Verlegung von Erdwärmesonden

Ein Unternehmen, das Erdwärmesonden verlegt, gehört nicht zum verarbeitenden Gewerbe und ist daher nicht investitionszulageberechtigt.

Verlegung von Erdwärmesonden

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Variante 1 InvZulG 2007 sind neue abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens investitionszulagenbegünstigt, die -bei Vorliegen der weiteren zulagenrechtlichen Voraussetzungen- zum Anlagevermögen eines Betriebs des verarbeitenden Gewerbes des Anspruchsberechtigten im Fördergebiet gehören.

Der Begriff des verarbeitenden Gewerbes bestimmt sich nach der WZ. Der Gesetzgeber hat die Maßgeblichkeit der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen WZ zwar erstmals in § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 2010 ausdrücklich angeordnet. Der Bundesfinanzhof hält aber an seiner ständigen Rechtsprechung fest, wonach sich der Begriff des verarbeitenden Gewerbes im Investitionszulagenrecht auch für frühere Gesetzesfassungen nach der für das jeweilige Kalenderjahr geltenden WZ bestimmt, im Streitfall also nach der WZ 2008. Die Gerichte haben hierbei die Einordnung eines Betriebs in eine Kategorie der WZ unabhängig von der Einordnung durch die Statistikbehörde zu prüfen und ggf. selbst vorzunehmen[1].

Der Begriff des verarbeitenden Gewerbes i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Variante 1 InvZulG 2007 war im hier entschiedenen Streitfall nach der WZ 2008 auszulegen. Dabei kommt es auf etwaige Zuordnungen durch die Statistikbehörden nicht an. Zwar war nach der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Einordnung durch eine Statistikbehörde von den Finanzämtern in aller Regel bei der Entscheidung über die Gewährung der Investitionszulage zu übernehmen, soweit sie nicht zu einem offensichtlich falschen Ergebnis führte. An dieser Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof aber nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 31.05.2011[2] nicht mehr festgehalten.

Das verarbeitende Gewerbe (Abschnitt C, WZ 2008) umfasst u.a. die mechanische, physikalische oder chemische Umwandlung von Stoffen oder Teilen in (neue) Waren, mit dem Ergebnis eines neuen Erzeugnisses[3]. Soweit in hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall eine Zuordnung zu der dem verarbeitenden Gewerbe zugehörigen Unterklasse 28.25.0 der WZ 2008 (Herstellung von kälte- und lufttechnischen Erzeugnissen, nicht für den Haushalt) der Abteilung 28 (Maschinenbau) begehrt wurde, erforderte dies zudem, dass die Tätigkeit durch den Bau von Maschinen gekennzeichnet ist, die mechanisch oder durch Wärme auf Materialien einwirken oder an Materialien Vorgänge durchführen[4].

Bei der Verlegung von Erdwärmesonden besteht die Tätigkeit des Unternehmens indessen im Wesentlichen im Abteufen von Bohrlöchern bis zu einer Tiefe von 150 Metern, in der Verbindung vorgefertigter Polyethylenrohre und in der Einbringung dieser in die Bohrlöcher, sodann in der Befüllung der Rohre mit Sole (als wärmeleitendes Medium), dem Anschluss an das Verteilersystem und dem Verschließen der Bohrlöcher mit Verpressmaterial auf Zementbasis.

Nach Maßgabe der genannten Grundsätze ist diese Tätigkeit nicht dem verarbeitenden Gewerbe (Abschnitt C), insbesondere nicht dem Maschinenbau (Abteilung 28) der WZ 2008 zuzuordnen. Denn die Unternehmerin stellt keine (neuen) Waren oder Erzeugnisse i.S. des Abschnitts C her, insbesondere keine Maschinen. Sie verbaut vielmehr im Wesentlichen hinzuerworbene vorgefertigte Rohre im Erdreich und schließt sie an ein Verteilersystem an. Der Bundesfinanzhof teilt daher die Auffassung des Finanzgericht, wonach die Tätigkeit der Unternehmerin im Wesentlichen durch die im Baugewerbe üblichen Erd, Rohrverlegungs- und Bohrarbeiten geprägt und damit dem nicht investitionszulagenbegünstigten Baugewerbe (Abschnitt F) der WZ 2008 zuzuordnen ist. Unerheblich ist, ob die Tätigkeit der Unternehmerin -wie vom Finanzgericht angenommen- wegen einer Nähe zum Brunnen- oder Tunnelbau der Unterklasse 42.21.0 (Rohrleitungstiefbau, Brunnenbau und Kläranlagenbau) oder wegen einer strukturellen Vergleichbarkeit der Tätigkeit mit Rohrverlegungsarbeiten bei Heizungsinstallationen der Unterklasse 43.22.0 (Gas, Wasser, Heizungs- sowie Lüftungs- und Klimainstallation) der WZ 2008 zuzuordnen ist. Denn in beiden Fällen begründete diese Zuordnung jedenfalls keine Zugehörigkeit zum verarbeitenden Gewerbe und führte ebenfalls zu keinem Anspruch auf Investitionszulage.

Das Zuschneiden, Anpassen und Verbinden/Verschweißen der Rohrleitungen könnte zwar als eine verarbeitende Tätigkeit angesehen werden, zumal das Zusammenbauen zugekaufter Teile von Waren grundsätzlich auch als Herstellung von Waren gilt[5]. Dies ist aber gerade dann nicht der Fall, soweit es -wie hier- Herstellungstätigkeiten auf der Baustelle betrifft, da diese Tätigkeiten nicht zum verarbeitenden Gewerbe zählen, sondern ebenfalls in Abschnitt F (Baugewerbe) einzuordnen sind[6].

Bundesfinanzhof, Urteil vom 27. April 2017 – III R 21/14

  1. BFH, Urteile vom 22.09.2011 – III R 64/08, BFHE 236, 168, BStBl II 2012, 358, Rz 12 ff.; vom 22.09.2011 – III R 14/09, BFH/NV 2012, 451, Rz 12 ff.; vom 22.12 2011 – III R 1/10, BFH/NV 2012, 1654, Rz 10 ff.; vom 26.07.2012 – III R 43/11, BFH/NV 2013, 86, Rz 13 f.; vom 16.07.2015 – III R 34/14, BFH/NV 2016, 64, Rz 11 f.; und vom 14.04.2016 – III R 10/15, BFH/NV 2016, 1493, Rz 18 f., m.w.N.[]
  2. BVerfG, Beschluss vom 31.05.2011 – 1 BvR 857/07, BVerfGE 129, 1[]
  3. vgl. Erläuterung zu Abschnitt C -Verarbeitendes Gewerbe-, WZ 2008, S. 186 f.[]
  4. vgl. Erläuterung zu Abteilung 28 -Maschinenbau-, WZ 2008, S. 291[]
  5. vgl. Erläuterung zu Abschnitt C -Verarbeitendes Gewerbe-, WZ 2008, S. 186[]
  6. vgl. Erläuterung zu Abschnitt C -Verarbeitendes Gewerbe-, WZ 2008, S. 187[]