Die Spende an die ebenfalls gemeinnützige Tochtergesellschaft

Eine gemeinnützige Körperschaft (hier: eingetragener Verein) kann aus ihrem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eine (begrenzt) abziehbare Spende i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG an ihre ebenfalls gemeinnützige Tochtergesellschaft leisten. Ob es sich bei einer Zuwendung an die Tochtergesellschaft um eine verdeckte Einlage oder um eine Spende handelt, ist anhand einer Veranlassungsprüfung in Form eines Fremdvergleichs festzustellen, der im gerichtlichen Verfahren vom Finanzgericht anhand aller Umstände des konkreten Einzelfalls vorzunehmen ist.

Die Spende an die ebenfalls gemeinnützige Tochtergesellschaft

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG sind in den dort bestimmten Grenzen Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) einer Kapitalgesellschaft zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i.S. der §§ 52 bis 54 AO einkommensmindernd abziehbar. Diese Vorschrift ist auch grundsätzlich auf nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG (partiell) steuerbefreite gemeinnützige Körperschaften anwendbar, soweit diese -wie vorliegend vom Finanzgericht festgestellt- aus ihren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben eine Spende an eine andere steuerbegünstigte (Tochter-)Körperschaft leisten[1].

Die Anerkennung von Spenden aus den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben gemeinnütziger Organisationen an deren steuerbegünstigte Tochtergesellschaften führt nicht zu einer unzulässigen Umgehung gemeinnützigkeits- oder spendenrechtlicher Grundsätze. Zwar ist es ausgeschlossen, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb einer gemeinnützigen Körperschaft eine Spende an den eigenen ideellen Bereich dieser Körperschaft leistet[2]. Die Ursache hierfür liegt jedoch nicht in einer normativen Wertentscheidung, sondern ist „technischer“ Natur: Bei dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb handelt es sich nicht um ein eigenständiges Steuersubjekt[2]. Vor diesem Hintergrund ist es nicht als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts zu werten, wenn eine gemeinnützige Einrichtung einen Teil ihrer steuerbegünstigten Aktivitäten auf eine Tochtergesellschaft verlagert und sodann eine Spende aus ihrem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb an die Tochtergesellschaft leistet. Ob in Einzelfällen gleichwohl der Tatbestand des § 42 AO erfüllt sein kann[3], bedarf für den Streitfall keiner Entscheidung, weil anhand der vorinstanzlichen Feststellungen und des Vortrags der Beteiligten hierfür nichts ersichtlich ist.

Der in § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG -als Unterbegriff der „Zuwendung“- verwendete Begriff der Spende setzt nach ständiger Rechtsprechung Ausgaben voraus, die vom Steuerpflichtigen freiwillig und unentgeltlich zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke geleistet wurden[4]. Da solche Aufwendungen nur begrenzt abziehbar sind, sind sie von (unbeschränkt abziehbaren) -allgemeinen- Betriebsausgaben abzugrenzen. Entscheidend ist dabei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Motivation des Leistenden[5]. Ist das Motiv für die Aufwendung in der Förderung der steuerbegünstigten Zwecke zu sehen oder jedenfalls überwiegend dadurch bedingt, sind die Aufwendungen im Rahmen des Spendenabzugs zu berücksichtigen. Ein Betriebsausgabenabzug kommt dagegen nur in Betracht, wenn und soweit durch die Aufwendungen auch wirtschaftliche Vorteile -regelmäßig Werbezwecke- für das Unternehmen angestrebt werden[6], wofür im Streitfall nichts ersichtlich ist.

Zudem ist eine Spende von einer verdeckten Einlage abzugrenzen, zumal beide Zuwendungen im Ergebnis unentgeltlich und freiwillig erfolgen[7]. Liegt eine verdeckte Einlage vor, verbleibt für einen Spendenabzug nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG kein Raum.

Verdeckte Einlage ist die Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ohne Entgelt in Gestalt von Gesellschaftsrechten[8]. Ob und inwieweit eine derartige Zuwendung im Gesellschaftsverhältnis wurzelt bzw. durch dieses veranlasst ist, ist aufgrund eines Fremdvergleichs zu beurteilen[9]. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt vor, wenn und soweit ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns der Gesellschaft den Vermögensvorteil nicht eingeräumt hätte[10].

Entgegen der Auffassung des Finanzamtes ergeben sich für die hier streitgegenständliche Abgrenzung von Spende und verdeckter Einlage aus § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG keine weiteren Maßstäbe, auch wenn diese Regelung „vorbehaltlich des § 8 Abs. 3“ KStG gilt, der in seinem Satz 3 die verdeckte Einlage erwähnt[11]. Maßgeblich ist vielmehr ein Fremdvergleich; ist danach eine verdeckte Einlage zu bejahen, scheidet eine Spende schon „dem Grunde nach“ aus.

