend mit § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG allein darauf an, ob Einnahmen anfallen, nicht hingegen darauf, ob die damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen – hier: die Anschaffungskosten – die Einnahmen unter- oder überschreiten. Denn das Gesetz stellt in § 3 Nr. 40 Buchst. c Satz 1 EStG die Hälfte des Veräußerungspreises (= Einnahme) und nicht etwa einen etwaigen Gewinn steuerfrei und zieht umgekehrt in § 3c Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. EStG die mit den Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen ebenfalls nur zur Hälfte ab[2].
Auch die sehr geringe Höhe des Veräußerungspreises vermag die Anwendbarkeit des Halbeinkünfteverfahrens nicht auszuschließen, da das Gesetz insoweit keine Geringfügigkeitsgrenze vorsieht[3]. Es mag zwar im Ergebnis als unbefriedigend empfunden werden, dass – soweit bisher keine nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Einnahmen aus der Beteiligung angefallen sind – eine Anteilsveräußerung zu einem Preis von 1.- € die Anwendung des Halbabzugsverbotes auslöst, während eine Veräußerung zu 0.- €[4] einen unbeschränkten Verlustabzug ermöglichen würde[5]. Dass Anteilsveräußerungen zu 1.- € einerseits und 0.- € andererseits insoweit unterschiedliche Rechtsfolgen auslösen, ist jedoch folgerichtig, wenn man § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG im Einklang mit der o. g. Rechtsprechung des Bundesfinanzhof so versteht, dass die Anwendung des Halbabzugsverbots durch die Beteiligung vermittelte Einnahmen – z. B. in Gestalt eines Veräußerungspreises – voraussetzt.
Das Finanzgericht verkennt nicht, dass ein Veräußerungspreis in Höhe von 1 € nur symbolischer Natur sein kann; ein solcher Preis wird aber auch deswegen gewählt, um die Entgeltlichkeit des Rechtsgeschäfts zu begründen[6]. Eine Bagatellgrenze ist im Gesetz nicht enthalten[7]. Nach dem Wortlaut des § 3c Abs. 2 EStG ist zudem keine verhältnismäßige Aufteilung möglich[8].
Auch im Hinblick auf die gegen die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geäußerte beachtliche Kritik[9] ist das Halbabzugsverbot gemäß § 3c Abs. 2 EStG jedenfalls dann anzuwenden, wenn zumindest eine geringfügige, durch die Beteiligung vermittelte Einnahme zugeht.
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 9. Juli 2010 – 1 K 337/07 E und
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 14. April 2010 – 2 K 2190/07 E
- BFH, Entscheidungen vom 25.06.2009 – IX R 42/08, BStBl II 2010, 220; vom 14.07.2009 – IX R 8/09, BFH/NV 2010, 399; und vom 18.03.2010 – IX B 227/09, BFH/NV 2010, 1022[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 18.03.2010 – IX B 227/09, BFH/NV 2010, 1022[↩]
- FG Düsseldorf, Urteil vom 14.04.2010 – 2 K 2190/07 F; vgl. auch Bron/Seidel, DStZ 2009, 859; Intemann, GStB 2009, 348; Kaufmann/Stolte, FR 2009, 1121; Jehke/Pitzal, DStR 2010, 1163; Dötsch/Pung, DB 2010, 977; von Beckerath in Kirchhof, EStG, § 3c Rn. 22[↩]
- vgl. dazu BFH, Urteile vom 05.03.1991 – VIII R 163/86, BStBl II 1991, 630; vom 18.08.1992 – VIII R 90/89, BFH/NV 1993, 158; und vom 01.08.1996 – VIII R 4/92, BFH/NV 1997, 215[↩]
- vgl. von Beckerath in Kirchhof, EStG, § 3c Rn. 22[↩]
- vgl. auch Korn, DStR 2009, 2509, 2512 zu umsatzsteuerlichen Gründen[↩]
- vgl. Kaufmann/Stolte, FR 2009, 1121, 1125[↩]
- vgl. Bron/Seidel, DStZ 2009, 859, 862 f.[↩]
- z. B. Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung vom 28.05.2010, BR-Drs. 318/10, S. 74; von Beckerath in Kirchhof, Kommentar zum EStG, 9. Aufl. 2010, § 3c Rz. 22; jeweils mit materiell- und verfahrensrechtlichen Bedenken[↩]






