Der zum Schein aufgesplittete Arbeitsvertrag – Beitragsvorenthaltung und Lohnsteuerhinterziehung

Grundlage der Beitragsbemessung ist das gesamte Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Tätigkeit.

Der zum Schein aufgesplittete Arbeitsvertrag – Beitragsvorenthaltung und Lohnsteuerhinterziehung

Hierzu zählen alle Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden[1].

Sämtliche bei einem Arbeitgeber vorgenommenen Tätigkeiten sind – ohne Rücksicht auf ihre arbeitsvertragliche Gestaltung – als ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis anzusehen. Eine neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübte geringfügige Beschäftigung ist deshalb nur dann versicherungsfrei, wenn sie nicht bei demselben Arbeitgeber ausgeübt wird[2].

Der Begriff des Arbeitgebers ist im Rahmen von § 266a StGB sozialrechtlich zu bestimmen[3]. Arbeitgeber in diesem Sinne ist derjenige, demgegenüber der Arbeitnehmer zur Erbringung von Arbeitsleitungen verpflichtet ist und zu dem er in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis steht, das sich vor allem durch die Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb des Arbeitgebers äußert[4].

Arbeitgeberin der „geringfügig Beschäftigten“ war nach diesen Maßstäben hier jeweils nur diejenige Arbeitgeberin, in deren Betrieb die Arbeitnehmer eingegliedert waren udn von der sie Weisungen erhielten. Sie waren nach der von allen Parteien so gewollten Vereinbarung nicht den Drittfirmen gegenüber zur Dienstleistung verpflichtet, sondern nur der Nebenbeteiligten gegenüber. Dies zeigt sich vorliegend schon daran, dass die Drittfirmen als angebliche Arbeitgeber weder über Dienstantritt noch Krankheit oder Urlaub „ihrer Arbeitnehmer“ informiert waren, sondern sich ihre Tätigkeit lediglich auf die Auszahlung von Arbeitslohn nach detaillierten Vorgaben der Nebenbeteiligten beschränkte. Die Arbeitnehmer erbrachten ihre Tätigkeit nur für die Nebenbeteiligte, nicht für die Drittfirmen, bei denen sie ohnehin niemanden kannten.

Eine Leiharbeit würde demgegenüber voraussetzen, dass die jeweiligen Arbeitnehmer im Rahmen ihrer „geringfügigen Tätigkeit“ jedenfalls eine wirksame arbeitsvertragliche Verpflichtung mit den Drittfirmen eingegangen wären. Daran mangelt es hier aber gerade. Kommt schon überhaupt kein Arbeitsvertrag mit einem anderen Arbeitgeber zustande, sondern wird dieser Vertrag – wie hier – nur formal „zum Schein“ geschlossen, ohne dass damit nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien arbeitsvertragliche Pflichten begründet werden sollen, gibt es schon keine zwei Arbeitgeber.

Hinsichtlich des nicht gemeldeten Lohnteils ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV von einem Nettoarbeitsentgelt auszugehen und dieses zur Beitragsberechnung im Sinne von § 266a Abs. 1 und 2 StGB auf einen fiktiven Bruttolohn hochzurechnen.

Die Fiktion einer Nettolohnvereinbarung gilt auch, wenn die Schwarzlohnzahlung – wie hier – nur einzelne Lohnteile erfasst[5].

Vorliegend sind diese Teilschwarzlohnzahlungen auch mit mindestens bedingtem Vorsatz erfolgt, was Voraussetzung der Anwendung von § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist[6]. Insoweit wird nicht mehr verlangt als für die – hier festgestellte – bedingt vorsätzliche Erfüllung des Straftatbestandes des § 266a StGB; vielmehr gilt ein Gleichlauf der subjektiven Voraussetzungen[7].

bestimmt. Zwar ist die Hochrechnung der Schwarzlohnsumme auf eine Bruttolohnsumme nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV nur auf den Schwarzlohnanteil zu beziehen[8]. Aber dieser muss für eine auch die Progression beinhaltende zutreffende Beitragsberechnung dem gemeldeten Teil der Lohnsumme hinzugerechnet werden, damit anschließend von dem insgesamt ermittelten Bruttolohn der gemeldete Bruttolohn wieder abgezogen werden kann[9].

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 7. Dezember 2016 – 1 StR 185/16

  1. vgl. BGH, Urteil vom 16.04.2014 – 1 StR 516/13, NJW 2014, 1975, 1977[]
  2. BSG, Urteil vom 16.02.1983 – 12 RK 26/81, BSGE 55, 1[]
  3. vgl. hierzu umfassend Radtke in MünchKomm-StGB, 2. Aufl., § 266a Rn. 12 ff.; Brettschneider in Ignor/Mosbacher [Hrsg.], Handbuch Arbeitsstrafrecht, 3. Aufl., § 2 Rn. 27 ff., jeweils mwN[]
  4. Radtke aaO Rn. 12 mwN[]
  5. BGH, Beschlüsse vom 07.10.2009 – 1 StR 320/09, wistra 2010, 29; und vom 10.11.2009 – 1 StR 283/09, wistra 2010, 148[]
  6. vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2011 – B 12 R 18/09 R, BSGE 109, 254; BGH, Urteil vom 16.04.2014 – 1 StR 516/13, NJW 2014, 1975, 1977[]
  7. vgl. BSG aaO Rn. 28[]
  8. vgl. BGH, Beschluss vom 10.11.2009 – 1 StR 283/09, wistra 2010, 148[]
  9. vgl. Bundesgerichtshof aaO[]