Es stellt einen Verfahrensfehler dar, wenn das Finanzgericht im Erledigungsstreit die Erledigung in der Hauptsache feststellt, obwohl eine Erledigungserklärung unwirksam war und der Rechtsstreit fortzusetzen gewesen wäre.

Denn auch dann, wenn das Finanzgericht eine Klage zu Unrecht durch Prozessurteil als unzulässig abweist, anstatt in der Sache zu entscheiden, liegt nach der Rechtsprechung ein Verfahrensmangel vor[1]. Die vorliegende Situation ist in Bezug auf die prozessuale Stellung des Klägers insoweit vergleichbar. Mit der sinngemäßen Feststellung, dass der Rechtsstreit sich erledigt habe, hat das Finanzgericht eine Entscheidung in der Sache abgelehnt.
Nach der Rechtsprechung ist der Widerruf einer Erledigungserklärung ausnahmsweise dann zulässig, wenn der Kläger diese Erklärung nur deshalb abgegeben hat, weil das Gericht oder die Finanzbehörde in unzulässiger Weise durch Drohung, Druck, Täuschung oder auch unbewusste Irreführung auf ihn eingewirkt haben, auch wenn für die Bejahung eines solchen Ausnahmefalles strenge Maßstäbe gelten[2].
Für die Darlegung des Vorliegens der hiernach erforderlichen Voraussetzungen des Widerrufs bedarf es aber zumindest der Darstellung des Klägers, dass die von ihm behauptete Irreführung durch das Finanzgericht ihn zu der Abgabe der Erledigungserklärung bewogen habe. Dazu wiederum gehört die Darstellung, inwieweit es sich überhaupt um eine Irreführung gehandelt habe, inwieweit also die durch das Finanzgericht erteilte Einschätzung der Sach- und Rechtslage falsch gewesen sein soll.
Hierzu meint der Kläger im vorliegenden Verfahren, das Finanzgericht habe ihm erklärt, für die Anerkennung der Umzugskosten hätte es der Einholung eines Gutachtens bedurft, so dass die Verfolgung dieses Begehrens mit einem entsprechenden Kostenrisiko verbunden gewesen wäre. Hingegen erkenne die Finanzverwaltung die medizinische Veranlassung eines Umzugs aufgrund eines einfachen ärztlichen Attestes an; dies sei jedenfalls Information aller im Internet auftretenden steuerlichen Beratungsdienste.
Mit diesem Vortrag wird die -notwendige- Irreführung nicht dargelegt, denn es fehlt an Vorbringen dazu, inwieweit die durch das Finanzgericht gegebene Information falsch war. Für eine verlässliche allgemeine Praxis der Finanzverwaltung bedürfte es grundsätzlich eines entsprechenden Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen. Der Kläger hat kein derartiges Schreiben genannt. Welche im Internet auftretenden steuerlichen Beratungsdienste der Kläger meint, hat er nicht mitgeteilt, sodass auch nicht erkennbar ist, welche Überzeugungskraft derartige aus dem -mit keinerlei Richtigkeitsgewähr versehenen- Internet abrufbare Informationen besitzen sollten.
Es tritt hinzu, dass die Behauptung des Klägers, er habe seine Erledigungserklärung nur wegen einer unzutreffenden Belehrung des Finanzgerichtes zu den streitigen Umzugskosten abgegeben, in Anbetracht der in der mündlichen Verhandlung vom 01.06.2022 erzielten Einigung mit dem Finanzamt und der dabei insgesamt auch zugunsten des Klägers berücksichtigten Streitpunkte nur schwer nachvollziehbar ist. Zwar beliefen sich die von dem Kläger für das Streitjahr 2012 geltend gemachten Umzugskosten auf 7.823 €; allerdings waren hiervon nach Aktenlage nur 929, 92 € belegt. Weitere Belege hat der Kläger nicht vorgelegt und er hat auch nicht vorgetragen, dass er noch weitere Nachweise hätte vorlegen können. Hinzu kommt, dass sich nach dem geänderten Bescheid über Einkommensteuer für 2012 vom 20.06.2022 die sonstigen außergewöhnlichen Belastungen auf 900 € beliefen, während die gemäß § 33 Abs. 3 EStG zumutbare Belastung des Klägers 2.034 € betrug. Somit hätten sich die belegten Umzugskosten von 929,92 € noch nicht einmal steuerlich ausgewirkt.
Lediglich ergänzend weist der Bundesfinanzhof darauf hin, dass sich die Darlegungen des Klägers zu einem Widerruf der von ihm abgegebenen Erledigungserklärung allein auf das Streitjahr 2012 beziehen. Die weiteren Streitjahre 2011, 2013 und 2014 wären hiervon nicht betroffen gewesen, sodass es insoweit bereits an der erforderlichen Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde fehlt.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19. Dezember 2023 – X B 1/23