Diesen Fremdvergleich muss im gerichtlichen Verfahren in erster Linie das Finanzgericht als Tatsachengericht anhand aller Umstände des konkreten Einzelfalls durchführen. Die vom Finanzgericht getroffene Würdigung kann im Revisionsverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob sie in verfahrensfehlerhafter Weise zustande gekommen ist und ob sie gegen Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze verstößt. Ist dies nicht der Fall, ist der Bundesfinanzhof auch dann an die Beurteilung des Finanzgericht nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, wenn eine abweichende Würdigung des Veranlassungszusammenhangs gleichermaßen möglich oder sogar naheliegend ist[12].

Hiervon ausgehend hat das Finanzgericht ohne durchgreifenden Rechtsfehler eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis und damit eine verdeckte Einlage verneint und eine (begrenzt) abziehbare Spende bejaht.

Soweit das Finanzgericht im Ausgangspunkt allerdings davon ausgeht, im Falle eines gemeinnützigkeitsrechtlichen Hintergrunds könnten bei Zuwendung eines Vermögensvorteils im Gesellschaftsverhältnis „andere Maßstäbe“ für die Durchführung des Fremdvergleichs gelten[13], ist dies dahin richtigzustellen, dass der gemeinnützigkeitsrechtliche Hintergrund bereits nach den allgemeinen Maßgaben im Rahmen des Fremdvergleichs Berücksichtigung findet. Denn danach ist für den Fremdvergleich auf einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter abzustellen, der sich -mit Ausnahme der gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit- in der wirtschaftlichen und rechtlichen Situation des Geschäftsleiters der leistenden Körperschaft befindet, d.h. im Streitfall auf den Vorstand eines gemeinnützigen Vereins. Der Fremdvergleich verlangt nur das „Wegdenken“ der Nahestehensbeziehung; das Fortbestehen aller übrigen Beziehungen wird unterstellt[14]. Somit ist zu berücksichtigen, dass der ordentliche und gewissenhafte Vorstand eines gemeinnützigen Vereins in erster Linie an der Förderung der satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke orientiert sein muss.

Unter dieser Prämisse ist das Ergebnis der vom Finanzgericht vorgenommenen Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Vorinstanz hat darauf abgestellt, dass das Hauptmotiv der Zuwendungen in der Förderung der steuerbegünstigten Zwecke der A gelegen habe, während die finanzielle Stärkung der Tochtergesellschaft lediglich ein günstiger Nebeneffekt gewesen sei. Entgegen der Sichtweise des Finanzamtes ist das altruistische Zuwendungsmotiv nicht dadurch gleichsam „verbraucht“, dass es auch als Kriterium zur Abgrenzung von Spende und Betriebsausgabe dient. Es besteht kein Grund dafür, dass dieses Motiv nicht auch im Rahmen der Abgrenzung zu verdeckten Einlagen von Bedeutung sein kann. Des Weiteren durfte das Finanzgericht den Umstand, dass die Zahlungen unmittelbar nach dem Erhalt als Spenden behandelt und von der A deren ideellen Bereich zugeordnet worden sind, durchaus als Indiz für das Fehlen einer Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis werten. Denn als im ideellen Bereich der A gebundene Mittel unterlagen die Gelder dem Gebot der zeitnahen Verwendung für die steuerbegünstigten Zwecke (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO) und standen damit für eine (jedenfalls theoretisch mögliche) spätere Einlagenrückgewähr (z.B. im Fall einer Auflösung der A, s. allgemein § 55 Abs. 1 Nr. 2 AO) nicht zur Verfügung.

Der Umstand, dass der Verein in den Streitjahren nicht in einem nennenswertem Umfang Spenden an außenstehende steuerbegünstigte Einrichtungen geleistet hat, musste im Rahmen der Gesamtabwägung nicht zur Annahme einer verdeckten Einlage führen. Das Finanzamt bezieht sich für seine gegenteilige Sichtweise auf die Rechtsprechung zu Spenden von Körperschaften des öffentlichen Rechts an ihre Gewährsträger, der zufolge eine vGA vorliegt, wenn die an den Gewährsträger geleistete Spende den durchschnittlichen Betrag an Spenden übersteigt, den die Körperschaft an Dritte gespendet hat[15]. Die Konstellation des Streitfalls unterscheidet sich jedoch von den Fällen der Gewährsträgerspenden u.a. deshalb, weil nach den den Bundesfinanzhof bindenden Feststellungen der Vorinstanz der Verein mit den Zuwendungen zugleich seinen eigenen steuerbegünstigten Zwecken hat nachkommen wollen und die von der A verfolgten Zwecke in besonderem Maße den eigenen Satzungszwecken des Vereins entsprochen haben. Daher ist die Annahme des Finanzgericht, ein ordentlicher und gewissenhafter Vorstand wäre bei einem nicht gesellschaftsrechtlich verbundenen Spendenempfänger mit der Ausrichtung der A in gleicher Weise verfahren, frei von Rechtsfehlern.

