Sind die angegriffenen Steuerbescheide Gegenstand eines anhängigen Revisionsverfahrens, erfolgt die Beurteilung, ob ernstliche Zweifel an deren Rechtmäßigkeit bestehen, nach revisionsrechtlichen Grundsätzen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Steuerbescheide bestehen nicht (mehr), wenn der Bundesfinanzhof im Revisionsverfahren des Steuerpflichtigen eine Anhörungsmitteilung gemäß § 126a FGO beschlossen hat.
Da die Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Revision eingelegt hat, ist der Bundesfinanzhof nach § 69 Abs. 3 FGO als Gericht der Hauptsache für den AdV-Antrag zuständig[1]. Da im hier entschiedenen Fall das Finanzgericht die AdV nur bis einen Monat nach Zustellung seiner Entscheidung gewährt hat, liegt ein erstmaliger Antrag für das Revisionsverfahren vor[2].
Allerdings sah der Bundesfinanzhof den AdV-Antrag im vorliegenden Fall als unbegründet an: Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide, da der Bundesfinanzhof den Beteiligten aufgrund der Sitzung vom heutigen Tag gemäß § 126a FGO mitgeteilt habe, dass er die Revision unter dem Aktenzeichen einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte.
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts unter anderem aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen.
Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken[3]. Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt[4].
Sind die angegriffenen Steuerbescheide -wie im Streitfall- Gegenstand eines anhängigen Revisionsverfahrens, erfolgt die Beurteilung nach revisionsrechtlichen Grundsätzen[5]. Es bestehen ernstliche Zweifel, wenn unter Berücksichtigung der eingeschränkten Prüfungsmöglichkeiten des Revisionsgerichts (§ 118 Abs. 2 FGO) ernstlich mit der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Steuerbescheids zu rechnen ist; das bedeutet, dass bei vermutlichem Durcherkennen des Bundesfinanzhofs auf die Erfolgsaussichten der Revision abzustellen ist[6].
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17. Juli 2024 – XI S 19/23 (AdV)
- vgl. z.B. BFH, Beschlüsse vom 02.07.2014 – XI S 8/14, BFH/NV 2014, 1601, Rz 22; vom 06.05.2022 – V S 7/21 (AdV), BFH/NV 2022, 1067, Rz 7[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 16.08.2022 – XI S 4/21 (AdV), BFHE 276, 456, BStBl II 2023, 419, Rz 17[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Beschlüsse vom 16.05.2019 – XI B 13/19, BFHE 264, 521, BStBl II 2021, 950; vom 26.09.2022 – XI B 9/22 (AdV), BFHE 276, 467[↩]
- vgl. BFH, Beschlüsse vom 07.03.2022 – XI B 2/21 (AdV), BFHE 275, 473, BStBl II 2023, 198, Rz 24; vom 16.10.2023 – V B 49/22 (AdV), BFHE 281, 509, BStBl II 2024, 97, Rz 14[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 24.11.1995 – VII S 21/95, BFH/NV 1996, 420[↩]
- vgl. BFH, Beschlüsse vom 26.09.2014 – XI S 14/14, BFH/NV 2015, 158, Rz 34; vom 18.02.2015 – V S 19/14, BFH/NV 2015, 866, Rz 27; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 69 FGO Rz 962[↩]