Auch die finanziell angespannte Lage der A musste im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht zwingend zur Beurteilung der Zuwendungen als verdeckte Einlagen führen, zumal die Gelder in den ideellen Bereich der A geflossen sind und daher -wie ausgeführt- gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO dem Gebot der zeitnahen Verwendung für die steuerbegünstigten Zwecke unterlagen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 13. Juli 2022 – I R 52/20

  1. BFH, Urteile vom 13.03.1991 – I R 117/88, BFHE 164, 252, BStBl II 1991, 645; vom 27.03.2001 – I R 78/99, BFHE 195, 239, BStBl II 2001, 449; Märtens in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 9 Rz 29; Bott in Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl., § 8 Rz 211 f.; Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 5. Aufl., Rz 7.117[]
  2. BFH, Urteil in BFHE 195, 239, BStBl II 2001, 449[][]
  3. zu den Gestaltungsspielräumen in diesen Konstellationen auch Nitzsche, EFG 2021, 481, 485[]
  4. z.B. BFH, Urteil vom 25.11.1987 – I R 126/85, BFHE 151, 544, BStBl II 1988, 220; BFH, Urteile vom 09.12.2014 – X R 4/11, BFH/NV 2015, 853; vom 15.01.2019 – X R 6/17, BFHE 263, 325, BStBl II 2019, 318[]
  5. z.B. BFH, Urteile in BFHE 151, 544, BStBl II 1988, 220; vom 09.08.1989 – I R 4/84, BFHE 158, 510, BStBl II 1990, 237; BFH, Beschluss vom 02.02.2011 – IV B 110/09, BFH/NV 2011, 792, Rz 4[]
  6. BFH, Urteil vom 16.12.2015 – IV R 24/13, BFHE 252, 146, BStBl II 2017, 224, Rz 34[]
  7. s.a. Hartmann, Der Erbschaft-Steuer-Berater 2021, 269[]
  8. z.B. BFH, Urteil vom 31.01.2018 – I R 25/16, BFH/NV 2018, 838, m.w.N.[]
  9. BFH, Urteil vom 19.10.2005 – I R 40/04, BFH/NV 2006, 822[]
  10. z.B. BFH, Urteile vom 09.03.1983 – I R 182/78, BFHE 139, 139, BStBl II 1983, 744; vom 15.10.1997 – I R 80/96, BFH/NV 1998, 624; BFH, Urteil vom 07.05.2014 – X R 19/11, BFH/NV 2014, 1736, Rz 19[]
  11. vgl. auch Streck/Olbing/Olgemöller, KStG, 10. Aufl., § 9 Rz 19; Micker in Micker/Pohl, BeckOK KStG, § 8 Rz 1184; Kirchhain in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 9 Rz 253; Kirnberger, Der Ertrag-Steuer-Berater 2004, 510, 512; zweifelnd Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 9 Nr. 5 Rz 13a[]
  12. ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteil vom 14.07.2004 – I R 111/03, BFHE 206, 437, BStBl II 2005, 307; BFH, Beschluss vom 13.07.2021 – I R 16/18, BFHE 274, 36, BStBl II 2022, 119[]
  13. s.a. Feldgen, Deutsche Steuer-Zeitung 2021, 1012, 1020; Nitzsche, EFG 2021, 481, 485; Micker in Micker/Pohl, a.a.O., § 8 Rz 1468[]
  14. zur verdeckten Gewinnausschüttung -vGA- vgl. BFH, Urteil vom 18.05.2021 – I R 62/17, BFHE 273, 457, m.w.N.; zur Anwendung der Fremdvergleichsgrundsätze auch im Rahmen von § 55 Abs. 1 Nr. 3 Alternative 2 AO s. BFH, Urteil vom 12.03.2020 – V R 5/17, BFHE 268, 415, BStBl II 2021, 55, Rz 39 ff.[]
  15. BFH, Urteil in BFHE 158, 510, BStBl II 1990, 237; s.a. BFH, Beschluss in BFHE 274, 36, BStBl II 2022, 119, zu Spenden einer Kapitalgesellschaft an eine den Anteilseignern nahe stehende Stiftung[]